SABCS 2015

8. bis 12. Dezember, San Antonio

Mammakarzinom : Neue Kombinationen, neue Substanzen, neue Ansätze

GeparSepto: nab-Paclitaxel 125 mg/m² hoch effektiv und gut verträglich

Dosisoptimierung etablierter Substanzen, wirkungsvolle Therapiekombinationen sowie neue Substanzen und Behandlungsansätze – das waren einige der Schwerpunkte auf dem diesjährigen San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS), das vom 8. bis 12. Dezember 2015 in San Antonio stattfand.

Die wichtigsten Daten und Fakten zu diesen Themen finden Sie hier in unserem aktuellen Bericht vom SABCS 2015. Außerdem lesen Sie ein Experteninterview zu den aktuellen Daten der GeparSepto-Studie. Das Interview ist auch als Video in den „Spotlights“ verfügbar.

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Liebe Kolleginnen und Kollegen,

vom 8. bis 12. Dezember fand das alljährliche San Antonio Breast Cancer Symposium statt und brachte auch dieses Jahr wieder Mammakarzinom-Experten aus aller Welt zusammen, um die neuen Entwicklungen zu diskutieren. Wir haben für Sie ausgewählte Aspekte zur Therapie des Mammakarzinoms zusammengefasst und werfen außerdem einen Blick auf die aktuellen Daten der GeparSepto-Studie.

Mit diesen Berichten geben wir Ihnen eine Einschätzung der Praxisrelevanz der präsentierten Daten und ordnen sie ein in die tägliche Arbeit in Klinik und Praxis. Wir wünschen Ihnen angeregtes Lesen und hoffen, Ihnen den einen oder anderen Impuls für die Behandlung Ihrer Patienten vermitteln zu können.

Mit kollegialen Grüßen

Dr. med. Christian Eichler, Frauenklinik Köln-Holweide
Prof. Dr. med. Michael Untch, HELIOS Klinikum Berlin-Buch
Prof. Dr. med. Mathias Warm, Frauenklinik Köln-Holweide

Mammakarzinom: neue Kombinationen, neue Substanzen, neue Ansätze

Prof. Dr. med. Mathias Warm, Dr. med. Christian Eichler, Frauenklinik Köln-Holweide

Wie die Ergebnisse der präsentierten Daten vom diesjährigen SABCS zeigen, kann die Hinzunahme von Carboplatin bei der neoadjuvanten Therapie des triple-negativen Mammakarzinoms (TNBC) zu einer Verbesserung der Rate pathologisch kompletter Remissionen (pCR) führen. Ob sich dies auch in eine Verbesserung des krankheitsfreien Überlebens (DFS) oder des Gesamtüberlebens (OS) übersetzen lässt, ist noch nicht abschließend geklärt. Aktuelle Ergebnisse der GeparSepto Studie zeigen, dass eine Dosisreduktion von nab-Paclitaxel auf 125 mg/m² nicht mit einer reduzierten Wirksamkeit einhergeht, sondern das Risiko für eine periphere Neuropathie (PNP) vermindert.

Bei der neoadjuvanten Therapie des triple-positiven Mammakarzinoms hat sich das überraschende Ergebnis gezeigt, dass eine T-DM1-Monotherapie der Kombinationstherapie mit Trastuzumab + endokriner Therapie überlegen und gleichwertig wie eine Behandlung mit T-DM1 + endokriner Therapie ist.

Die neuen Substanzklassen bei der Therapie des Mammakarzinoms ermöglichen die Unterbrechung der Zellproliferation auf einem molekularen Level. Auch dieses Jahr gab es wieder eine Vielzahl von Vorträgen und Postern, welche den stetig wachsenden Pool der zur Verfügung stehenden Wirkstoffe beschreiben. Insbesondere bei Patienten mit einem metastasierten Mammakarzinom (MBC) steht uns mittlerweile eine Vielzahl von innovativen Therapien zur Verfügung.


ADAPT TN (triple-negativ) – direkter Vergleich Carboplatin vs. Gemcitabin jeweils in Kombination mit nab-Paclitaxel: signifikant höhere Rate pathologisch kompletter Remissionen (pCR) bei exzellentem Nebenwirkungsprofil mit nab-Paclitaxel+Carboplatin

Die Grundlage zu dieser Substudie des ADAPT-Studienkonzeptes [1] ist zum einen, dass die pCR-Rate ein adäquater Surrogatmarker für das Outcome des triple-negativen Mammakarzinoms (TNBC) ist [2] und zum anderen, dass nab-Paclitaxel die deutlich bessere Alternative zu einem herkömmlichen lösungsmittelbasierten Taxan darstellt [3], insbesondere beim TNBC. Die Hinzunahme von Carboplatin zeigte beim TNBC ebenfalls erfolgsversprechende Resultate [4].

Die ADAPT TN-Substudie evaluierte unter anderem eine 12-wöchige neoadjuvante Chemotherapie mit dem an Albumin gebundenen Taxan nab-Paclitaxel (125 mg/m²) in direkter Kombination mit Carboplatin (AUC2) bzw. Gemcitabin (1.000 mg/m²) in insgesamt 8 neoadjuvanten Gaben [1]. Einschlusskriterien waren TNBC (Bestätigung durch zentrale Pathologie), die zudem Kandidaten für eine neoadjuvante Chemotherapie waren (cT1c–cT4c, alle kN, M0, chemotherapiefähig). Es wurden 336 Patienten eingeschlossen bei ungefähr gleicher Verteilung in den nab-Paclitaxel+Carboplatin- (nab-Pac+Carbo; n = 154) und den nab-Paclitaxel+Gemcitabin- (nab-Pac+Gem; n = 182) Arm. Die Zusammensetzung des Patientenkollektivs war wie folgt: medianes Ki-67 von 70 % (nab-Pac+Carbo) und 75 % (nab-Pac+Gem), über 60 % der Patienten hatten cT2-Tumoren oder ausgedehnter, das mediane Alter betrug 52 (nab-Pac+Carbo) bzw. 50 (nab-Pac+Gem) Jahre. Über 73 % der Patienten in beiden Armen waren cN0.

Signifikante Verbesserung der pCR-Rate im nab-Paclitaxel+Carboplatin-Arm

Obgleich diese Phase-II-Studie eine noch begrenzte Fallzahl beschreibt, ermöglichen die Daten die Diskussion und Zusammenführung gleich mehrerer Arbeiten aus den letzten Jahren. Im Vordergrund steht dabei der primäre Endpunkt der ADAPT TN-Studie. Auch mit einer konservativ angelegten pCR-Definition (ypT0/is, ypN0) erreichte der nab-Paclitaxel+Carboplatin-Arm noch immer eine pCR von 45,9 % im direkten Vergleich zu einer pCR-Rate von 28,7 % im nab-Paclitaxel+Gemcitabin-Arm (Abb. 1). Das primäre Studienziel war somit erreicht – mit einem deutlichen Benefit für die Patienten im nab-Paclitaxel+Carboplatin-Arm (p < 0,001).

Abb. 1: pCR-Daten der ADAPT TN-Studie: deutlicher Vorteil von nab-Paclitaxel+Carboplatin im Vergleich zu nab-Paclitaxel+Gemcitabin (modifiziert nach [1]).

„Für mich ist das Ergebnis der ADAPT TN-Studie sehr wichtig. Es zeigt, dass mit einer Kombination von nab-Paclitaxel+Carboplatin in nur 12 Wochen eine sehr hohe pathologische Komplettremissionsrate von ca. 46 % erreicht werden kann.“ Prof. Dr. med. M. Warm

Positives Toxizitätsprofil – Polyneuropathie (PNP) bei weniger als 1 % in beiden Armen

Im letzten Jahr wurde bei der Präsentation der GeparSepto-Studienergebnisse für 150 mg/m² nab-Paclitaxel eine periphere Neuropathie (PNP)-Rate von 84,3 % (alle Grade) bzw. 10,2 % (Grad 3–4) berichtet. Nach einer geplanten Sicherheitsanalyse wurde die Dosis von 150 mg/m² auf 125 mg/m² reduziert. Trotz des Nebenwirkungsprofils überzeugten die pCR-Daten, insbesondere im Bereich des TNBC-Patientenkollektivs mit einem deutlichen Vorteil für nab-Paclitaxel im Vergleich zu lösungsmittelbasiertem Paclitaxel [5].

Im Hinblick auf diese wohlbekannte Problematik überzeugte nun die Nebenwirkungsanalyse der ADAPT TN-Studie (Tab. 1). Eine PNP (≥ Grad 3) von unter einem Prozent (0,7 % nab-Paclitaxel+Carboplatin bzw. 0,6 % nab-Paclitaxel+Gemcitabin) erweist sich als überzeugend und ist im direkten Vergleich zu den Daten aus der GeparSepto-Studie auch deutlich besser.

Tab. 1: Toxizitätsdaten (>= Grad 3) aus der ADAPT TN-Studie (modifiziert nach [1]).

Es kann angenommen werden, dass dieses günstigere Nebenwirkungsprofil auf einer deutlichen Dosisreduktion im Vergleich zu GeparSepto basiert (hier nur 8 Gaben, 125 mg/m² nab-Paclitaxel). Es stellte sich somit die Frage nach einem Wirksamkeitsverlust bei einer Dosisreduktion von nab-Paclitaxel. Dies konnte durch eine erweiterte Analyse der GeparSepto-Daten geklärt werden [3].

„Trotz einer Dosisreduktion verliert die Substanz nab-Paclitaxel nicht an Wirksamkeit. Die Rate an peripheren Neuropathien konnte durch eine Dosisreduktion erheblich reduziert werden und ist vergleichbar mit der PNP-Rate bei lösungsmittelbasiertem Paclitaxel.“ Prof. Dr. med. M. Warm

Dieses Jahr wurden die Ergebnisse der Dosisreduktion von 150 mg/m² auf 125 mg/m² nab-Paclitaxel in der GeparSepto-Studie präsentiert. Die Daten zeigen, dass die PNP-Rate bei 125 mg/m² niedriger ist (125 mg/m² vs. 150 mg/m²: Grad 3–4 = 8,1 % vs. 14,5 %) und die Patienten sich schneller erholen. Es konnte somit eine Konsolidierung der Ergebnisse aus dem letzten Jahr gezeigt werden (Abb. 2). Daten zur PNP-Reduktion zeigten, dass sich die PNP bei Patienten in dem 125 mg/m² nab-Paclitaxel-Arm (im Vergleich zu 150 mg/m²) schneller erholten.

Abb. 2: pCR-Raten (GeparSepto-Studie) in Abhängigkeit von der nab-Paclitaxel-Dosierung (modifiziert nach [3]).

Diskussion der Ergebnisse

Bedauerlicherweise liegen sowohl für die ADAPT TN-Studie als auch für die GeparSepto-Studie noch keine Daten zum Erkrankungsfreien Überleben (DFS) bzw. zum Gesamtüberleben (OS) vor. Die Relevanz der pCR und deren Übersetzung in eine erhöhte Heilungsrate ist also noch unklar, die DFS- und OS-Daten werden mit Spannung erwartet.

nab-Paclitaxel in einer niedrigen Dosierung (8 Gaben zu je 125 mg/m² über 12 Wochen) in Kombination mit Carboplatin (AUC2) stellt in der neoadjuvanten Therapie des TNBC eine gute Option dar. Ein Unterschied in den pCR-Raten von 17,2 % zugunsten von nab-Paclitaxel+Carboplatin im Vergleich zu nab-Paclitaxel+Gemcitabin zeigt den deutlichen Vorteil dieser Therapieoption.

Carboplatin Ja oder Nein?

Im Hinblick auf die Relevanz einer Carboplatin-haltigen Therapie beim TNBC sind zwei weitere Präsentationen vom diesjährigen SABCS zu diskutieren. Zum einen die Phase-II-Subgruppenanalyse der GeparSixto-Studie [6] (hier im Speziellen die Rolle des BRCA-Status) und zum anderen die CALGB-40603 (Alliance)-Studie [7] (beide Studien beinhalteten mit Bevacizumab auch einen Angiogenesehemmer). Ein direkter Vergleich der beiden Studien ist wegen des unterschiedlichen Studiendesigns nur schwer möglich, allerdings lässt sich folgendes herausarbeiten: Der BRCA-Status scheint nicht zwingend einen Einfluss auf die Indikation zur Carboplatin-haltigen Therapie zu haben. Zwar zeigte sich ein relevanter pCR-Effekt bei der Carboplatin Therapie beim TNBC, allerdings nimmt der relative Effekt bei BRCA-positiven Patienten ab [6]. Der Effekt der Carboplatintherapie scheint also bei BRCA-Wildtyp-Patienten ausgeprägter zu sein, wenngleich das BRCA-mutierte Kollektiv insgesamt ein besseres Ansprechen zeigte. Die Therapie in der GeparSixto-Studie beinhaltete nicht-pegyliert liposomal verkapseltes Doxorubicin, lösungsmittelbasiertes Paclitaxel, Carboplatin und Bevacizumab. Auch hier sind noch keine DFS-/OS-Daten verfügbar. Die Frage nach der Übersetzung dieser pCR-Ergebnisse in eine Überlebensrate ist also noch nicht beantwortet.

Eine mögliche Antwort gibt allerdings die Analyse der CALGB-40603-Studie. Die Übersetzung der pCR-Rate in ein DFS/OS bei einer Carboplatin-haltigen Therapie des TNBC war hier ernüchternd. Zwar zeigte auch diese Studie initial einen signifikanten pCR-Unterschied bei der Hinzunahme von Carboplatin beim TNBC, allerdings ließ sich diese pCR-Differenz nicht in einen signifikanten DFS-/OS-Benefit übersetzen, wobei die Studie für eine diesbezügliche Auswertung nicht gepowert war.

Die Hinzunahme von Carboplatin bei der Therapie des TNBC bleibt also zunächst eine individuelle Entscheidung.

Fazit

  • ADAPT TN zeigte einen pCR-Unterschied von 17,2 % beim Vergleich des nab-Paclitaxel+Carboplatin-Arms (45,9 %) gegenüber nab-Paclitaxel+Gemcitabin (28,7 %).
  • Die erweitere GeparSepto-Analyse zeigte, dass trotz Dosisreduktion von nab-Paclitaxel 150 mg/m² auf 125 mg/m² die pCR-Rate ähnlich war.
  • Die Übersetzung von hervorragenden pCR-Daten bei TNBC-Patienten in einen DFS- bzw. OS-Vorteil steht noch aus.
  • Es besteht weiterhin keine zwingende Indikation zur Anwendung von Carboplatin beim TNBC. Insbesondere der Effekt der BRCA-Positivität sollte erneut evaluiert werden.
  • Eine niedrigere Dosierung von nab-Paclitaxel 125 mg/m² (8 x in 12 Wochen [qw 2/3]) geht mit einer PNP-Rate ≥ Grad 3 von unter 1 % einher.
  • Die GeparSepto-Daten zeigten bei einer 12-maligen wöchentlichen Gabe eine PNP-Rate ≥ Grad 3 von 8 % (125 mg/m²) bzw. 15 % (150 mg/m²). Die Rekonvaleszenz der PNP bei niedriger Dosierung erfolgte rascher als bei höherer Dosierung.

„Diese Daten bestätigen, dass beim triple-negativen Mammakarzinom, unabhängig vom BRCA-Status, eine Hinzunahme von Carboplatin in Zukunft Standard werden kann. Dabei geht es in Zukunft darum, die geeigneten Patienten noch besser für diese insgesamt toxischere Systemtherapie zu identifizieren. Durch ein optimiertes Management der nab-Paclitaxel-Gabe wird es gelingen, die periphere Neuropathie deutlich besser zu beherrschen, ohne an Effektivität zu verlieren.“ Prof. Dr. med. M. Warm

ADAPT (HR pos, Her2/neu pos): T-DM1 ist eine nebenwirkungsarme und hoch-effektive Substanz bei der neoadjuvanten Therapie des HR pos, Her2/neu pos Mammakarzinoms.

Direkter Vergleich T-DM1 vs. T-DM1 + endokrine Therapie (ET) vs. Trastuzumab + ET

Die Rationale hinter dieser ebenfalls im WSG ADAPT-Studienkonzept vertretenen Analyse [8] ist wie folgt: Die Standardtherapie für HR (Östrogen- oder Progesteronrezeptor)-positive Her2/neu-positive Mammakarzinome ist die Chemotherapie in Kombination mit einer Her2/neu-zielgerichteten Therapie, unabhängig vom Hormonrezeptorstatus. Diese triple-positiven Karzinome sind als eigene Entität zu betrachten. Die Literatur zeigt, dass eine alleinige Her2/neu-zielgerichtete Therapie in Kombination mit einer endokrinen Therapie (ET) sinnvoll sein könnte [9].

Bei der ADAPT (HR pos, Her2/neu pos) wurde eine T-DM1-Monotherapie (3,6 mg/kg alle 3 Wochen – Therapiedauer 12 Wochen) mit T-DM1+ET und mit Trastuzumab+ET für 12 Wochen in der Neoadjuvanz verglichen. Eingeschlossen wurden HR-positive, Her2/neu-positive Mammakarzinom-Patienten (Bestätigung durch zentrale Pathologie), die Kandidaten für eine neoadjuvante Chemotherapie waren (cT1c–cT4c, alle cN, M0, chemotherapiefähig). Die Anzahl der Patienten betrug n = 375, ungefähr gleiche Verteilung in den T-DM1- (n = 119), T-DM1+ET- (n = 127) und Trastuzumab+ET- (n = 129) -Armen. Die Zusammensetzung des Patientenkollektivs war wie folgt: medianes Ki-67 von etwa 40 %, mehr als 50 % der Patienten hatten cT1-Tumoren in allen drei Gruppen. Das mediane Alter betrug etwa 50 Jahre. Über 70 % der Patienten in allen Armen waren cN0.

Signifikant höhere pCR-Raten für T-DM1

Diese Phase-II-Studie arbeitete zwei sehr interessante Punkte heraus. Zum einen, und dies ist wohl das erfreulichste Ergebnis, zeigt sich eine extrem hohe Wirksamkeit beim Erreichen einer pCR in beiden T-DM1-Armen (Abb. 3).

Zum anderen machten die Ergebnisse deutlich, dass die Hinzunahme einer antihormonellen Therapie keinen weiteren signifikanten Vorteil bewirkt. Die direkten Vergleiche der T-DM1-haltigen Therapiearme zum Trastuzumab+ET-Arm zeigten einen signifikanten Unterschied der pCR-Raten.

Abb. 3: pCR-Daten der ADAPT (HR pos, Her2/neu pos)-Studie: signifikant höhere pCR-Raten in den T-DM1-haltigen Therapiearmen (modifiziert nach [8]).

„Die Ergebnisse der zweiten vorgestellten ADAPT-Studie zeigten überraschenderweise, dass die T-DM1-Monotherapie der Kombinationstherapie (Trastuzumab + ET) beim triple-positiven Mammakarzinom überlegen ist.“ Prof. Dr. med. M. Warm

Diskussion

Die hier gezeigten Daten zeigen einen deutlichen pCR-Vorteil einer T-DM1-Monotherapie beim triple-positiven Mammakarzinom. Eine zusätzliche endokrine Therapie scheint nicht notwendig zu sein, da sich kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den beiden T-DM1-Armen zeigte. Zusätzlich zu dem erheblichen pCR-Delta von 25,9 %, im Vergleich zu Trastuzumab+ET stellt T-DM1 eine relativ nebenwirkungsarme Alternative zur Chemotherapie dar, was sicherlich in Zukunft eine zunehmende Aufmerksamkeit in der Neoadjuvanz erfahren wird.

Ein wünschenswerter Vergleich wäre an dieser Stelle die duale Blockade mit Trastuzumab und Pertuzumab in einer prospektiven Head-to-Head-Analyse mit T-DM1, um diese Analyse mit dem aktuell optimalen Therapiestandard zu vergleichen.

Fazit

  • ADAPT (HR pos, Her2/neu pos) zeigt ein pCR-Delta von 25,9 % zwischen der neoadjuvanten T-DM1-Monotherapie (pCR 41 %) und Trastuzumab+ET (pCR 15,1 %).
  • Die Evaluation einer dualen Blockade mit Trastuzumab und Pertuzumab in einer prospektiven Head-to-Head-Analyse mit T-DM1 sollte erfolgen.
  • T-DM1 ist eine nebenwirkungsarme und wirksame Substanz in der neoadjuvanten Situation.
  • Es gibt keinen Vorteil durch die Kombination von T-DM1 mit einer ET.

„Die Therapie mit T-DM1 beim triple-positiven Mammakarzinom im neoadjuvanten Ansatz könnte sich als Standard etablieren, da die Kombinationstherapie keinen Vorteil zu zeigen scheint.“ Prof. Dr. med. M. Warm

Neue Entwicklungen in der Therapie des Mammakarzinoms

Erwähnenswerte neue Entwicklungen sind beispielsweise „programmed cell death“ (PD-1)-Inhibitoren, die in Form von monoklonalen Antikörpern das Immunsystem aktivieren, um eine Tumorzelle zu attackieren (z. B. Nivolumab und Pembrolizumab). PD-1 hat wiederum zwei Liganden (PD-L1 und PD-L2). Eine weitere Substanzklasse sind somit die sogenannten „programmed cell death ligand 1” (PD-L1)-Inhibitoren (z. B. Avelumab und Atezolizumab). Der Wirkmechanismus ist auch hier eine T-Zell-Aktivierung.

Weitaus geläufiger sind bereits die Therapien mit CDK4/6-Inhibitoren (z. B. Palbociclib, Ribociclib und Abemaciclib) sowie die Phosphatidylinositol-3-kinase (PI3K)-Inhibitoren (z. B. Taselisib und Buparlesib).

Daten zu einer Vielzahl dieser Wirkstoffe standen dieses Jahr in Phase-I–III-Studien zur Verfügung. Eine grundlegende Veränderung in unserem Therapieverhalten begründen die Daten allerdings, und dies sei betont, noch nicht.

Avelumab, ein anti-PD-L1-Antikörper – Therapieansprechen von 8,6 % beim triple-negativen metastasierten Mammakarzinom (MBC)

Vorläufige Ergebnisse einer Phase-Ib-Studie mit dem anti-PD-L1-Antikörper Avelumab [10] bei MBC-Patienten mit mindestens drei vorgeschalteten zytotoxischen Therapiezyklen wurden präsentiert und diskutiert. Es handelt sich hier um eine sehr frühe Evaluation dieses Wirkstoffs mit 168 Patienten. Das höchste Ansprechen konnte in der Subgruppe der TNBC (n = 58) gezeigt werden. Hier ergab sich ein partielles Ansprechen (PR) bei nur 8,6 %  der Fälle (n = 5).

Der Therapieansatz mit Avelumab ist hinsichtlich des Nebenwirkungsprofils durchaus akzeptabel. Allerdings zeigte sich bei diesem nicht vorselektionierten Patientenkollektiv nur ein sehr geringes Ansprechen. In Zukunft wird hier zunächst die PD-L1-Expression getestet werden müssen, um die Therapiepopulation zu spezifizieren.

nab-Paclitaxel als potentieller Partner bei einer immunmodulatorischen Therapie

Wie bereits erwähnt ist die immunmodulatorische Therapie in Kombination mit Chemotherapie ein interessantes und relevantes Thema. Insbesondere nab-Paclitaxel eignet sich in dieser Kombination. Der Verzicht auf eine immunsuppressive Therapie mit Kortikosteroiden bei diesem lösungsmittelunabhängigen Taxan macht nab-Paclitaxel unter Umständen zu einem geeigneten Partner bei einer immunmodulatorischen Therapie. Aktuell laufen dazu mehrere Studien im MBC-Setting, die sowohl Nivolumab (Checkpoint Inhibitor/Anti PD-1) [11] als auch Atezolizumab (PD-L1-Inhibitor) [12] evaluieren. Letzterer zeigte z. B. eine Ansprechrate in einer vorselektionierten Gruppe von Patienten mit triple-negativem MBC von knapp 89 % (n = 9).

Insgesamt ist die Datenlage auch hier noch ohne Einfluss auf die praktische Arbeit. Das Konzept der Immunmodulation in Kombination mit einer Monochemotherapie (insb. nab-Paclitaxel) im MBC-Setting sollte allerdings nicht aus den Augen verloren werden.

„Das metastasierte Mammakarzinom bleibt für uns eine große Herausforderung. Die neuen immuntherapeutischen Möglichkeiten sind vielversprechend, obwohl die Datengrundlage noch etwas schmal ist. nab-Paclitaxel scheint für diese Substanzgruppe ein optimaler Partner zu sein.“ Prof. Dr. med. M. Warm

Complete Cell Cycle Arrest mit Palbociclib – eine erfolgversprechende Phase-II-Studie

Eine weitere erfolgversprechende Innovation erreichte uns mit dem CDK4/6-Inhibitor-Palbociclib [13]. In einer einarmigen Studie wurde ein Patientenkollektiv mit einem Stadium-II- oder -III-Mammakarzinom rekrutiert (HR positiv, Her2/neu negativ). Es folgte die neoadjuvante Gabe von Palbociclib in Kombination mit Anastrozol. Mit einer Patientenzahl von n = 46 ist auch diese Studie eher klein, allerdings zeigte sich in diesem neoadjuvanten, nicht metastasierten Setting immerhin eine Gesamtansprechrate von 67 %  (kompletter Stillstand des Zellzyklus). Auch dies ist ein interessantes und vielversprechendes Ergebnis. Allerdings begründet das Studiendesign und die geringe Fallzahl noch keine Änderung in unserem Therapieverhalten.

BELLE-2-Studie – Buparlisib erhöht das progressionsfreie Überleben (PFS) statistisch signifikant

Obgleich diese Aussage korrekt ist, müssen auch diese Daten kritisch betrachtet werden. Die BELLE-2-Studie [14] evaluierte 1.147  postmenopausale und antihormonell vorbehandelte Patienten, die eine endokrine Resistenz entwickelt hatten (HR pos, Her2/neu neg). Die Patienten wurden in die Arme Fulvestrant+Placebo und Fulvestrant+Buparlisib randomisiert. Es zeigte sich eine statistisch signifikante DFS-Differenz von 1,9 Monaten (Abb. 4). Der primäre Endpunkt der Studie war somit erreicht.

Abb. 4: Krankheitsfreies Überleben (DFS) der BELLE-2-Studie: statistisch signifikante DFS-Verlängerung für die Kombination aus Fulvestrant+Buparlisib (modifiziert nach [14]).

Es bleibt anzumerken, dass diese Differenz zum einen klein ist und zum anderen mit einem erheblichen Nebenwirkungsprofil verbunden ist. Insbesondere ein Transaminasenanstieg und Depressionen gehörten zum Nebenwirkungsspektrum des Kombinationsarms und stehen mit 26,2 % (Depression – Buparlisib+Fulvestrant) dem Placeboarm mit 8,9 % gegenüber.

Fazit

  • Immunmodulatorische Wirkstoffe sind mit Sicherheit in der Zukunft der Mammakarzinomtherapie zu finden. Zurzeit ist das Ansprechen, insbesondere in unselektionierten Patientenpopulationen, allerdings noch zu gering. Die Teilnahme an Studien ist hier zu empfehlen.
  • Sollte man den Weg der Immunmodulation beschreiten, ist die Kombination mit einer nab-Paclitaxel-enthaltenden Chemotherapie in Betracht zu ziehen. Der Verzicht auf Kortikosteroide könnte sich positiv auf die Immunmodulation auswirken.
  • Keiner der hier angesprochenen Substanzen ist nebenwirkungsfrei. In Zukunft wird sich herausstellen, ob ein potentieller Vorteil bei DFS und OS das Nebenwirkungsspektrum rechtfertigt.

„Der Einsatz der immunmodulatorischen Wirkstoffe kann in Zukunft bei der Therapie des Mammakarzinoms zum Standard werden. Weitere Studien müssen dazu führen, Patientengruppen besser zu selektieren und Nebenwirkungen zu optimieren.“ Prof. Dr. med. M. Warm

Quellen

  1. Gluz O, Nitz U, Liedtke C et al. Comparison of 12 weeks neoadjuvant nab-paclitaxel combined with carboplatinum vs. gemcitabine in triple-negative breast cancer: WSG-ADAPT TN randomized phase II trial. San Antonio Breast Cancer Symposium 2015, abstract S6-07.
  2. Cortazar P, Zhang L, Untch M et al. Pathological complete response and long-term clinical benefit in breast cancer: the CTNeoBC pooled analysis. Lancet; 384: 164-172.
  3. von Minckwitz G, Untch M, Jakisch C et al. nab-paclitaxel at a dose of 125 mg/m2 weekly is more efficacious but less toxic than at 150 mg/m2. Results from the neoadjuvant randomized GeparSepto study (GBG 69). San Antonio Breast Cancer Symposium 2015, abstract P1-14-11.
  4. von Minckwitz G, Schneeweiss A, Loibl S et al. Neoadjuvant carboplatin in patients with triple-negative and HER2-positive early breast cancer (GeparSixto; GBG 66): a randomised phase 2 trial. Lancet Oncol; 15: 747-756.
  5. Untch M, Jackisch C, Schneeweiss A et al. A randomized phase III trial comparing neoadjuvant chemotherapy with weekly nanoparticle-based paclitaxel with solvent-based paclitaxel followed by anthracyline/cyclophosphamide for patients with early breast cancer (GeparSepto); GBG 69. San Antonio Breast Cancer Symposium 2014, abstract PD2-6.
  6. von Minckwitz G, Loibl S, Schneeweiss A et al. Early survival analysis of the randomized phase II trial investigating the addition of carboplatin to neoadjuvant therapy for triple-negative and HER2-positive early breast cancer (GeparSixto). San Antonio Breast Cancer Symposium 2015, abstract S2-04.
  7. Sikov W, Berry D, Perou C et al. Event-free and overall survival following neoadjuvant weekly paclitaxel and dose-dense AC +/- carboplatin and/or bevacizumab in triple-negative breast cancer: outcomes from CALGB 40603 (Alliance). San Antonio Breast Cancer Symposium 2015, abstract S2-05.
  8. Harbeck N, Gluz O, Christgen M et al. Final analysis of WSG-ADAPT HER2+/HR+ phase II trial: Efficacy, safety, and predictive markers for 12-weeks of neoadjuvant TDM1 with or without endocrine therapy versus trastuzumab+endocrine therapy in HER2-positive hormone-receptor-positive early breast cancer. San Antonio Breast Cancer Symposium 2015, abstract S5-03.
  9. Rimawi MF, Mayer IA, Forero A et al. Multicenter phase II study of neoadjuvant lapatinib and trastuzumab with hormonal therapy and without chemotherapy in patients with human epidermal growth factor receptor 2-overexpressing breast cancer: TBCRC 006. J Clin Oncol; 31: 1726-1731.
  10. Dirix L, Takacs I, Nikolinakos P et al. Avelumab (MSB0010718C), an anti-PD-L1 antibody, in patients with locally advanced or metastatic breast cancer: a phase Ib JAVELIN solid tumor trial. San Antonio Breast Cancer Symposium 2015, abstract S1-04.
  11. Waterhouse D, Gutierrez M, Bekaii-Saab T et al. nab-paclitaxel (nab-P) plus nivolumab (Nivo) in human epidermal growth factor receptor 2 (HER2)-negative recurrent metastatic breast cancer (MBC). San Antonio Breast Cancer Symposium 2015, abstract OT1-01-07.
  12. Adams S, Diamond J, Hamilton E et al. Safety and clinical activity of atezolizumab (anti-PDL1) in combination with nab-paclitaxel in patients with metastatic triple-negative breast cancer. San Antonio Breast Cancer Symposium 2015, abstract P2-11-06.
  13. Ma C, Gao F, Northfelt D et al. A phase II trial of neoadjuvant palbociclib, a cyclin-dependent kinase (CDK) 4/6 inhibitor, in combination with anastrozole for clinical stage 2 or 3 estrogen receptor positive HER2 negative (ER+HER2-) breast cancer (BC). San Antonio Breast Cancer Symposium 2015, abstract S6-05.
  14. Baselga J, Im S-A, Iwata H et al. PIK3CA status in circulating tumor DNA (ctDNA) predicts efficacy of buparlisib (BUP) plus fulvestrant (FULV) in postmenopausal women with endocrine-resistant HR+/HER2– advanced breast cancer (BC): First results from the randomized, Phase III BELLE-2 trial. San Antonio Breast Cancer Symposium 2015, abstract S6-01.
  • Bildnachweis: „Bexar County District Court in San Antonio”: © f11photo/Fotolia; "Mission Concepcion, San Antonio, Texas": ©  f11photo/Fotolia

Die Grundlage zu dieser Substudie des ADAPT-Studienkonzeptes [1] ist zum einen, dass die pCR-Rate ein adäquater Surrogatmarker für das Outcome des triple-negativen Mammakarzinoms (TNBC) ist [2] und zum anderen, dass nab-Paclitaxel die deutlich bessere Alternative zu einem herkömmlichen lösungsmittelbasierten Taxan darstellt [3], insbesondere beim TNBC. Die Hinzunahme von Carboplatin zeigte beim TNBC ebenfalls erfolgsversprechende Resultate [4].[CC1]

Die ADAPT TN-Substudie evaluierte unter anderem eine 12-wöchige  neoadjuvante Chemotherapie mit dem an Albumin gebundenen Taxan nab-Paclitaxel (125 mg/m²) in direkter Kombination mit Carboplatin (AUC2) bzw. Gemcitabin (1.000 mg/m²) in insgesamt 8 neoadjuvanten Gaben [1]. Einschlusskriterien waren TNBC (Bestätigung durch zentrale Pathologie), die zudem Kandidaten für eine neoadjuvante Chemotherapie waren (cT1c–cT4c, alle kN, M0, chemotherapiefähig). Es wurden 336 Patienten eingeschlossen bei ungefähr gleicher Verteilung in den nab-Paclitaxel+Carboplatin- (nab-Pac+Carbo; n = 154) und den nab-Paclitaxel+Gemcitabin- (nab-Pac+Gem; n = 182) Arm. Die Zusammensetzung des Patientenkollektivs war wie folgt: medianes Ki-67 von 70 % (nab-Pac+Carbo) und 75 % (nab-Pac+Gem), über 60 % der Patienten hatten cT2-Tumoren oder ausgedehnter, das mediane Alter betrug 52 (nab-Pac+Carbo) bzw. 50 (nab-Pac+Gem) Jahre. Über 73 % der Patienten in beiden Armen waren cN0.


[CC1]Hier haben wir die Quellenverweise reduziert:

Die ehemalige Referenz 5 war die Zulassungsstudie von nab-Paclitaxel beim Pankreaskarzinom, in der nab-Pac mit Gemcitabin kombiniert wurde. Da in dieser Studie weder Carboplatin vorkommt und sie nicht an TNBC-Patienten durchgeführt wurde, haben wir sie hier rausgenommen.

Die ehemalige Referenz 6 ist eine Studie, in der nab-Paclitaxel mit Carboplatin kombiniert wurde, aber bei Patienten mit fortgeschrittenem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom, was nicht so recht passt.

Wir haben nun nur Referenz 4 als Quelle, das reicht.

GeparSepto: nab-Paclitaxel 125 mg/m² hoch effektiv und gut verträglich

Interview mit Prof. Dr. med. Michael Untch, Frauenklinik, Interdisziplinäres Brustzentrum, HELIOS Klinikum Berlin-Buch

Auf dem diesjährigen San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS) wurden die aktuellen Daten der GeparSepto-Studie [1] vorgestellt, einer neoadjuvanten, randomisierten Phase-III-Studie zum Vergleich von nab-Paclitaxel versus konventionellem Paclitaxel, jeweils als Bestandteil eines sequentiellen Taxan/Anthrazyklin-haltigen Regimes zur Behandlung von Patientinnen mit frühem, nicht metastasiertem Mammakarzinom. Im Gespräch erläuterte Prof. Michael Untch, HELIOS Klinikum Berlin-Buch, die Bedeutung der aktuellen Daten und mögliche Implikationen für den klinischen Alltag in Deutschland.

Sehr geehrter Herr Professor Untch, bereits vor einem Jahr haben Sie in San Antonio die Daten zur Rate der histopathologisch bestätigten Komplettremissionen (pCR; pathologic complete remission) der GeparSepto-Studie vorgestellt [2]. Was waren seinerzeit die wichtigsten Ergebnisse?

Untch: Die GeparSepto ist eine 2-armige, randomisierte Phase-III-Studie der beiden deutschen Studiengruppen AGO (Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie) und GBG (German Breast Group). Wir haben vor einem Jahr hier in San Antonio gezeigt, dass wir bei Frauen mit frühem Mammakarzinom mit nab-Paclitaxel eine deutlich höhere pCR-Rate erzielen als mit konventionellem Paclitaxel [2]. Beide Taxane waren jeweils Bestandteil eines neoadjuvanten Taxan/Anthrazyklin-haltigen Regimes mit vier Zyklen Epirubicin/Cyclophosphamid im Anschluss an die 12-wöchige Taxan-Gabe (inverse Sequenz). Die höhere pCR-Rate zeigte sich nicht nur für die Gesamtpopulation, sondern auch für alle Subgruppen und hier speziell für die Patientinnen mit triple-negativem Mammakarzinom (TNBC: ER-, PR-, HER2-). Nach über 20 Jahren exzellenter Erfahrung mit der Taxantherapie konnten wir diese guten Ergebnisse mit dem wöchentlichen nab-Paclitaxel noch einmal toppen. Für unsere Patientinnen ist dies ein sehr wichtiges Ergebnis, denn die pCR-Rate wird als prognostischer Faktor für das Überleben diskutiert. Ein kleiner Wermutstropfen seinerzeit war, dass wir mit der anfänglich eingesetzten nab-Paclitaxel-Dosis von 150 mg/m² pro Woche mehr Nebenwirkungen hatten, weshalb wir im Rahmen eines Studien-Amendements die Dosis von nab-Paclitaxel nach etwa 400 eingeschlossenen Patientinnen auf 125 mg/m² pro Woche reduziert haben. Wir haben die Patientinnen jetzt getrennt nach Dosis – 150 mg/m² bzw. 125 mg/m² nab-Paclitaxel – ausgewertet, um beide Dosierungen miteinander zu vergleichen.

Abb. 1: Studiendesign der GeparSepto-Studie (modifiziert nach [2]).

Was ist das zentrale Ergebnis dieser aktuellen Auswertung, die dieses Jahr in San Antonio vorgestellt wurde?

Untch: Die aktuelle Auswertung [1] bestätigt die wöchentliche Gabe von 125 mg/m² nab-Paclitaxel als gut verträglich. Wir haben deutlich weniger Nebenwirkungen, speziell weniger Grad 3–4-Nebenwirkungen als unter 150 mg/m² nab-Paclitaxel pro Woche. Gleichzeitig erwies sich die niedrigere Dosis mit 125 mg/m² pro Woche nab-Paclitaxel als sehr effektiv. Gut 40 % der Patientinnen erreichten unter 125 mg/m² nab-Paclitaxel pro Woche eine pCR. Die pCR-Rate lag damit im Vergleich zur 150 mg/m²-Dosierung von nab-Paclitaxel sogar etwas höher. Der absolute Unterschied zwischen nab-Paclitaxel 125 mg/m² und konventionellem Paclitaxel (80 mg/m² pro Woche) betrug für die Gesamtpopulation etwa 10 % (41,4 % vs. 32,4 %; p = 0,013). Erneut profitierten die Patientinnen mit TNBC besonders deutlich mit einem absoluten Unterschied bei der pCR-Rate von etwa 20 % gegenüber konventionellem Paclitaxel (49,3 % vs. 30,7 %; p = 0,030). Das ist eine bahnbrechende Erkenntnis und besonders erfreulich, weil bei den TNBC-Patientinnen ein hoher "medical need" besteht. Die triple-negativen Mammakarzinome sind sehr aggressive Karzinome, für die wir bislang nur wenige effektive Therapieoptionen haben.

Abb. 2: pCR-Raten (GeparSepto-Studie) in Abhängigkeit von der nab-Paclitaxel-Dosierung (modifiziert nach [1]).

Wie erklären Sie sich, dass mit der niedrigeren und besser verträglichen Dosis von 125 mg/m² nab-Paclitaxel pro Woche eine vergleichbare Effektivität beobachtet wird wie mit 150 mg/m² nab-Paclitaxel pro Woche?

Untch: Es gibt wahrscheinlich mehrere Erklärungen. Eine Erklärung könnte sein, dass es für die neoadjuvante Therapie ein Dosisoptimum gibt. Vermutlich bzw. ziemlich sicher liegt dieses Optimum für nab-Paclitaxel bei 125 mg/m² pro Woche, sodass wir uns mit der höheren Dosierung nur mehr Nebenwirkungen einhandeln, aber nicht mehr Wirksamkeit. Eine zweite Erklärung, die aktuell diskutiert wird, ist ein potentieller immuntriggernder Effekt. Das heißt, mit der niedrigeren Dosis werden tumorinfiltrierende Lymphozyten nicht so stark gehemmt wie mit der höheren nab-Paclitaxel-Dosis. Gerade beim triple-negativen Mammakarzinom ist hier in San Antonio hervorgehoben worden, wie wichtig die Funktion der tumorinfiltrierenden Lymphozyten ist. Wir werden dies noch weiter im Rahmen translationaler Forschungsprojekte untersuchen. Tatsache ist auf jeden Fall, dass die niedrigere nab-Paclitaxel-Dosis mit 125 mg/m² pro Woche extrem effektiv ist.

Eine potentielle Nebenwirkung der Taxane ist die periphere Neuropathie. Wie wurde dieser Nebenwirkung im Protokoll der GeparSepto-Studie Rechnung getragen und wie sind die Erfahrungen im klinischen Alltag?

Untch: Die periphere Neuropathie ist eine bekannte Nebenwirkung insbesondere des Paclitaxels, weshalb es uns wichtig war, im Rahmen der GeparSepto-Studie die periphere Neuropathie in beiden Studienarmen zu erfassen. Die gute Nachricht der aktuellen Auswertung ist, dass wir unter der 125 mg/m²-Dosierung von nab-Paclitaxel weniger sensorische Neuropathien sehen und wir insbesondere die schwerwiegenden Grad 3–4 sensorischen Neuropathien deutlich reduzieren konnten gegenüber der 150 mg/m²-Dosis von nab-Paclitaxel. Damit haben wir die komfortable Situation, dass wir den therapeutischen Index der Behandlung deutlich verbessern konnten: weniger periphere Neuropathien und keine Einbußen bei der Wirksamkeit gegenüber der höheren nab-Paclitaxel-Dosis.

Wichtig ist auch die Auswertung im weiteren Zeitverlauf. Sie zeigt, dass sich die peripheren Neuropathien unter der 125 mg/m²-Dosierung von nab-Paclitaxel bei fast allen Patientinnen, bei denen diese Nebenwirkung aufgetreten ist, zurückbilden. Über die Hälfte der Patientinnen hatte sich bereits nach sechs Wochen von der Neuropathie erholt. Bei der 150 mg/m²-Dosierung von nab-Paclitaxel dauert das in der Regel deutlich länger. Wir werden weitere Auswertungen machen, in welchem Zeitraum die vollkommene Erholung von der Neuropathie stattfindet und bei wie vielen Patientinnen dieses Symptom, eventuell auch in niedriger Ausprägung, wie lange besteht. Vor allem wollen wir in translationalen Projekten nach pharmakogenetischen Faktoren suchen, um diese wenigen Patientinnen zu identifizieren.

Diskutiert wird vor diesem Hintergrund die Frage der Therapiepause mit nab-Paclitaxel. Wie stehen Sie dazu?

Untch: Aufgrund der derzeitigen Datenlage empfehle ich die durchgehende 12-wöchige neoadjuvante Behandlung mit 125 mg/m² nab-Paclitaxel, die sich in der GeparSepto-Studie als hoch effektiv erwiesen hat. Unsere Studie ist weltweit die größte mit diesem Schema. Alle anderen Schemata müssen sich hinsichtlich Wirksamkeit und Toxizität an unseren Daten orientieren.

Welche Konsequenzen ziehen Sie aus den Studiendaten der GeparSepto für Ihren klinischen Alltag?

Untch: Ich bin mir sicher, dass die Ergebnisse den Stellenwert von nab-Paclitaxel in der metastasierten Situation stärken werden. Hier ist die Substanz zugelassen und wird auch in der AGO-Leitlinie [3] als Option empfohlen. Wir werden aber auch zunehmend über den Einsatz von nab-Paclitaxel beim frühen Mammakarzinom – in der neoadjuvanten und adjuvanten Situation – nachdenken müssen. Im Rahmen kontrollierter klinischer Studien tun wir das bereits sehr intensiv. Hier gilt nab-Paclitaxel als wichtiger und präferierter Chemotherapie-Backbone. Ich möchte zum Beispiel auf die GAIN-Studie verweisen [4]. Wir werden nab-Paclitaxel aber sicherlich auch in zukünftige Studienkonzepte einbinden, zum Beispiel als Kombinationspartner der neuen zielgerichteten Substanzen oder der Immuntherapeutika, wie zum Beispiel den sogenannten T-Zell-Checkpoint-Inhibitoren wie Pembrolizumab und Atezolizumab.

Inwieweit werden die Ergebnisse der GeparSepto die Therapiestandards in Deutschland verändern?

Untch: Wir werden Anfang nächsten Jahres die Therapieleitlinien der AGO Mamma [3] – wie jedes Jahr – aktualisieren. Ich bin sicher, dass wir in unseren Leitliniendiskussionen die Ergebnisse der GeparSepto-Studie intensiv besprechen werden. Diese Diskussion kann und möchte ich nicht vorwegnehmen. Ich glaube aber sagen zu können, dass nab-Paclitaxel eine sehr gute Chance hat, auch in der frühen Therapiesituation, sprich der neoadjuvanten und auch adjuvanten Situation, Eingang in die AGO-Leitlinie zu finden. Für neue Therapiekonzepte im Rahmen klinischer Studien ist nab-Paclitaxel schon heute als effektiver Kombinationspartner und Chemotherapie-Standard nicht mehr wegzudenken.

Diskutiert wird, ob eine signifikante pCR-Verbesserung als klinisch relevanter Endpunkt für eine Zulassung ausreicht. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Untch: Auf dem diesjährigen SABCS hat es zu diesem Thema einige Vorträge und intensive Diskussionen gegeben. So haben beispielsweise die Ergebnisse der GeparSixto-Studie beim triple-negativen Mammakarzinom [5] eine signifikante Korrelation zwischen erhöhter pCR-Rate und längerer Überlebenszeit gezeigt, während sich in der CALGB-40603-Studie statistisch gesehen nur ein Trend für ein besseres Überleben [6] ergab. Die US-amerikanische Studie war dafür nicht ausreichend gepowert. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass sich ein Delta bei der pCR-Rate von 10 % und mehr in einen Überlebensvorteil übersetzt. Spätestens nächstes Jahr werden wir in San Antonio erneut darüber diskutieren, wenn die dann aktuellen Ergebnisse der GeparSepto-Studie zum Überleben vorliegen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass sich insbesondere für die Subgruppe der TNBC-Patientinnen der pCR-Vorteil von etwa 20 % im nab-Paclitaxel-Arm in einem signifikanten Überlebensvorteil niederschlagen wird. Übrigens zieht die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA (Food and Drug Administration) schon seit Jahren die Ergebnisse neoadjuvanter Studien mit signifikant verbesserter pCR-Rate als vorläufiges Zulassungskriterium heran.

Können Studien wie die GeparSepto dazu beitragen, den Studienstandort Deutschland weiter voranzubringen?

Untch: Der Studienstandort Deutschland ist in der internationalen gynäkoonkologischen "community" nicht mehr wegzudenken. Wir erhalten international sehr viel Lob für unsere Studien. Ausdruck dessen ist auch unsere Präsenz auf internationalen Kongressen wie dem SABCS oder auch der ASCO-Jahrestagung. Dort sind wir seit Jahren mit zahlreichen Präsentationen vertreten. Auch die GeparSepto-Studie trägt dazu bei, unser Renommé international zu stärken.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Gespräch führte Birgit-Kristin Pohlmann.

Hinweis: Unter folgendem Link können Sie sich das Interview mit Prof. Untch als Video ansehen: Bitte hier klicken.

Quellen

  1. von Minckwitz G, Untch M, Jakisch C et al. nab-paclitaxel at a dose of 125 mg/m2 weekly is more efficacious but less toxic than at 150 mg/m2. Results from the neoadjuvant randomized GeparSepto study (GBG 69). San Antonio Breast Cancer Symposium 2015, abstract P1-14-11.
  2. Untch M, Jackisch C, Schneeweiss A et al. A randomized phase III trial comparing neoadjuvant chemotherapy with weekly nanoparticle-based paclitaxel with solvent-based paclitaxel followed by anthracyline/cyclophosphamide for patients with early breast cancer (GeparSepto); GBG 69. San Antonio Breast Cancer Symposium 2014, abstract S2-07.
  3. Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie e. V. Diagnosis and Treatment of Patients with Primary and Metastatic Breast Cancer. Verfügbar unter http://www.ago-online.de/de/infothek-fuer-aerzte/leitlinienempfehlungen/mamma/; abgerufen am 18.12.2015.
  4. Möbus V, Lück H-J, Forstbauer H et al. GAIN-2: Adjuvant phase III trial to compare intense dose-dense (idd) treatment with EnPC to tailored dose-dense (dt) therapy with dtEC-dtD for patients with high-risk early breast cancer: Results of the second safety interim analyses. San Antonio Breast Cancer Symposium 2015, abstract P1-13-05.
  5. von Minckwitz G, Loibl S, Schneeweiss A et al. Early survival analysis of the randomized phase II trial investigating the addition of carboplatin to neoadjuvant therapy for triple-negative and HER2-positive early breast cancer (GeparSixto). San Antonio Breast Cancer Symposium 2015, abstract S2-04.
  6. Sikov W, Berry D, Perou C et al. Event-free and overall survival following neoadjuvant weekly paclitaxel and dose-dense AC +/- carboplatin and/or bevacizumab in triple-negative breast cancer: outcomes from CALGB 40603 (Alliance). San Antonio Breast Cancer Symposium 2015, abstract S2-05.
  • Bildnachweis: „River Walk in San Antonio, Texas”: © f11photo/Fotolia