ASH 2018

01. bis 04. Dezember, San Diego

Mit der Jahrestagung der American Society of Hematology (ASH), die vom 1. bis 4. Dezember in San Diego abgehalten wurde, findet das Jahr 2018 einen höchst interessanten und vielversprechenden Abschluss. Ein wichtiger Themenbereich des Kongresses war die Individualisierung der Therapien, insbesondere in der Rezidivsituation. Dies spiegelte sich in den Präsentationen zum multiplen Myelom, zu den myelodysplastischen Syndromen und akuten myeloischen Leukämien sowie zu den malignen Lymphomen und chronisch lymphatischen Leukämien deutlich wider. Freuen Sie sich auf einen abwechslungsreichen Bericht mit den wichtigsten Core Facts.

Diesen Kongressbericht als PDF herunterladen

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir freuen uns, Ihnen unsere persönlichen Highlights der 60. Jahrestagung der American Society of Hematology (ASH), die vom 1. bis 4. Dezember in San Diego stattfand, vorzustellen.

Der Ausbau immuntherapeutischer Ansätze, neue Konzepte in der Rezidivtherapie und die Intensivierung der Therapie mit CAR-T-Zellen sind besonders hervorzuheben. Zunehmende Beachtung fanden auch Beiträge zur Verbesserung der Lebensqualität in sämtlichen Indikationen.

Wir hoffen, Ihnen mit unserer Zusammenfassung einen kompakten Überblick zu den dringlichen hämatologischen Themen dieser Tage bieten zu können und Ihnen neue Impulse für Ihren Klinik- und Praxisalltag anzubieten. Wir wünschen Ihnen ein anregendes Leseerlebnis.

Mit kollegialen Grüßen

Prof. Dr. med. Igor Wolfgang Blau, Charité Campus Benjamin Franklin, Berlin
Prof. Dr. med. Katharina Götze, Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München
Prof. Dr. med. Kai Hübel, Klinik I für Innere Medizin, Universitätsklinikum Köln

Multiples Myelom 2018: auf der Suche nach Ordnung

Prof. Dr. med. Igor Wolfgang Blau, Charité Campus Benjamin Franklin, Berlin

Mit der sprunghaften Erweiterung der Therapiemöglichkeiten beim multiplen Myelom (MM) in den letzten Jahren schien sich eine Gleichrangigkeit der verschiedenen Behandlungen etabliert zu haben. Die Industrie setzte auf einen Wettlauf um Marktanteile und begründete die Vorteile der jeweiligen Therapie mit dem längsten progressionsfreien Überleben (PFS), der niedrigsten Hazard Ratio (HR), der geringsten minimalen residuellen Resterkrankung (MRD), der besten Verträglichkeit oder der förderlichsten Applikationsform. Langsam ändert sich die Wahrnehmung der Therapeutika bei uns Ärzten und unsere Suche nach einer Differenzialtherapie, also nach dem Medikament oder der Medikamentenkombination, die für den jeweiligen Patienten individuell die beste ist, beginnt Erfolge zu zeigen. Von den (nach Angaben des Veranstalters) 30.000 Teilnehmern an der diesjährigen Tagung der amerikanischen Gesellschaft für Hämatologie (ASH) interessierten sich jedenfalls Tausende von Ärzten für die Fragen nach der richtigen Primärtherapie, der Bedeutung von hochdosiertem Melphalan, einer Konsolidierungstherapie, der Erhaltungstherapie und den darauf folgenden Therapiesequenzen bei der Behandlung des unheilbaren multiplen Myeloms. In zahlreichen Satellitensymposien, Educationals, wissenschaftlichen Symposien mit verschiedenen Vorträgen und bei der Diskussion der fast 500 Poster (von 4.800) informierten sie sich ausgiebig zu diesem Themenkomplex. Mit welchen Medikamentenkombinationen lassen sich bei welchen Patienten die besten Behandlungsergebnisse für diese nach wie vor unheilbare Tumorerkrankung erreichen? Im Folgenden soll versucht werden, Antworten auf diese Frage anhand des Kongressmaterials zu geben.

Die Antikörper gehören dazu

Das Update der ALCYONE-Studie [1] (Daratumumab+Bortezomib+Melphalan+Prednison [D-VMP] vs. Bortezomib+Melphalan+Prednison [VMP]) und die erste Vorstellung der Ergebnisse der MAIA-Studie [2] (Daratumumab+Lenalidomid+Dexamethason [D-Rd] vs. Lenalidomid+Dexamethason [Rd]) demonstrieren in höherem Maße als erwartet den Vorteil der Hinzunahme eines monoklonalen Antikörpers (hier Daratumumab, blockiert den CD38-Rezeptor) zur Behandlung von Patienten, die primär wegen eines MM behandelt werden und nicht für eine Hochdosis(HD)-Melphalan-Therapie infrage kommen. Das mediane PFS wird in beiden Studien im Daratumumab-Arm jeweils nicht erreicht. Die Studienergebnisse (Abb. 1 und 2) geben allerdings Anlass zur Hoffnung, dass unter einer monatlichen Dauergabe des Antikörpers eine bedeutende Gruppe der Patienten langfristig nicht rezidivieren wird.

Die Daten der ALCYONE-Studie (siehe auch Bericht vom EHA-Kongress 2018 und EMN-Meeting 2018 auf hematooncology.com) belegten diese Ergebnisse ebenso eindrucksvoll. Nach einer medianen Follow-up-Zeit von 27,8 Monaten war das mediane PFS für D-VMP noch nicht erreicht und lag für VMP bei 19,1 Monaten (HR = 0,43; 95-%-KI: 0,35─0,54; p < 0,0001) (Abb. 1). Alle vorgegebenen Subgruppen zeigten einen PFS-Vorteil bei der Therapie mit D-VMP.

Abb. 1: ALCYONE-Studie: signifikant verbessertes PFS unter Therapie mit D-VMP im Vergleich zum VMP-Arm (modifiziert nach [1])

In der MAIA-Studie (siehe auch Bericht vom EHA-Kongress 2018 auf hematooncology.com) zeigte sich durch die Hinzunahme von Daratumumab auch eine Verbesserung der Tiefe des Ansprechens mit einer kompletten Remission (CR) von 47,6% im D-Rd-Arm im Vergleich zu 24,7% im Rd-Arm (Odds Ratio [OR] = 2,75; 95-%-Konfidenzintervall [95-%-KI]: 2,01─3,76; p < 0,0001). Diese Tendenz spiegelt sich auch in der sehr guten partiellen Remission (VGPR) von 79,3% im D-Rd-Arm im Vergleich zu 53,1% im Rd-Arm (OR = 3,4; 95-%-KI: 2,45─4,72; p < 0,0001) wider. Für das PFS ergab sich ebenfalls ein signifikanter Vorteil im D-Rd-Arm (medianes PFS: noch nicht erreicht [NE] vs. 31,9 Monate; HR = 0,56; 95-%-KI: 0,43─0,73; p < 0,0001) (Abb. 2).

Abb. 2: MAIA-Studie: Unter einer Therapie mit D-Rd zeigt sich eine signifikant verbessertes PFS im Vergleich zum Rd-Arm (modifiziert nach [2]).

In die Zukunft der MM-Therapie weisen die ersten Daten der in den Samstagssymposien vorgestellten Studien. Vorhees et al. [3] demonstrierten ein 100%iges Ansprechen bei den ersten 16 Patienten, die Daratumumab+Bortezomib+Lenalidomid+Dexamethason (D-VRd) behandelt wurden. Außerdem erwies sich D-VRd hinsichtlich der Sicherheit als unbedenklich. Am Ende der Konsolidierungstherapie erreichten alle Patienten eine VGPR oder besser. 63% der Patienten erreichten eine CR.

Yimer et al. zeigten in einer Phase-II-Studie an 100 Patienten [4], von denen die meisten eine autologe Stammzelltransplantation (autologous Stem Cell transplantation; ASCT) erhalten hatten, die exzellente Wirksamkeit von Daratumumab+Cyclophosphamid+Bortezomib+Dexamethason (D-CyBord). Wenn die Patienten nicht transplantiert wurden und somit keine HD-Therapie mit Melphalan bekommen konnten, entsprach das Gesamtansprechen dem der ALCYONE-Studie und damit auch den Erwartungen. Auch die vorläufigen Daten zum PFS und OS bei Patienten mit neu diagnostiziertem MM sind vergleichbar mit D-VMP.

Elotuzumab

Elotuzumab, ein gegen CD319/SLAMF7 gerichteter Antikörper, wird in den deutschen Studiengruppen (z. B. DSMM XVII der Würzburger Gruppe [EudraCT Nr.: 2017-001616-11] und GMMG HD6 der Heidelberger Gruppe [NCT02495922 ]) in der Erstlinientherapie bei transplantationsfähigen Patienten getestet. Ergebnisse liegen noch nicht vor. Irene Ghobrial präsentierte Daten einer Phase-II-Studie, in der Elotuzumab, kombiniert mit Lenalidomid und Dexamethason, beim smoldering MM eingesetzt wurde [5]. Bisher wurde keine Progression bei den Studienteilnehmern beobachtet. Die Gesamtansprechrate (ORR) konnte bisher mit 84% (41/49 Patienten) angegeben werden. Es konnten 3 Komplettremissionen (CR, 6%), 18 sehr gute Teilremissionen (VGPR, 37%), 20 Teilremissionen (PR, 41%), 5 minimale Remissionen (MR, 10%), 3 stabile Erkrankungen (SD, 6%) und 2 nicht beurteilbare Patienten beobachtet werden. Abgesehen von 3 Studienteilnehmern haben alle die Behandlung abgeschlossen und befinden sich im Follow-up.

Fazit

  • Durch die Hinzugabe von Daratumumab zu Lenalidomid und Dexamethason in der Primärtherapie bei nicht transplantablen Myelompatienten wird nach knapp 4 Jahren eine Rezidivfreiheit bei circa 70% der Patienten erreicht.
  • Eine nebenwirkungsarme Elotuzumab-basierte Therapie des smoldering MM ist ein interessanter Ansatz und lässt für die Zukunft weitere Schritte in Richtung früher Therapien erwarten.

„Zum ersten Mal erhalten auch nicht transplantable Patienten – ähnlich wie die transplantierten Patienten – eine Chance, über Jahre hinweg rezidivfrei zu bleiben.“ Prof. Dr. Igor Wolfgang Blau

Proteasominhibition als fester Bestandteil der Primärtherapie

FORTE-Studie

Die von Francesca Gay aus Turin vorgestellten neuen Ergebnisse aus der FORTE-Studie [6] (Carfilzomib+Lenalidomid+Dexamethason [KRd]-Induktion – ASCT – KRd-Konsolidierung vs. 12 Zyklen KRd [KRd12] vs. Carfilzomib+Cyclophosphamid+Dexamethason [KCd]-Induktion – ASCT – KCd-Konsolidierung in der Primärtherapie) zeigen erneut keinen Unterschied der beiden Rd-Therapiearme hinsichtlich des Ansprechens bei den Patienten, die transplantiert wurden (KRd-ASCT-KRd, 89%), und jenen, die nicht transplantiert wurden (KRd12, 87%) (siehe auch Bericht vom EHA-Kongress 2018 und ASCO-Kongress 2018 auf hematooncology.com). Auch in der ITT-Auswertung war die MRD-Negativität (fehlende MRD [31/395 VGPR Patienten, 8%] und schlechter als VGPR wurden als MRD-positiv angenommen) zwischen den transplantierten (KRd-ASCT-KRd, 58%) und den nicht transplantierten Patienten (KRd12, 54%) ähnlich, jedoch signifikant höher als bei den im KCd-ASCT-KCd-Arm behandelten Patienten (41%; p-Wert KRd-ASCT-KRd vs. KCd-ASCT-KCd = 0,004; p-Wert KRd12 vs. KCd-ASCT-KCd = 0,023).

Vij et al. [7] untersuchten in einer groß angelegten multizentrischen Phase-II-Studie die Hinzunahme von Ixazomib zu Lenalidomid und Dexamethason (IRd) in der Primärtherapie nach einer HD-Melphalan-Therapie (hier 4 Zyklen IRd [Ixazomib 4 mg an den Tagen 1, 8 und 15 in einem 28-Tage-Zyklus, Lenalidomid 15 mg an den Tagen 1 bis 21 und Dexamethason 40 mg an den Tagen 1, 8 und 15]) zur Konsolidierung nach einer ASCT. Dabei konnte der Anteil der Patienten mit nicht nachweisbarer minimaler residueller Resterkrankung (MRD) auf 37% erhöht werden (von zuvor 26%).

“Neben Bortezomib spielen Carfilzomib und Ixazomib in der First-Line-Therapie eine zunehmende Rolle und können Bestandteil einer effektiven Primärtherapie werden.“ Prof. Dr. Igor Wolfgang Blau

Tourmaline-MM3-Studie

Mit Spannung wurden die Ergebnisse der Tourmaline-MM3-Studie erwartet [8]. Diese zeigten einen PFS-Vorteil für die Patienten, die eine 2-jährige Ixazomib-Erhaltungstherapie bekommen haben (medianes PFS: 26,5 Monate [Ixazomib] vs. 21,3 Monate [Placebo]; HR = 0,72; 95-%-KI: 0,58─0,89; p < 0,002) (Abb. 3).

Abb. 3: Tourmaline-MM3-Studie: Eine Therapie mit Ixazomib verbessert signifikant das PFS (modifiziert nach [8]).

Ohne die Erwähnung der Hochdosis-Melphalan-Therapie wären die Ausführungen zur Primärtherapie des MM heutzutage unvollständig.

Michele Cavo et al. [9] fassten südeuropäische und deutsche Daten zur Therapie mit Bortezomib+Thalidomid+Dexamethason (VTd) oder Bortezomib+Doxorubicin+Dexamethason (PAd) als Induktionstherapie vor einer ASCT bei Patienten mit neu diagnostiziertem MM zusammen (NCT01134484 [10], PETHEMA/GEM-Studie [11], Hovon-65/GMMG-HD4 [12]). In dieser Metaanalyse mit mehr als 900 Patienten, die mit einer Bortezomib-basierten Induktionstherapie und anschließend mit einer HD-Chemotherapie mit Melphalan vor einer einfachen (ASCT-1) oder einer zweifachen autologen Stammzelltransplantation (ASCT-2) behandelt wurden, zeigte sich ein unerwartet deutlicher Vorteil für die Doppeltransplantation. Für die ASCT-2 ergab sich ein besseres PFS (medianes PFS: 46,6 Monate vs. 37,7 Monate; HR = 0,76; 95-%-KI: 0,65─0,89; p = 0,001) und OS (geschätzte 10-Jahreswahrscheinlichkeit: 55% vs. 42%; HR = 0,69, 95-%-KI: 0,56─0,84; p < 0,001) im Vergleich zur ASCT-1 (Abb. 4).

Abb. 4: Überlebensdaten (PFS und OS) für VDT vs. PAD+ASCT bei neu diagnostiziertem MM (modifiziert nach [9])

Fazit

  • Die Induktionstherapie ist Proteasominhibitor-basiert und enthält zudem Medikamente anderer Wirkspektren – in den USA zum Beispiel grundsätzlich immunmodulierende Substanzen (IMiDs) und in Europa alkylierende Zytostatika (für nicht transplantable Patienten Melphalan, ansonsten meist Cyclophosphamid). Monoklonale Antikörper rücken schnell in die erste Linie vor.
  • Die Kombination aus Daratumumab+Lenalidomid+Dexamethason gibt den Ärzten die Möglichkeit, nicht transplantable Patienten ähnlich erfolgreich zu behandeln wie diejenigen, die eine Hochdosis-Chemotherapie mit Melphalan erhalten.
  • Die HD-Melphalan-Therapie, gefolgt von einer autologen Stammzelltransplantation, ist ein fester Bestandteil der Primärtherapie des MM und wird von den Experten weltweit ohne Altersgrenze empfohlen. Es gibt zunehmend Hinweise darauf, dass die Doppeltransplantation (2 Transplantationen im Abstand von 3 bis 6 Monaten) den Therapieergebnissen mit der einfachen Transplantation überlegen ist – und zwar unabhängig von der Risikogruppe und in jedem Fall bei den Hochrisikopatienten.
  • Ixazomib ist in Posttransplantationsbehandlungsschemata (Konsolidierung, Maintenance) sinnvoll und nebenwirkungsarm zu applizieren.

“Die Rolle von Ixazomib in der Primärtherapie kann am ehesten in seiner Anwendung in einer Postinduktion (Konsolidierung und Erhaltung) gesehen werden.“ Prof. Dr. Igor Wolfgang Blau

Die Individualisierung der Rezidivtherapie kommt

POLLUX-Studie

Das Update der POLLUX-Studie [13] (siehe auch Bericht vom EHA-Kongress 2018 und EMN-Meeting 2018 auf hematooncology.com) (Vergleich von Daratumumab+Lenalidomid+Dexamethason [D-Rd] mit Lenalidomid+Dexamethason [Rd] beim refraktären oder rezidivierten MM (RRMM) zeigt im D-Rd-Arm einen erreichten Median des PFS von 44,5 Monaten (vs. 17,5 Monate im Rd-Arm) nach einer Follow-up-Zeit von 44,3 Monaten (HR = 0,44; 95-%-KI: 0,35─0,55; p < 0,0001) (Abb. 5). Diese Ergebnisse bleiben einzigartig und weisen die D-Rd-Kombination als effektivste Therapie der Gegenwart im Rezidiv des MMs aus.

Abb. 5: POLLUX-Studie: D-Rd führt zu einem signifikant verlängerten PFS im Vergleich zum Rd-Arm (modifiziert nach [13])

CASTOR-Studie

Das Update der CASTOR-Studie [14] (siehe auch Bericht vom EMN-Meeting 2018 auf hematooncology.com), einem Vergleich von Daratumumab+Bortezomib+Dexamethason [D-Vd] mit Bortezomib+Dexamethason [Vd], bestätigte die hervorragende Wirksamkeit der D-VD-Kombination insbesondere im ersten Rezidiv nach einer erfolgten Erstlinientherapie (medianes PFS: 27,0 Monate vs. 7,9 Monate; HR = 0,23; 95-%-KI: 0,16─0,33; p < 0,0001). Auch in der ITT-Population war das PFS unter D-Vd signifikant verlängert (medianes PFS: 16,7 Monate vs. 7,1 Monate; HR = 0,31; 95-%-KI: 0,25─0,40; p < 0,0001) (Abb. 6).

Abb. 6: CASTOR-Studie: signifikant verlängertes PFS unter Therapie mit D-Vd im Vergleich zum Vd-Arm (ITT-Population) (modifiziert nach [14])

Dimopoulos et al. untersuchten die Wirksamkeit des monoklonalen Anti-CD38-Antikörpers Isatuximab als Monosubstanz versus eine Kombination von Isatuximab+Dexamethason bei Patienten mit RRMM [15]. Das Ansprechen ohne Dexamethason (26%; n = 109) und in Kombination mit Dexamethason (44%; n = 50) im Rezidiv bei vorbehandelten Patienten entspricht den Erwartungen und dokumentiert die große Potenz dieses weiteren Anti-CD38-Antikörpers. Enrique Ocio präsentierte die vorläufigen Behandlungsergebnisse der Phase-I-Studie zur Kombination von Isatuximab (ISA) mit Bortezomib+Lenalidomid+Dexamethason (VRd) bei nicht transplantablen Patienten mit neu diagnostiziertem MM [16]. Dabei konnte die herausragende Effektivität der Vierfachkombination ohne Zytostatika dokumentiert werden: Auf die Kombinationstherapie mit Isatuximab wurde ein 100%iges Ansprechen (ORR) erreicht. Das Ansprechen besser als die VGPR wurde in 92% der Fälle beobachtet. Insgesamt erreichten 7 von 16 Patienten (44%) eine MRD-Negativität.

MOR202-Studie

Marc Raab aus Heidelberg berichtete von den ersten Ergebnissen der deutschen MOR202-Studie [17] (siehe auch Bericht vom EHA-Kongress 2018 auf hematooncology.com) . In dieser Phase-I/IIa-Studie erfolgte die Gabe von MOR202 (einem monoklonaler Anti-CD38-Antikörper) in Kombination mit Dexamethason oder Pomalidomid+Dexamethason oder Lenalidomid+Dexamethason beim RRMM. Die behandelten etwa 100 Patienten konnten in den meisten Fällen von der Therapie mit diesem CD38-Antikörper allein, in Kombination mit Lenalidomid oder mit Pomalidomid profitieren.

ELOQUENT-3-Studie

Katja Weisel stellte nun die Ergebnisse der Lebensqualitätsanalyse der im Sommer dieses Jahres vorgestellten ELOQUENT-3-Studie vor [18] (siehe auch Bericht vom EHA-Kongress 2018 auf hematooncology.com) . Die Daten zur Lebensqualität wurden mit dem MDASI-MM-Modul (MDASI-MM = MD Anderson Symptom Inventory for multiple Myeloma) und der 3-Level-Version des EuroQoL 5 Dimensions Questionnaire (EQ-5D-3L) erhoben. Es konnte gezeigt werden, dass eine erfolgreiche Rezidivtherapie (die erweiterte Kombination Elotuzumab+Pomalidomid+Dexamethason [EPd] sowie der Therapiearm mit Pomalidomid+Dexamethason [Pd]) zu einer Verbesserung der Lebensqualität führt. Entsprechend wird die Kombination von Elotuzumab und Pomalidomid in naher Zukunft ein wichtiger Bestandteil der Therapie im Rezidiv nach Lenalidomid werden.

Carfilzomib

Die Analyse der Daten aus den 3 zulassungsrelevanten Carfilzomibstudien (ASPIRE [19] [siehe auch Bericht vom ASH-Kongress 2017 auf hematooncology.com] , ENDEAVOR [20] und A.R.R.O.W. [21] [siehe auch Bericht vom EHA-Kongress 2018 und ASCO-Kongress 2018 auf hematooncology.com] ) bestätigt die Bedeutung von Carfilzomib in der Rezidivsituation. Der Therapieerfolg hing nicht davon ab, ob es sich um das erste, zweite oder ein folgendes Rezidiv handelte, ob Carfilzomib/Dexamethason in Kombination mit Lenalidomid/Dexamethason oder allein gegeben wurde oder ob die Gabe zweimal oder einmal wöchentlich erfolgte ([22] [21]). Von besonderem Interesse waren die wissenschaftlichen Arbeiten zur Untersuchung der Nebenwirkungsursachen bei Carfilzomib, wie etwa die Studie von Quach et al. [23], welche die kardiovaskulären Nebenwirkungen und den Stellenwert des BNP-Spiegels (BNP = B-Typ-natriuretisches Peptid) näher charakterisierten.

GMMG-ReLApsE-Studie

Besondere Beachtung fand die Vorstellung der GMMG-ReLApsE-Studie [24]. Goldschmidt et al. betrachteten dabei zum einen den Therapieansatz mit Salvage-HD-Chemotherapie+ASCT+Lenalidomid-Erhaltungstherapie (Arm B) versus eine kontinuierliche Therapie mit Lenalidomid+Dexamethason (Arm A) beim rezidivierten MM. In dieser randomisierten Phase-III-Studie wurde erstmals unter Einbeziehung moderner Therapeutika die Rolle der HD-Melphalan-Therapie im Rezidiv untersucht. Die Studie zeigt ein eindeutiges Ergebnis. (Abb. 7).

Abb. 7: GMMG-ReLApsE-Studie: signifikanter Überlebensvorteil für das PFS unter Therapie im HD-Arm (Arm B) im Vergleich zu Arm A (Lenalidomid+Dexamethason) (modifiziert nach [24])

In der Primäranalyse war der OS-Unterschied in der Intention-to-treat(ITT)-Population im Vergleich der beiden Gruppen (dauerhafte Rd-Therapie vs. Rd-Induktion und HD-Melphalan-Therapie, gefolgt von Lenalidomid-Erhaltungstherapie) nicht signifikant. Betrachtet man die Daten ab dem Zeitpunkt der HD-Chemotherapie, so hat sich das OS bei den Patienten, die tatsächlich mit HD-Chemotherapie+ASCT behandelt wurden (41 Patienten [29,5%] sind aus verschiedenen Gründen nicht transplantiert worden), zugunsten des HD-Arms signifikant verbessert (medianes OS: NE vs. 57,0 Monate; HR = 0,56; p = 0,046). Auch für das PFS zeigte sich dann bei den tatsächlich transplantierten Patienten ein Vorteil für den HD-Arm (medianes PFS: 23,3 Monate vs. 20,1 Monate; HR = 0,74; p = 0,09).

Fazit

  • Mit der Darstellung der aktuellen Ergebnisse der verschiedenen großen Rezidivtherapiestudien, die in den vergangenen 3 Jahren zur Zulassung der neuen Substanzen geführt haben, wird immer klarer, welcher Patient für welche Behandlung am besten geeignet ist. So kann jeder Patient die für ihn wirksamste und am besten verträgliche Behandlung bekommen.

“Erstmals wurde gezeigt, dass die HD-Chemotherapie mit Melphalan gefolgt von einer Lenalidomid-Erhaltungstherapie im Rezidiv beim multiplen Myelom einer Rd-Dauertherapie hinsichtlich PFS und OS signifikant überlegen ist.“ Prof. Dr. Igor Wolfgang Blau

Neue klinische Entwicklungen

Die Therapie des multiplen Myeloms bleibt eine Herausforderung. Auch deshalb geht die Entwicklung neuer potenter Substanzen gegen den Plasmazelltumor weiter. Auf dem diesjährigen ASH-Kongress gab es eine Reihe von Präsentationen und Updates laufender Studien mit Selinexor (KPT-330), Venetoclax und Melflufen sowie mit neuen Proteasominhibitoren (u. a. Oprozomib, Marizomib) und immunmodulatorischen Arzneimitteln (IMiDs). Besonders in China ist eine große Zahl von Patienten mit CAR-T-Zellen gegen das B-Zell-Reifungsantigen (BCMA) behandelt worden. Ergebnisse müssen jedoch noch abgewartet werden. Es wurden erste Daten eines bispezifischen monoklonalen Antikörpers (AMG 701) vorgestellt, der die T-Zell-vermittelte Tumorlyse von BCMA-positiven MM-Zellen bei refraktären Patienten induzieren konnte [25].

Fazit

  • Im Rezidiv sind Kombinationsbehandlungen mit Antikörpern wirksam und gehören zum Standard. Die Ergebnisse der vorgestellten neuen und der bekannten Studien rechtfertigen einen breiten Einsatz bei rezidivierten Myelompatienten.
  • Der Einsatz von Proteasominhibitoren und IMiDs sollte je nach Begleiterkrankungen, vorherigen Behandlungen und dem Ansprechen auf Vortherapien modifiziert werden.
  • Die HD-Melphalan-Therapie im Rezidiv hat einen festen Stellenwert. Der Vorteil konnte erstmals in einer randomisierten Phase-III-Studie nachgewiesen werden.
  • Besonders Kombinationen von Antikörpern und Pomalidomid könnten eine große Bedeutung im Rezidiv nach einer Lenalidomid-Vortherapie erlangen.
  • Neue Therapeutika und Therapiekonzepte werden weiterhin getestet. Sie können zukünftig neue Bausteine in der Myelomtherapie werden.

„Auf der 60. Jahrestagung der amerikanischen Gesellschaft für Hämatologie wurden die großen Fortschritte der Therapie des multiplen Myeloms der letzten Jahre auf glänzende Weise bestätigt und neue vertiefende Studienergebnisse vorgestellt.“ Prof. Dr. Igor Wolfgang Blau

Quellen

  1. Dimopoulos M et al. One-Year Update of a Phase 3 Randomized Study of Daratumumab Plus Bortezomib, Melphalan, and Prednisone (D-VMP) Versus Bortezomib, Melphalan, and Prednisone (VMP) in Patients (Pts) with Transplant-Ineligible Newly Diagnosed Multiple Myeloma (NDMM): Alcyone. Presented at ASH 2018, San Diego, abstract 156.
  2. Facon T et al. Phase 3 Randomized Study of Daratumumab Plus Lenalidomide and Dexamethasone (D-Rd) Versus Lenalidomide and Dexamethasone (Rd) in Patients with Newly Diagnosed Multiple Myeloma (NDMM) Ineligible for Transplant (MAIA). Presented at ASH 2018, San Diego, abstract LBA-2.
  3. Voorhees P et al. Efficacy and Updated Safety Analysis of a Safety Run-in Cohort from Griffin, a Phase 2 Randomized Study of Daratumumab ﴾Dara﴿, Bortezomib ﴾V﴿, Lenalidomide ﴾R﴿, and Dexamethasone ﴾D; Dara‐Vrd﴿ Vs. Vrd in Patients (Pts) with Newly Diagnosed (ND) Multiple Myeloma ﴾MM﴿ Eligible for High‐Dose Therapy ﴾HDT﴿ and Autologous Stem Cell Transplantation ﴾ASCT﴿. ASH 2018, San Diego, abstract 151.
  4. Yimer H et al. Lyra: A Phase 2 Study of Daratumumab (Dara) Plus Cyclophosphamide, Bortezomib, and Dexamethasone (Cybord) in Newly Diagnosed and Relapsed Patients (Pts) with Multiple Myeloma (MM). ASH 2018, San Diego, abstract 152.
  5. Liu C et al. Phase II Trial of Combination of Elotuzumab, Lenalidomide, and Dexamethasone in High-Risk Smoldering Multiple Myeloma. ASH 2018, San Diego, abstract 154.
  6. Gay F et al. Carfilzomib-Lenalidomide-Dexamethasone (KRd) Induction-Autologous Transplant (ASCT)-Krd Consolidation Vs Krd 12 Cycles Vs Carfilzomib-Cyclophosphamide-Dexamethasone (KCd) Induction-ASCT-Kcd Consolidation: Analysis of the Randomized Forte Trial in Newly Diagnosed Multiple Myeloma (NDMM). Presented at ASH 2018, San Diego, abstract 121.
  7. Vij R et al. Ixazomib-Lenalidomide-Dexamethasone (IRd) Consolidation Following Autologous Stem Cell Transplantation in Patients with Newly Diagnosed Multiple Myeloma: A Large Multi-Center Phase II Trial. ASH 2018, San Diego, abstract 123.
  8. Dimopoulos M et al. Maintenance Therapy with the Oral Proteasome Inhibitor (PI) Ixazomib Significantly Prolongs Progression-Free Survival (PFS) Following Autologous Stem Cell Transplantation (ASCT) in Patients with Newly Diagnosed Multiple Myeloma (NDMM): Phase 3 Tourmaline-MM3 Trial. ASH 2018, San Diego, abstract 301.
  9. Cavo M et al. Double Vs Single Autologous Stem Cell Transplantation for Newly Diagnosed Multiple Myeloma: Long-Term Follow-up (10-Years) Analysis of Randomized Phase 3 Studies. Presented at ASH 2018, San Diego, abstract 124.
  10. Cavo M et al. Bortezomib with thalidomide plus dexamethasone compared with thalidomide plus dexamethasone as induction therapy before, and consolidation therapy after, double autologous stem-cell transplantation in newly diagnosed multiple myeloma: a randomised phase 3 study. Lancet 2010; 376: 2075-2085.
  11. Rosinol L et al. Superiority of bortezomib, thalidomide, and dexamethasone (VTD) as induction pretransplantation therapy in multiple myeloma: a randomized phase 3 PETHEMA/GEM study. Blood 2012; 120: 1589-1596.
  12. Sonneveld P et al. Bortezomib induction and maintenance treatment in patients with newly diagnosed multiple myeloma: results of the randomized phase III HOVON-65/ GMMG-HD4 trial. J Clin Oncol 2012; 30: 2946-2955.
  13. Bahlis N et al. Three-Year Follow up of the Phase 3 Pollux Study of Daratumumab Plus Lenalidomide and Dexamethasone (D-Rd) Versus Lenalidomide and Dexamethasone (Rd) Alone in Relapsed or Refractory Multiple Myeloma (RRMM). Presented at ASH 2018, San Diego, abstract 1996.
  14. Mateos M-V et al. Efficacy and Safety of Daratumumab, Bortezomib, and Dexamethasone (D-Vd) Versus Bortezomib and Dexamethasone (Vd) in First Relapse Patients: Two-Year Update of Castor. Presented at ASH 2018, San Diego, abstract 3270.
  15. Dimopoulos M et al. Results from a Phase II Study of Isatuximab As a Single Agent and in Combination with Dexamethasone in Patients with Relapsed/Refractory Multiple Myeloma. Presented at ASH 2018, San Diego, abstract 155.
  16. Ocio E et al. Preliminary Results from a Phase I Study of Isatuximab (ISA) in Combination with Bortezomib, Lenalidomide, Dexamethasone (VRd) in Patients with Newly Diagnosed Multiple Myeloma (NDMM) Non-Eligible for Transplant. Presented at ASH 2018, San Diego, abstract 595.
  17. Raab M et al. MOR202 with Low-Dose Dexamethasone (Dex) or Pomalidomide/Dex or Lenalidomide/Dex in Relapsed or Refractory Multiple Myeloma (RRMM): Primary Analysis of a Phase I/IIa, Multicenter, Dose-Escalation Study. Presented at ASH 2018, San Diego, abstract 153.
  18. Weisel K et al. Quality-of-Life Outcomes in Patients with Relapsed/Refractory Multiple Myeloma Treated with Elotuzumab Plus Pomalidomide and Dexamethasone: Results from the Phase 2 Randomized Eloquent-3 Study. ASH 2018, San Diego, abstract 2288.
  19. Stewart AK et al. Carfilzomib, lenalidomide, and dexamethasone for relapsed multiple myeloma. N Engl J Med 2015; 372: 142-152.
  20. Dimopoulos MA et al. Carfilzomib and dexamethasone versus bortezomib and dexamethasone for patients with relapsed or refractory multiple myeloma (ENDEAVOR): a randomised, phase 3, open-label, multicentre study. Lancet Oncol 2016; 17: 27-38.
  21. Moreau P et al. Efficacy and Safety of Once-Weekly vs Twice-Weekly Carfilzomib Plus Dexamethasone: Subgroup Analysis of the Phase 3 A.R.R.O.W. Study (NCT02412878) By Prior Lines. ASH 2018, San Diego, abstract 3244.
  22. Mateos M-V et al. Carfilzomib in Relapsed or Refractory Multiple Myeloma Patients with Early or Late Relapse Following Prior Therapy: An Analysis of Overall Survival in Subgroups from the Randomized Phase 3 Aspire and Endeavor Trials. ASH 2018, San Diego, abstract 1964.
  23. Quach H et al. Characterization of Cardiovascular Adverse Events and B-Type Natriuretic Peptide Levels in Patients with Multiple Myeloma Who Are Treated with Carfilzomib. ASH 2018, San Diego, abstract 1956.
  24. Goldschmidt H et al. Salvage Autologous Transplant and Lenalidomide Maintenance Versus Continuous Lenalidomide/Dexamethasone for Relapsed Multiple Myeloma: Results of the Randomized GMMG Phase III Multicenter Trial Relapse. Presented at ASH 2018, San Diego, abstract 253.
  25. Cho S-F et al. Anti-Bcma BiTE® AMG 701 Potently Induces Specific T Cell Lysis of Human Multiple Myeloma (MM) Cells and Immunomodulation in the Bone Marrow Microenvironment. ASH 2018, San Diego, abstract 592.
  • Bildnachweis: „San Diego Pier”: © Silvia/Fotolia; "San Diego skyline": © Michael/Fotolia

Myelodysplastische Syndrome und akute myeloische Leukämien – die neuen Therapieansätze nehmen Form an

Prof. Dr. med. Katharina Götze, Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München

Nach vielen Jahren ohne sichtbare Fortschritte in der Therapie myelodysplastischer Syndrome (MDS) wurden beim diesjährigen ASH-Kongress in San Diego die sehr vielversprechenden Ergebnisse der Phase-III-MEDALIST-Studie zur Behandlung der transfusionspflichtigen Anämie beim MDS mit Luspatercept vorgestellt. Diese wecken Hoffnung auf eine baldige Zulassung der Substanz. In der akuten myeloischen Leukämie (AML) wurden im Gegensatz zum MDS mit der Zulassung von 3 neuen Substanzen im Jahr 2018 schnellere Fortschritte in der Therapie erzielt. Sehr ermutigende Daten gibt es auch zu dem BCL2-Inhibitor Venetoclax in Kombination mit hypomethylierenden Substanzen (HMA) oder Low-Dose-Cytarabin (LDAC). Darüber hinaus zeigte sich auf dem ASH-Kongress, dass sich der Trend zur molekular gerichteten Therapie in der Behandlung der AML auf der Basis der Genomanalyse weiter fortsetzt. Zudem wurde über immuntherapeutische Ansätze in der Behandlung sowohl des MDS als auch der AML berichtet.

MDS

MEDALIST-Studie – neue Hoffnung für MDS-Patienten mit refraktärer Anämie und Ringsideroblasten

Die Therapieoptionen für Patienten mit Niedrigrisiko-MDS und transfusionspflichtiger Anämie sind begrenzt und das Ansprechen auf erythropoesestimulierende Agenzien (ESA) ist transient. In der Plenary-Session des ASH-Kongresses, in der stets die höchstrangigen Abstracts des Meetings vorgestellt werden, wurden im ersten Vortrag die Daten der MEDALIST-Studie präsentiert [1] (siehe auch Bericht vom EHA-Kongress 2018 und vom MDS-Forum 2018 auf hematooncology.com). In dieser Studie wurde die Wirksamkeit des Transforming-Growth-Factor-ß(TGF-ß)-Liganden-Hemmers Luspatercept im Vergleich zu Placebo bei transfusionspflichtigen Patienten mit Niedrigrisiko-MDS und Ringsideroblasten, die bereits zuvor mit ESA behandelt worden waren oder eine niedrige Wahrscheinlichkeit hatten, auf ESA anzusprechen, geprüft. Die vorhergehenden Phase-II-Studien der Deutschen MDS-Studiengruppe hatten gezeigt, dass Luspatercept hohe Ansprechraten bei MDS mit Ringsideroblasten oder dem Nachweis einer SF3B1-Mutation erzielt [2]. Insgesamt wurden 229 Patienten 2 : 1 (Luspatercept 1 mg/kg s. c. alle 3 Wochen vs. Placebo) randomisiert. Der primäre Endpunkt war eine Transfusionsfreiheit von ≥ 8 Wochen. Er wurde in der Luspatercept-Gruppe bei 37,9% und in der Placebogruppe bei 13,2% der Patienten erreicht (p < 0,0001). Die mediane Ansprechdauer im Luspatercept-Arm lag bei 30,6 Wochen gegenüber 13,6 Wochen im Placeboarm (Abb. 1). 40% der Patienten, die unter der Therapie mit Luspatercept transfusionsfrei wurden, waren dies auch nach 12 Monaten noch. Die hämatologische Verbesserung (HI-E, nach IWG-2006-Kriterien [3]) wurde bis Woche 48 bei 58,8% der Patienten unter Luspatercept erreicht. In der Placebogruppe waren dies dagegen nur 17,1% der Patienten. Patienten, die ein Ansprechen unter Luspatercept erreichten, hatten einen Hb-Anstieg im Median von 2,55 g/dl (Abb. 2). Luspatercept zeigte generell eine sehr gute Verträglichkeit. Damit ist es eine interessante neue Therapieoption für Niedrigrisiko-MDS. Möglicherweise ist der Nachweis von Ringsideroblasten beziehungsweise einer SF3B1-Mutation prädiktiv für das Ansprechen und könnte somit als Biomarker für eine molekular informierte Therapie beim MDS fungieren. Dies müssen allerdings erst weitere Studien zeigen.

Jedenfalls belegen auch die ebenfalls positiven Daten zu Luspatercept in der Behandlung der transfusionsabhängigen ß-Thalassämie bei Erwachsenen eine Wirksamkeit dieser Substanz über die refraktäre Anämie mit Ringsideroblasten hinaus [4].

Abb. 1: Signifikanter Vorteil der Therapie mit Luspatercept, bezogen auf die Transfusionsfreiheit ≥ 8 Wochen (modifiziert nach [1])
Abb. 2: Hb-Entwicklung unter Therapie mit Luspatercept vs. Placebo (modifiziert nach [1])

Fazit

  • Luspatercept stellt eine neue, sehr wirksame und gut verträgliche Therapieoption für transfusionspflichtige MDS-Patienten mit Ringsideroblasten dar.
  • Patienten, die nicht mehr auf ESA ansprechen, können mit Luspatercept wirksam behandelt werden und wieder eine Transfusionsfreiheit erreichen.

“Nach vielen Jahren ohne nennenswerte neue Therapien für MDS stellt die Entwicklung von Luspatercept einen großen Fortschritt in der MDS-Therapie dar.” Prof. Dr. Katharina Götze

TELESTO-Studie – Eisenchelation bei Niedrigrisiko-MDS verlängert das ereignisfreie Überleben (EFS)

Des Weiteren wurden die lang erwarteten Ergebnisse der TELESTO-Studie auf dem diesjährigen ASH-Kongress vorgestellt [5]. Diese Studie sollte die nach wie vor ungeklärte Frage beantworten, ob eine Eisenchelation bei Niedrigrisiko-MDS jenseits der Senkung von Serum-Ferritin-Werten eine Verbesserung des ereignisfreien Überlebens erreichen kann. Patienten mit Niedrigrisiko-MDS und hoher Transfusionslast (Ferritin > 1.000 ng/ml oder Transfusion von 15 bis 75 Erythrozytenkonzentraten [EKs]) wurden für eine Behandlung mit Deferasirox gegen Placebo 2 : 1 randomisiert. Wegen der sehr schleppenden Rekrutierung wurde die ursprünglich geplante Patientenzahl von 630 auf 210 gekürzt und die Phase-III- in eine Phase-II-Studie umgewandelt. Daher war die Studie nicht mehr darauf ausgerichtet, statistische Vergleiche zwischen beiden Gruppen durchzuführen. Dennoch konnte sie eine 36,4%ige Risikoreduktion für das ereignisfreie Überleben (EFS) im Deferasirox-Arm zeigen (HR = 0,636; p = 0,015) (Abb. 3). Die mediane Behandlungsdauer war – entsprechend der Wirksamkeit von Deferasirox – im Deferasirox-Arm länger (587 gegenüber 370 Tagen) und die mediane Dosis (die sich nach Ferritinwerten richtete) niedriger als im Placeboarm. Das mediane Gesamtüberleben war unter einer Deferasirox-Behandlung 398 Tage länger als im Placeboarm. Die Rate an Nebenwirkungen (Adverse Events, AEs) war in beiden Armen vergleichbar, abgesehen von nicht schwerwiegenden Erhöhungen des Serum-Kreatinins im Deferasirox-Arm (25,7% vs. 1,3% im Placeboarm). Damit kann die TELESTO-Studie als erste (und bislang vermutlich einzige) prospektive randomisierte Studie eine Verlängerung des ereignisfreien Überlebens durch Eisenchelation für Patienten mit Niedrigrisiko-MDS und hoher Transfusionslast zeigen.

Abb. 3: Signifikant verbessertes EFS unter Therapie mit Deferasirox (modifiziert nach [5])

Fazit

  • Trotz niedriger und langwieriger Rekrutierung konnte erstmals in einer kontrollierten, prospektiven Art und Weise ein Vorteil für die Eisenchelation mit Deferasirox bei Patienten mit einer transfusionspflichtigen Niedrigrisiko-MDS demonstriert werden.

“Die positiven Ergebnisse der TELESTO-Studie stellen die Indikation zur Eisenchelation bei Niedrigrisiko-MDS auf sicherere Füße.” Prof. Dr. Katharina Götze

AML

Zielgerichtete Therapien

Sorafenib-Erhaltung nach allogener Transplantation bei FLT3-ITD-positiver AML – der neue Standard?

Hinsichtlich der AML haben sich viele Beiträge auf dem ASH-Kongress auf zielgerichtete Therapien, wie zum Beispiel auf die FLT3-Inhibition der FLT3-ITD(interne Tandemduplikation)-Mutation oder der Inhibition der Isocitrat-Dehydrogenase 1 (IDH1) und 2 (IDH2), fokussiert. Mittlerweile hat neben dem im Jahr 2017 zugelassenen Midostaurin der neuere FLT3-Inhibitor, Gilteritinib , die Zulassung zur Therapie der rezidivierten FLT3-ITD-positiven AML von der Food and Drug Administration (FDA) erhalten. Für einen weiteren FLT3-Inhibitor (Quizartinib) wird die FDA-Zulassung für Mai 2019 erwartet. Trotz verbesserter Gesamtüberlebensraten unter dem Einsatz von Midostaurin und einer hohen Rate an allogenen Stammzelltransplantationen (ASCT) erleiden Patienten mit einer FLT3-ITD-positiven AML auch nach der ASCT Rezidive, die mit einer äußerst ungünstigen Prognose behaftet sind. Die deutschen Studiengruppen untersuchten daher unter der Federführung von Andreas Burchert von der Universität Marburg im Rahmen der SORMAIN-Studie die wichtige Frage, ob eine Erhaltungstherapie mit dem Tyrosinkinaseinhibitor Sorafenib nach einer ASCT das rezidivfreie Überleben von Patienten mit einer FLT3-ITD-positiven AML verbessern kann [6]. Insgesamt wurden dazu 83 Patienten in Komplettremission (CR) nach einer ASCT 1:1 in eine Erhaltung für 24 Monate mit 800 mg Sorafenib gegen Placebo randomisiert. Das Rezidivrisiko nach einer ASCT wurde durch die Gabe von Sorafenib um 61% reduziert. Das rezidivfreie 2-Jahresüberleben (2-Jahres-RFS) betrug bei einem medianen Follow-up von 41,8 Monaten (HR = 0,39; p = 0,013) im Sorafenib-Arm 85,0% und im Placeboarm 53,3% (Abb. 4). Auch das Gesamtüberleben (OS) sowie die rezidivbedingte Mortalität nach 2 Jahren waren unter Sorafenib signifikant besser. Bemerkenswert war, dass die Überlebenskurve im Sorafenib-Arm erst nach der Beendigung der Erhaltung (nach 24 Monaten) abfiel. Dies könnte für eine verlängerte Erhaltungstherapie über 24 Monate hinaus sprechen. Entgegen der klinischen Erwartung wurde Sorafenib sehr gut toleriert. Die Rate an AEs war nicht höher als im Placeboarm der Studie. Die sehr guten Ergebnisse der SORMAIN-Studie könnten den derzeitigen klinischen Standard ändern, sodass nach diesen Daten allen Patienten mit einer FLT3-ITD-positiven AML nach der ASCT die Erhaltung mit Sorafenib (off-label-use) angeboten werden sollte.

Abb. 4: Signifikant verbessertes RFS unter Therapie mit Sorafenib (modifiziert nach [6])

“Die SORMAIN-Studie könnte den Therapiestandard für Patienten mit einer FLT-ITD-positiven AML ändern. Die überzeugenden Ergebnisse sprechen dafür, allen Patienten nach einer ASCT Sorafenib als Erhaltungstherapie anzubieten.” Prof. Dr. Katharina Götze

Für den FLT3-Inhibitor Gilteritinib in Kombination mit einer intensiven Chemotherapie (7+3 gefolgt von einer Hochdosiscytarabin(HDAC)-Konsolidierung) bei der Behandlung einer neu diagnostizierten FLT3-ITD-positiven AML wurden erste Daten der noch laufenden Phase-I-Studie (NCT02236013) präsentiert [7]. Bei der für die Expansionskohorte etablierten Dosis von 120 mg Gilteritinib/Tag zeigten sich bei noch insgesamt kleinen Patientenzahlen eine Composite-CR(CRc)-Rate (CRc = CR + CR mit inkompletter hämatologischer Erholung [CRi] + CR mit inkompletter Plättchenerholung [CRp]) von 94% mit einer akzeptablen Verträglichkeit von Gilteritinib. Die Zugabe von Gilteritinib zur intensiven Chemotherapie wird daher auch in einer laufenden Phase-III-Studie getestet.

Das Update zu den Phase-III-Daten für den Einsatz von Quizartinib im Vergleich mit Standard-Salvage-Chemotherapien bei der Behandlung der rezidivierten/refraktären AML bestätigte zudem die auf dem EHA-Kongress bereits präsentierten Ergebnisse der QuANTUM-R-Studie [8]. Das mediane Gesamtüberleben lag im Quizartinib-Arm bei 6,2 Monaten und im Chemotherapiearm bei 4,7 Monaten (HR = 0,76; 95-%-Konfidenzintervall [95-%-KI]: 0,58─0,98; p = 0,0177) für diese prognostisch sehr ungünstige Patientengruppe.

IDH1/2-Inhibitoren in Kombination mit Chemotherapie – verbesserte CR-Raten und tiefere Remissionen (MRD-Negativität)

Die andere derzeit verfügbare Option einer zielgerichteten Therapie in der Behandlung der AML ist der Einsatz eines IDH1- oder IDH2-Inhibitors, sollte einer dieser beiden Gene mutiert vorliegen. Nachdem die oralen Inhibitoren von mutiertem IDH1 (Ivosidenib) und IDH2 (Enasidenib) für die rezidivierte/refraktäre AML mit IDH-Mutationen in den USA bereits zugelassen sind, wurden auf dem ASH-Kongress jetzt Daten für die Kombination von Enasidenib oder Ivosidenib mit intensiver Chemotherapie bei neu diagnostizierter IDH-mutierter AML vorgestellt [9]. Insgesamt erhielten 134 Patienten – entsprechend dem Vorliegen einer IDH1- oder IDH2-Mutation – eine Standardinduktionschemotherapie zusammen mit Ivosidenib (47 Patienten) oder Enasidenib (87 Patienten). Bei Erreichen einer CR wurde eine Konsolidierungstherapie mit bis zu 4 Zyklen Cytarabin mit Mitoxantrone (ME) angeschlossen. Die Mehrheit der Patienten war > 60 Jahre alt und wies ein intermediäres oder ungünstiges zytogenetisches Risiko auf. Die CR-Raten waren mit 80% beziehungsweise 72% in beiden Gruppen sehr hoch, davon war ein substantieller Teil auch MRD-negativ. Die 60-Tage-Mortalität lag für beide Arme der Studie < 10% mit einem 1-Jahresüberleben ≥ 75%. Die Therapie wurde gut vertragen mit einer niedrigen Rate an IDH-Differenzierungssyndromen. Auf der Basis dieser ermutigenden Phase-I-Daten wird nun eine randomisierte Phase-III-Studie starten.

Im Rahmen der BEAT-AML-Studie, bei der bei älteren AML-Patienten die Form der Erstlinientherapie auf der Basis einer Genomanalyse bestimmt wurde, wurden auch Daten zu Enasidenib bei neu diagnostizierter AML vorgestellt [10]. AML-Patienten ≥ 60 Jahre mit Nachweis einer IDH2-Mutation erhielten zunächst bis zu 4 Zyklen Enasidenib als Monotherapie. Bei Erreichen einer CR wurde dann zwischen einer weiteren Therapie mit Enasidenib allein und der Hinzunahme von Azacitidin zu Enasidenib randomisiert. Die Patienten waren im Median 75 Jahre alt, 78% wiesen eine IDH-R140-Mutation und 22% eine IDH-R172-Mutation auf. Ein Differenzierungssyndrom unter Enasidenib trat bei 21% der Patienten auf. Es sprach bei allen Patienten auf eine prompte Therapie mit Steroiden an. Die Ansprechrate (CR/CRi) war mit 44,4% recht ermutigend. Durch die vorhandene Genomanalyse konnte festgestellt werden, dass Patienten mit einer zusätzlichen RAS-Mutation (NRAS, KRAS, GNAS) eher resistent gegenüber Enasidenib zu sein scheinen.

Fazit

  • Die Genomanalysen bei der AML haben auch bisher nur FLT3-ITD und IDH1/2 als Angriffspunkte für medikamentöse Substanzen identifiziert.
  • Für Patienten mit FLT3-ITD-positiver AML stehen neben der auch in Deutschland zugelassenen Erstlinientherapie jetzt auch in der rezidivierten/refraktären Situation effektive Inhibitoren zur Verfügung (bisher allerdings nur in den USA zugelassen).
  • Die Ergebnisse der SORMAIN-Studie könnten potentiell die gängige Behandlungspraxis verändern und sprechen dafür, allen FLT3-ITD-positiven AML-Patienten nach erfolgter ASCT die Erhaltung mit Sorafenib (off-label-use) anzubieten.
  • Die IDH1/2-Inhibitoren Ivosidenib und Enasidenib haben in Kombination mit einer konventionellen Chemotherapie eine hohe Effektivität und werden momentan in der Erstlinientherapie geprüft.

Venetoclax in Kombination mit LDAC oder HMA bei älteren AML-Patienten – mehr als die Summe der Einzelsubstanzen?

Für ältere Patienten mit neu diagnostizierter AML, die eine sehr schwierige Patientengruppe darstellen, waren die vielversprechendsten neuen Daten sicherlich die zu Venetoclax in Kombination mit hypomethylierenden Substanzen (HMA) oder Low-Dose-Cytarabin (LDAC). Andrew Wei aus Australien stellte die Phase-I/II-Studie zur Behandlung mit Venetoclax und LDAC bei Patienten > 60 Jahre mit neu diagnostizierter AML vor, die nicht für eine intensive Chemotherapie infrage kamen [11]. Nach einer 5-tägigen Ramp-up-Phase wurde eine endgültige Venetoclax-Dosis von 600 mg/Tag durchgehend verabreicht. LDAC wurde in der üblichen Dosis von 20 mg/m2 über 10 Tage verabreicht. Es zeigte sich eine sehr schnelle Ansprechrate mit einer medianen Dauer von 2,8 Monaten bis zum besten Ansprechen. Die Gesamtansprechrate (CR + CRi) war mit 54% sehr hoch. Von den Patienten, die eine CR erreichten, wurde die mediane Ansprechdauer noch nicht erreicht (Abb. 5). Nach 12 Monaten lebten noch 100% der Patienten, die eine CR erreicht hatten, gegenüber 73% der Patienten mit CR/CRi und nur 5% der restlichen Patienten (PR/PD/RD/SD/MLFS). Die höchste CR-Rate zeigte sich für De-novo-AML-Patienten mit 71% und einer medianen Ansprechdauer von 16,9 Monaten.

Abb. 5: OS und Ansprechen auf die Therapie mit Venetoclax+HMA vs. Venetoclax+LDAC (modifiziert nach [11])

Die Kombination aus Venetoclax und Azacitidin oder Decitabin war ebenfalls in der älteren Patientengruppe sehr wirksam [12]. Die Einschlusskriterien dieser Phase-Ib-Studie deckten sich mit der vorhergehenden Studie. Insgesamt wurden 212 Patienten ≥ 60 Jahre mit neu diagnostizierter AML entweder mit Venetoclax+Azacitidin oder Venetoclax+Decitabin behandelt – zunächst in einer Eskalationsphase und dann in einer Expansionsphase. Als empfohlene Dosis für die Phase-II-Studie wurde 400 mg Venetoclax ermittelt. Azacitidin und Decitabin wurden in den Standarddosierungen verabreicht. Im Azacitidin-Arm waren 84 Patienten in der Expansionsphase auswertbar, verglichen mit 31 Patienten im Decitabin-Arm. Auch hier waren sehr hohe Ansprechraten zu verzeichnen: 71% CR/CRi im Azacitidin- und 74% CR/CRi im Decitabin-Arm. Die Zeit bis zum Erreichen der CR war mit 1,2 und 1,9 Monaten extrem kurz. Obwohl die Patientenzahlen natürlich noch klein sind, ist es erwähnenswert, dass bei Patienten mit IDH1/2- oder NPM1-Mutationen eine nahezu 100%ige CR-Rate zu beobachten war. Das mediane Gesamtüberleben lag im Azacitidin-Arm bei 16,9 Monaten und im Decitabin-Arm bei 16,2 Monaten. Dabei hatten Patienten, die eine CR erreichten, ein deutlich längeres medianes Überleben von bis zu 40,3 Monaten im Azacitidin- und 18,2 Monaten im Decitabin-Arm. Bei Patienten mit CR war zusätzlich eine hohe Rate an MRD-Negativität zu beobachten (48% im Azacitidin-Arm und 39% im Decitabin-Arm). Obwohl die Patientenzahlen noch klein sind und der Follow-up-Zeitraum mit 14,9 beziehungsweise 16,2 Monaten noch kurz ist, offenbaren diese Daten das hohe Potenzial der Kombination aus Venetoclax und HMA in der Erstlinienbehandlung der älteren AML-Patienten. Die Daten der jetzt laufenden randomisierten Phase-III-Studie zu Venetoclax+Azacitidin werden daher mit großer Spannung erwartet und könnten den derzeitigen Therapiestandard ablösen.

Fazit

  • Venetoclax in Kombination mit LDAC oder HMA stellt eine extrem vielversprechende Therapieoption für ältere AML-Patienten, die keine intensive Chemotherapie erhalten können, dar.
  • Das schnelle Ansprechen und die hohen CR-Raten sprechen trotz kurzem Follow-up dafür, dass die Kombination aus Venetoclax und HMA den derzeitigen Standard von HMA alleine in dieser Patientengruppe ablösen könnte.
  • Die prospektive randomisierte Phase-III-Studie mit Venetoclax und Azacitidin läuft derzeit noch und muss diese guten Daten noch bestätigen.

“Venetoclax setzt seinen Siegeszug mit sehr vielversprechenden Daten in der Erstlinientherapie der älteren AML-Patienten fort. Die Ergebnisse der laufenden Phase-III-Studien werden daher mit Spannung erwartet.” Prof. Dr. Katharina Götze

Immuntherapeutische Ansätze bei AML und MDS

Auch in diesem Jahr waren wieder immuntherapeutische Ansätze ein Thema. Wenngleich bei MDS und AML nicht so schnelle Fortschritte wie bei den lymphatischen Neoplasien in diesem Bereich verzeichnet werden können, gab es doch einige berichtenswerte Ergebnisse.

Farhad Ravandi berichtete über die First-in-Human-Phase-I-Studie mit dem bispezifischen CD33/CD3-Antikörper AMG 330 bei rezidivierter oder refraktärer AML [13]. Es wurden dabei insgesamt 40 Patienten in eskalierenden Dosen kontinuierlich über 2 bis 4 Wochen behandelt. Insgesamt 17 Patienten hatten bereits zuvor eine allogene Stammzelltransplantation erhalten. Ab einer Dosis von 30 µg/Tag wurde ein Cytokine-Release-Syndrom (CRS) beobachtet, das durch eine Vortherapie mit Steroiden sowie durch die Gabe von i. v. Flüssigkeit und von Tocilizumab und durch die Unterbrechung der AMG-330-Infusion beherrscht werden konnte. Ab einer Dosis von 120 µg wurden in dieser Gruppe sehr ausgedehnt vorbehandelter AML-Patienten dann Remissionen gesehen. Die Studie läuft derzeit noch und ist weiterhin in der Dosiseskalationsphase. Diese ersten Daten sprechen aber dafür, dass bispezifische Antikörper gegen das CD33-Antigen ein wirksamer immuntherapeutischer Ansatz bei der AML sein könnten.

Ein weiteres Target-Antigen für die bispezifische Antikörpertherapie ist CD123, das auf leukämischen Stammzellen exprimiert wird. In der Phase-I-Expansionskohorte wurden 31 Patienten mit rezidivierter oder refraktärere AML mit dem bispezifischen T-Zell-Antikörper (DART) Flotetuzumab (CD123/CD3) behandelt [14]. Ein CRS trat bei fast allen Patienten auf (93%), bei 13,3% wurde dieses als ≥ Grad 3 gewertet, konnte aber erfolgreich behandelt werden. Die Gesamtansprechrate (ORR) lag bei der primär refraktären AML bei 35,3% und bei der rezidivierten AML bei 14,3%. Flotetuzumab zeigt damit eine antileukämische Aktivität – insbesondere bei AML-Patienten mit refraktärer Erkrankung bei einem akzeptablem Sicherheitsprofil.

Auch die CAR-T-Zelltherapie machte vor der AML nicht halt. Die chinesische Arbeitsgruppe um Liu aus Sichuan stellte erste Daten von dem CLL1-CD33-spezifischen Compound-CAR (cCAR) vor [15]. CLL1 ist ein Antigen, das auf leukämischen Stammzellen exprimiert und häufig mit Rezidiven assoziiert ist, während CD33 ein myeloisches Antigen ist, das in der Mehrzahl der AML-Fälle exprimiert wird. Der cCAR richtet sich sowohl gegen CLL1 als auch gegen CD33. Die Phase-I-Dosiseskalationsstudie hatte als primäres Ziel die Sicherheit und als sekundäres Ziel die antileukämische Aktivität des cCARs zu beurteilen. Es wurden sowohl Kinder als auch erwachsene Patienten mit rezidivierter oder refraktärer AML behandelt. Der cCAR eradiziert sowohl leukämische Blasten als auch leukämische Stammzellen und wirkt vollständig myeloablativ, daher muss gegebenenfalls eine nicht myeloablative Stammzelltransplantation angeschlossen werden. Einige Patienten erreichten eine MRD-negative komplette Remission. Dabei wurden Grad-3-Neurotoxizitäten beobachtet. Die Daten sind ermutigend, sodass CAR-T-Zelltherapien auch bei der AML wirksam eingesetzt werden könnten.

Checkpoint-Modulatoren wurden ebenfalls zur Therapie von AML und MDS in Kombination mit HMAs geprüft. Hier sind die Ergebnisse kontrovers. Während für die Kombination aus dem PD-1-Inhibitor Nivolumab und Azacitidin in der Studie vom MD Anderson Cancer Center in Houston [16] bei Patienten mit unbehandeltem Hochrisiko-MDS Ansprechraten von 70% beschrieben wurden, zeigte sich in einer Studie der Cleveland Clinic unter dem PD-L1-Inhibitor Atezolizumab allein oder in Kombination mit Azacitidin eine extrem niedrige Ansprechrate von 9% [17]. Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem MDS zeigten praktisch kein Ansprechen. Demgegenüber erlebten Patienten mit bisher unbehandeltem MDS unter der Kombination von Atezolizumab+Azacitidin sogar eine höhere Mortalität, während das Ansprechen ungefähr dem entsprach, was unter Azacitidin allein zu erreichen ist.

Fazit

  • Immuntherapeutische Ansätze zeigen auch bei AML und MDS erste Erfolge, aber sie hinken deutlich hinter den Entwicklungen bei lymphatischen Neoplasien hinterher.
  • Als vielversprechendste Therapien erscheinen derzeit bispezifische Antikörper bei der AML.
  • Die Rolle der Checkpoint-Modulatoren in der Therapie des MDS bleibt derzeit noch unklar.

“Immuntherapeutische Ansätze – ob Checkpoint-Modulatoren, bispezifische Antikörper oder CAR-T-Zellen – sind bei myeloischen Neoplasien in der Entwicklung noch weit hinter den lymphatischen Neoplasien zurück und müssen sich in ihrer Wirksamkeit erst noch beweisen.” Prof. Dr. Katharina Götze

Quellen

  1. Fenaux P et al. The Medalist Trial: Results of a Phase 3, Randomized, Double-Blind, Placebo-Controlled Study of Luspatercept to Treat Anemia in Patients with Very Low-, Low-, or Intermediate-Risk Myelodysplastic Syndromes (MDS) with Ring Sideroblasts (RS) Who Require Red Blood Cell (RBC) Transfusions. Presented at ASH 2018, San Diego, abstract 1.
  2. Platzbecker U et al. Luspatercept for the treatment of anaemia in patients with lower-risk myelodysplastic syndromes (PACE-MDS): a multicentre, open-label phase 2 dose-finding study with long-term extension study. Lancet Oncol 2017; 18: 1338-1347.
  3. Cheson BD et al. Clinical application and proposal for modification of the International Working Group (IWG) response criteria in myelodysplasia. Blood 2006; 108: 419-425.
  4. Cappellini M et al. The Believe Trial: Results of a Phase 3, Randomized, Double-Blind, Placebo-Controlled Study of Luspatercept in Adult Beta-Thalassemia Patients Who Require Regular Red Blood Cell (RBC) Transfusions. ASH 2018, San Diego, abstract 163.
  5. Angelucci E et al. Safety and Efficacy, Including Event-Free Survival, of Deferasirox Versus Placebo in Iron-Overloaded Patients with Low- and Int-1-Risk Myelodysplastic Syndromes (MDS): Outcomes from the Randomized, Double-Blind Telesto Study. Presented at ASH 2018, San Diego, abstract 234.
  6. Burchert A et al. Sorafenib As Maintenance Therapy Post Allogeneic Stem Cell Transplantation for FLT3-ITD Positive AML: Results from the Randomized, Double-Blind, Placebo-Controlled Multicentre Sormain Trial. Presented at ASH 2018, San Diego, abstract 661.
  7. Pratz K et al. Updated Results from a Phase 1 Study of Gilteritinib in Combination with Induction and Consolidation Chemotherapy in Subjects with Newly Diagnosed Acute Myeloid Leukemia (AML). ASH 2018, San Diego, abstract 564.
  8. Cortes J et al. Efficacy and Safety of Single-Agent Quizartinib (Q), a Potent and Selective FLT3 Inhibitor (FLT3i), in Patients (pts) with FLT3-Internal Tandem Duplication (FLT3-ITD)–Mutated Relapsed/Refractory (R/R) Acute Myeloid Leukemia (AML) Enrolled in the Global, Phase 3, Randomized Controlled Quantum-R Trial. ASH 2018, San Diego, abstract 563.
  9. Stein E et al. Ivosidenib or Enasidenib Combined with Induction and Consolidation Chemotherapy in Patients with Newly Diagnosed AML with an IDH1 or IDH2 Mutation Is Safe, Effective, and Leads to MRD-Negative Complete Remissions. Presented at ASH 2018, San Diego, abstract 560.
  10. Stein E et al. Enasidenib Is Highly Active in Previously Untreated IDH2 Mutant AML: Early Results from the Beat AML Master Trial. Presented at ASH 2018, San Diego, abstract 287.
  11. Wei A et al. Venetoclax with Low-Dose Cytarabine Induces Rapid, Deep, and Durable Responses in Previously Untreated Older Adults with AML Ineligible for Intensive Chemotherapy. Presented at ASH 2018, San Diego, abstract 284.
  12. Pollyea D et al. Venetoclax in Combination with Hypomethylating Agents Induces Rapid, Deep, and Durable Responses in Patients with AML Ineligible for Intensive Therapy. Presented at ASH 2018, San Diego, abstract 285.
  13. Ravandi F et al. A Phase 1 First-in-Human Study of AMG 330, an Anti-CD33 Bispecific T-Cell Engager (BiTE®) Antibody Construct, in Relapsed/Refractory Acute Myeloid Leukemia (R/R AML). Presented at ASH 2018, San Diego, abstract 25.
  14. Uy G et al. Phase 1 Cohort Expansion of Flotetuzumab, a CD123×CD3 Bispecific Dart® Protein in Patients with Relapsed/Refractory Acute Myeloid Leukemia (AML). Presented at ASH 2018, San Diego, abstract 764.
  15. Liu F et al. First-in-Human CLL1-CD33 Compound CAR T Cell Therapy Induces Complete Remission in Patients with Refractory Acute Myeloid Leukemia: Update on Phase 1 Clinical Trial. ASH 2018, San Diego, abstract 901.
  16. Garcia-Manero G et al. A Phase II Study of Nivolumab or Ipilimumab with or without Azacitidine for Patients with Myelodysplastic Syndrome (MDS). Presented at ASH 2018, San Diego, abstract 465.
  17. Gerds A et al. PD-L1 Blockade with Atezolizumab in Higher-Risk Myelodysplastic Syndrome: An Initial Safety and Efficacy Analysis. Presented at ASH 2018, San Diego, abstract 466.
  • Bildnachweis: „View of San Diego From Coronado Island”: © Gloria Moeller/Adobe

Maligne Lymphome – neue Therapieansätze versprechen eine bessere Krankheitskontrolle

Prof. Dr. med. Kai Hübel, Klinik I für Innere Medizin, Universitätsklinikum Köln

Die Therapielandschaft der malignen Lymphome befindet sich bereits seit einigen Jahren im Umbruch. Zielgerichtete Substanzen ergänzen oder ersetzen bisher bewährte Behandlungsregime, und neue prognostische Marker haben das Potenzial, unsere Therapieentscheidungen zu steuern. Darüber hinaus verbessern innovative Therapiekonzepte, wie die CAR-T-Zell-Therapie, die Prognose bei den Patienten, denen bisher keine weitere Therapie angeboten werden konnte. Mit Spannung wurde daher erwartet, ob und wie sich diese Entwicklung durch die auf der Jahrestagung der American Society of Hematology (ASH) vorgestellten Daten fortsetzt.

Diffuse großzellige B-Zell-Lymphome

Bei den aggressiven Lymphomen, insbesondere beim diffusen großzelligen B-Zell-Lymphom (DLBCL), stehen derzeit 3 Fragen im Vordergrund des Interesses:

  1. Können die guten Therapieergebnisse mit R-CHOP in der Erstlinie weiter verbessert werden?
  2. Gibt es neue Therapieoptionen, um die Behandlung in der Rezidivsituation zu optimieren?
  3. Wie ist der aktuelle Stellenwert der CAR-T-Zell-Therapie?

Zur Klärung der Frage nach einer Optimierung der Erstlinientherapie konnten die Deutsche Studiengruppe für Hochmaligne Non-Hodgkin-Lymphome (DSHNHL) und die German Lymphoma Alliance (GLA) durch die Präsentation der FLYER-Daten einen wichtigen Beitrag leisten [1].Die Studie zielte auf 18- bis 60-jährige Patienten mit einem DLBCL ab, die weder Risikofaktoren (altersadaptierter internationaler prognostischer Index [aaIPI] = 0) noch einen Bulk aufwiesen. Die Standardtherapie für diese Patienten ist bisher 6 x R-CHOP-21, wodurch nahezu alle Patienten geheilt werden. In der FLYER-Studie wurde diese Standardtherapie gegen 4 x R-CHOP-21 plus 2 x R randomisiert, mit dem Ziel, die Toxizität bei vergleichbarer Effektivität zu reduzieren. Insgesamt wurden 592 Patienten randomisiert. Dabei zeigte sich, dass das progressionsfreie Überleben (PFS), das ereignisfreie Überleben (EFS) und das Gesamtüberleben (OS) nach einer medianen Beobachtungszeit von 66 Monaten vergleichbar waren (Abb. 1).

Abb. 1: FLYER-Studie: progressionsfreies Überleben und Gesamtüberleben bei Patienten mit DLBCL und guter Prognose unter einer Standardtherapie mit 6 Zyklen R-CHOP-21 im Vergleich zu 4 Zyklen R-CHOP-21 plus 2 x R (modifiziert nach [1]).

In einer multivariaten Analyse zeigten sich auch keine Unterschiede bezüglich des Stadiums (I oder II) oder bezüglich eines Extranodalbefalls. Auch die Rezidivhäufigkeit war zwischen beiden Armen vergleichbar.

„Der deutschen Studiengruppe gelang mit dieser wichtigen Studie der Nachweis, dass auch eine Therapiedeeskalation beim DLBCL in bestimmten Situationen erfolgreich ist und definiert 4 x R-CHOP-21 plus 2 x R als neuen Standard bei Patienten bis 60 Jahre mit einem aaIPI = 0 ohne Bulk.“ Prof. Dr. Kai Hübel

Eine weitere erwähnenswerte Arbeit zur Erstlinientherapie des DLBCL zielte auf die Anzahl der zu applizierenden Zyklen ab [2]. Als Standard werden in vielen Zentren 6 oder 8 Zyklen R-CHOP-21 verabreicht. Die deutsche RICOVER-60-Studie konnte bereits eine Vergleichbarkeit bei älteren Patienten zeigen, wenn statt 8 Zyklen R-CHOP-14 6 Zyklen R-CHOP-14 plus 2 x Rituximab gegeben werden [3]. Die internationale GOYA-Studie verglich Obinutuzumab plus CHOP mit Rituximab plus CHOP. In der Studie, die keinen Vorteil für Obinutuzumab zeigte [4], konnten entweder 6 oder 8 Zyklen Chemotherapie im 21-Tage-Rhythmus gewählt werden. Eine jetzt auf dem ASH-Kongress präsentierte Subgruppenanalyse zeigte eine Vergleichbarkeit zwischen den beiden Regimen, unabhängig vom gewählten Antikörper (Tab. 1) [2].

Tab. 1: Subgruppenanalyse der GOYA-Studie: progressionsfreies Überleben und Gesamtüberleben bei älteren Patienten mit DLBCL unter 6 oder 8 Zyklen Chemotherapie mit CHOP (modifiziert nach [2]).

Fazit

  • Die Gabe von 8 Zyklen R-CHOP-21 stellt laut den Ergebnissen der GOYA-Studie eine Übertherapie dar, die vermieden werden sollte. Die Applikation von 6 Zyklen R-CHOP-14 muss zum Beispiel bei älteren Patienten somit erneut diskutiert werden.

In einer spannenden Phase-III-Studie wurde in der Erstlinientherapie des DLBCL Ibrutinib (560 mg/Tag) mit 6−8 Zyklen R-CHOP kombiniert und randomisiert mit 6−8 Zyklen Placebo plus R-CHOP verglichen [5]. Insgesamt wurden 838 Patienten mit Non-GCB-Lymphom vergleichbar in beide Arme eingeschlossen. Ernüchternd war das Ergebnis: Ibrutinib plus R-CHOP erbringt keinen Vorteil gegenüber R-CHOP bezüglich des Gesamtansprechens (89,3% versus 93,1%), der Rate an kompletten Remissionen (CR) (67,3% versus 68,0%) und des EFS (HR = 0,934; 95-%-KI: 0,726–1,200). Auch in einer Subgruppenanalyse von 567 Patienten mit ABC-Lymphom waren die Ergebnisse vergleichbar. Werden allerdings nur die Patienten betrachtet, die jünger als 60 Jahre sind (n = 342), ergibt sich ein Vorteil für Ibrutinib plus R-CHOP bezüglich des EFS, PFS und OS (HR = 0,330; 95-%-KI: 0,162–0,673). Bei älteren Patienten über 60 Jahre waren auch die Nebenwirkungen mit Ibrutinib inakzeptabel hoch.

Die Kombination von Venetoclax (8 Zyklen) mit 6 Zyklen R-CHOP plus 2 x R wurde in der CAVALLI-Studie untersucht, einer Phase-II-Studie mit 208 Patienten mit bisher unbehandeltem DLBCL [6]. Die Ergebnisse wurden mit den Daten der GOYA-Studie (s. o.) verglichen. Das durch PET-CT bestimmte Ansprechen am Ende der Therapie war in der gesamten Studienpopulation zwischen beiden Studien vergleichbar. Deutliche Unterschiede zeigten sich jedoch, wenn mittels FISH identifizierte Patienten, die BCL-2-positiv waren, miteinander verglichen wurden. Hier betrug die CR-Rate in der CAVALLI-Studie 70% versus 48% in der GOYA-Studie. Dieses Ergebnis übertrug sich auch auf das OS (HR = 0,65; 95-%-KI: 0,35–1,20). Allerdings fanden sich unter Venetoclax auch mehr Nebenwirkungen der Grade 3−4 (86% versus 66%) – darunter insbesondere Zytopenien, febrile Neutropenien und Infektionen.

Fazit

  • Die Ergebnisse der CAVALLI- und der GOYA-Studien belegen, dass bestimmte Subgruppen von Patienten mit unbehandeltem DLBCL durchaus von einer Kombination neuer Substanzen mit R-CHOP profitieren können.

Während ein signifikanter Anteil an Patienten durch eine R-CHOP-basierte Therapie in der Erstlinie geheilt werden kann, ist die Prognose im Rezidiv nach wie vor sehr ungünstig. Insbesondere für Patienten, die sich nicht für eine Hochdosistherapie eignen, und für Patienten in späteren Therapielinien werden dringend innovative Behandlungsansätze benötigt.

In der sogenannten GOAL-Studie wurden 67 Patienten (davon 32 Patienten auswertbar) mit rezidiviertem DLBCL, follikulärem Lymphom Grad IIIb oder transformiertem indolentem Lymphom unabhängig von der Therapielinie mit bis zu 6 Zyklen Pixantron plus Obinutuzumab behandelt [7]. Im Median hatten die Patienten 2 Therapielinien durchlaufen. Die Ansprechrate betrug 40,6%. Insgesamt erreichten15,6% der Patienten eine Vollremission. Die mediane Beobachtungszeit betrug 8,2 Monate, das 1-Jahres-PFS lag bei 37%, das 1-Jahres-OS bei 54%. Die Nebenwirkungen waren überwiegend hämatologisch. Von kritischen Sicherheitsaspekten wurde nicht berichtet.

Ein neuartiger T-Zell-bispezifischer Antikörper (CD20-TCB RG6026) wurde im Rahmen einer Phase-I-Studie bei überwiegend älteren Patienten mit rezidivierten Lymphomen geprüft [8]. Dieser Antikörper bindet sowohl an CD20 der Tumorzellen als auch an CD3 der T-Zellen, die dadurch aktiviert werden. Insgesamt 64 Patienten mit im Median 3 Vortherapien wurden behandelt, hiervon hatten 47 Patienten ein aggressives Lymphom. Alle Patienten erhielten 7 Tage vor Therapiebeginn eine Infusion Obinutuzumab als „debulking“ zur Verminderung des Risikos eines Tumorlysesyndroms. Auch wenn die optimale Dosierung noch nicht ermittelt werden konnte, lag die objektive Ansprechrate (ORR) und die CR-Rate mit höherer Dosierung bei aggressiven Lymphomen bei 33% beziehungsweise 21%. Alle Patienten in CR konnten diese nach einer medianen Beobachtungszeit von 96 Tagen halten. Interessanterweise hing das Ansprechen nicht von der Anzahl an Vortherapien, von der Refraktärität und den prognostischen Risikoscores (IPI) ab. Die Nebenwirkungen waren überwiegend Grad 1−2 und gut beherrschbar; 22% der Patienten entwickelten eine Grad-3−4-Neutropenie.

Die Kombination aus MOR208, einem CD19-Antikörper und Lenalidomid wurde in der L-MIND-Studie untersucht [9]. Insgesamt wurden 81 Patienten mit rezidiviertem DLBCL ohne Transplantationsoption eingeschlossen, die mediane Anzahl an Vortherapien lag bei 2, das mediane Follow-up betrug 12 Monate. Die ORR betrug 58% mit bemerkenswerten 33% CR. Das mediane PFS betrug 16,2 Monate, das mediane OS wurde noch nicht erreicht. Die Kombination zeigt auch eine gute Aktivität in Risikogruppen wie zum Beispiel einer Rituximab- oder Lenalidomid-Refraktärität. Es fand sich überwiegend eine hämatologische Toxizität – insbesondere Neutropenien (Grad 3−4: 43%) und Thrombopenien (Grad 3−4: 17%).

Fazit

  • Diese Studien zeigen exemplarisch, dass neue Substanzkombinationen beziehungsweise neue Substanzklassen das Potenzial besitzen, die Prognose des rezidivierten aggressiven Lymphoms zu verbessern.

CAR-T-Zell-Therapie bei aggressiven Lymphomen

Die sogenannte CAR-T-Zell-Therapie, also die autologe Reinfusion entsprechend modifizierter T-Zellen, erfährt derzeit eine große Aufmerksamkeit insbesondere bei aggressiven Lymphomen und akuten lymphatischen Leukämien. Sie hat das Potenzial, die Prognose im Rezidiv deutlich zu verbessern. Erste Zulassungen auch in Deutschland sind erfolgt. Somit wurde mit Spannung verfolgt, ob sich die bisherigen Daten durch die auf dem ASH-Kongress präsentierten Studienergebnisse verfestigen.

In einer „Real World“-Auswertung wurde analysiert, welche Erfahrungen nach der Zulassung von Axicabtagene Ciloleucel, einem CAR-T-Zell-Produkt gegen CD19, in den USA vorliegen [10]). 293 Patienten mit rezidiviertem DLBCL aus 17 US-Zentren erhielten eine Leukapherese mit dem Ziel, eine CAR-T-Zell-Therapie durchzuführen. Eine Infusion der modifizierten T-Zellen erfolgte bei 274 dieser Patienten zum Zeitpunkt dieser Auswertung. 2 (1%) der Patienten verstarben an Nebenwirkungen. Eine gefürchtete Toxizität dieser Therapie sind das Grad-III/IV-Zytokin-Release-Syndrom und die neurologische Toxizität. Beides trat mit einer Häufigkeit von 7% beziehungsweise 33% auf. Den IL-6-Antikörper Tocilizumab erhielten 63% der Patienten, und 55% benötigten Kortikosteroide. 30 Tage nach der Infusion lag die ORR bei 80%, 47% der Patienten erreichten eine CR. Das mediane PFS lag bei 6,2 Monaten, das 6-Monats-OS bei 72%. Damit werden die Studiendaten für diese Substanz bestätigt, insbesondere traten keine neuen Sicherheitsaspekte auf.

Die Durchführbarkeit der CAR-T-Zell-Therapie insbesondere bei älteren Patienten stand im Interesse einer weiteren amerikanischen retrospektiven Auswertung im Rahmen der sogenannten ZUMA-1-Studie [11]. 72 Patienten wurden mit Axicabtagene Ciloleucel behandelt. Die ORR lag bei 82% und die CR-Rate bei 58%. Es fanden sich keine Unterschiede zwischen jüngeren (< 65 Jahre) und älteren (> 65 Jahre) Patienten. Dies übertrug sich auch auf das OS (Abb. 2)

Abb. 2: ZUMA-1-Studie: Das Gesamtüberleben unter einer Therapie mit Axicabtagene Ciloleucel beim refraktären oder rezidivierten DLBCL war in der Gruppe der jüngeren (< 65 Jahre) und älteren Patienten (≥ 65 Jahre) vergleichbar (modifiziert nach [11]).

52 Patienten unter 65 Jahren und 20 Patienten über 65 Jahren wurden hinsichtlich der Toxizität evaluiert. Auch hierbei traten ein Zytokin-Release-Syndrom und eine Enzephalopathie mit ähnlicher Häufigkeit auf und auch die mediane Hospitalverweildauer war vergleichbar.

In einer anderen Arbeit wurde der weitere Verlauf von Patienten mit DLBCL untersucht, die nach einer CAR-T-Zell-Therapie erneut progredient wurden [12]. Insgesamt wurden die Daten von 58 Patienten analysiert, von denen 30 (52%) unmittelbar nach der CAR-T-Zell-Therapie progredient wurden („initiale Erkrankungsprogression PD“, im Gegensatz zur verzögerten oder „delayed“ PD“). Für beide Gruppen ist die Prognose schlecht, mit einem medianen OS von 3,8 Monaten (initiale PD) und 13,4 Monaten (verzögerte PD). Kann den Patienten noch eine weitere Therapie angeboten werden (z. B. eine zweite CAR-T-Zell-Therapie, eine zielgerichtete Therapie, eine Chemotherapie oder eine allogene Transplantation), verbessert sich die Prognose, ohne dass die Autoren hier eine bestimmte Therapie empfehlen können.

Schließlich wurden noch die Daten von 60 Patienten bezüglich Spätkomplikationen nach einer CAR-T-Zell-Therapie vorgestellt [13]. Alle Patienten hatten eine Beobachtungszeit von mindestens einem Jahr und die mediane Anzahl an Vortherapien betrug 4. 40% der Patienten waren bereits autolog und 15% allogen transplantiert worden. Nach einer medianen Beobachtungszeit von 25 Monaten wiesen 16% der Patienten späte, signifikante Zytopenien auf. 17% der Patienten entwickelten ein Zweitmalignom (MDS, Hauttumore, Gallenblasenkarzinom). Neuropsychiatrische Nebenwirkungen wurden bei 5% der Patienten beschrieben. 31 Patienten entwickelten meist milde Infektionen vor allem der Atemwege. Hiervon mussten 46% stationär behandelt werden.

Fazit

  • Insgesamt belegen die auf dem ASH-Kongress vorgestellten Daten nicht nur die gute Wirksamkeit der CAR-T-Zell-Therapie, sondern sie zeigen auch, dass die Nebenwirkungen zunehmend beherrschbar werden.

„Diese überwiegend konfirmatorischen Daten belegen eindrucksvoll, dass die CAR-T-Zell-Therapie den Bereich des experimentellen Ansatzes verlassen und einen zunehmenden Stellenwert in der Routineversorgung erreicht hat. Die Anwendung muss dennoch auf spezialisierte Zentren beschränkt bleiben.“ Prof. Dr. Kai Hübel

Follikuläres Lymphom

In den letzten Monaten wurde die wissenschaftliche Diskussion zur Therapie der Erstlinie des follikulären Lymphoms (FL) vor allem durch 2 Phase-III-Studien bestimmt:

  • Die GALLIUM-Studie [14] testete randomisiert Chemotherapie plus Rituximab versus Chemotherapie plus Obinutuzumab und zeigte einen PFS-Vorteil für Obinutuzumab.
  • Die RELEVANCE-Studie [15] war die erste randomisierte Studie, die eine Standardimmunchemotherapie mit chemotherapiefreiem Lenalidomid/Rituximab („R2“) verglich. Beide Arme waren bezüglich der Ansprechrate und der Überlebenskurven vergleichbar.

Mit Spannung wurde erwartet, ob und wie weitere Analysen diese Daten bestätigen oder ergänzen.

Bezüglich der GALLIUM-Studie konnte jetzt ein 4-Jahres-Update präsentiert werden [16]. Im Vergleich zur Auswertung nach 3 Jahren konnte sich der Unterschied im PFS zwischen Obinutuzumab/Chemotherapie (G-Chemo) und Rituximab/Chemotherapie (R-Chemo) von 7% auf fast 11% zugunsten von Obinutuzumab vergrößern. Auch die Zeit bis zur nächsten Therapie zeigte signifikante Unterschiede, das OS blieb aber vergleichbar. In einer Subgruppenanalyse wurden die Daten zur MRD-Diagnostik (MRD = Minimal Residual Disease) vorgestellt [17]. Unabhängig von der gewählten Therapie war das PFS bei Patienten, die am Ende der Induktion (EOI) noch MRD-positiv waren, signifikant schlechter als bei Patienten, die eine MRD-Negativität erreichten (HR = 0,38; 95-%-KI: 0,26–0,56, p < 0,0001) (Abb. 3).

Abb. 3: GALLIUM-Studie: Patienten mit follikulärem Lymphom, die unter einer Immuntherapie nach der Induktion eine MRD-Negativität erreichen, weisen ein signifikant besseres PFS aus als MRD-positive Patienten (modifiziert nach [17]).

Die Ergebnisse im Hinblick auf das PFS zwischen R-Chemo und G-Chemo sind vergleichbar, wenn eine MRD-Negativität zum Zeitpunkt EOI (Ende der Induktion) erreicht wird. MRD-positive Patienten profitieren jedoch von einer Obinutuzumab-haltigen Therapie. In diesem Zusammenhang muss auch berücksichtigt werden, dass nach G-Chemo signifikant mehr Patienten MRD-negativ werden als nach R-Chemo. In einer multivariaten Analyse wurde das Erreichen eine MRD-Negativität als wichtigster prognostischer Marker für das PFS evaluiert.

„Diese Daten unterstreichen eindrucksvoll die Bedeutung der MRD-Diagnostik für den Verlauf des FL. Damit ist ein wichtiger Schritt zu einer individualisierten Therapieentscheidung getan.“ Prof. Dr. Kai Hübel

Hinsichtlich der oben erwähnten RELEVANCE-Studie wurden keine neuen Daten präsentiert, allerdings gab es eine interessante Arbeit zur Kombination von Obinutuzumab und Lenalidomid in der Erstlinie des FL (eine Subgruppenanalyse der GALEN-Studie) [18]. Fast alle Patienten erreichten eine tiefe Remission. Das 2-Jahres-PFS lag bei 85%, das 2-Jahres-OS bei 97%. 42% der Patienten entwickelten eine Grad-3−4-Neutropenie.

Fazit

  • Diese Ergebnisse verfestigen den Stellenwert von Obinutuzumab plus Chemotherapie beim unbehandelten FL. Die Kombination aus CD20-Antikörper plus Lenalidomid stellt trotz fehlender Überlegenheit in der RELEVANCE-Studie eine wissenschaftlich interessante und klinisch relevante Behandlung in der Erstlinie dar, die einer weiteren Untersuchung bedarf.

In der Rezidivsituation des FL muss vor allem die AUGMENT-Studie Erwähnung finden [19]. In dieser Phase-III-Studie, in die 358 Patienten ab der zweiten Therapielinie eingeschlossen wurden, wurde „R2“ (siehe oben) randomisiert gegen Rituximab plus Placebo getestet. Zur Beurteilung der Studie sollte beachtet werden, dass ein Teil der Patienten durchaus Risikomerkmale aufwies. So hatte fast ein Viertel der Patienten eine erhöhte LDH, und circa ein Drittel der Patienten einen Follicular Lymphoma International Prognostic Index (FLIPI) ≥ 3. Daher ist es nicht ganz überraschend, dass sich das PFS als primärer Endpunkt der Studie nach einer medianen Beobachtungszeit von 28,3 Monaten zugunsten von R2 darstellt (Abb. 4).

Abb. 4: AUGMENT-Studie: Das progressionsfreie Überleben beim rezidivierten follikulären Lymphom war unter einer Therapie mit Lenalidomid/Rituximab (R2) signifikant besser im Vergleich zur Therapie mit Rituximab plus Placebo (modifiziert nach [19]).

Auch beim OS der Patienten mit FL zeigte sich ein Vorteil zugunsten von R2 (HR = 0,45; 95-%-KI: 0,22–0,91). Eine unerwartete Toxizität trat nicht auf. Diese wichtigen Daten sind im Zusammenhang mit den Zwischenergebnissen der MAGNIFY-Studie zu sehen, deren Daten dieses Jahr auf dem ASCO-Kongress [20] und dem EHA-Kongress [21] vorgestellt wurden und die eine deutliche Aktivität von R2 auch in Risikosituationen (z. B. Rituximab-refraktäre Patienten, Frührezidive, spätere Therapielinien) zeigten.

„In der Zusammenschau der Daten aus der AUGMENT- und MAGNIFY-Studie wird das Potenzial von R2 in der Rezidivsituation deutlich. Auch wenn eine Zulassung noch nicht vorliegt, deutet sich mit R2 eine Behandlungsoption für Patienten mit rezidiviertem FL an, die zum Beispiel einer Hochdosistherapie nicht mehr zuzuführen sind.“ Prof. Dr. Kai Hübel

Zwei weitere Präsentationen beim rezidivierten FL verdienen Erwähnung. In der CHRONOS-1-Studie wurde Copanlisib, ein in den USA zugelassener PI3-Kinase-Inhibitor, ab der zweiten Therapielinie beim rezidivierten FL eingesetzt [22]. In einer Subgruppenanalyse wurde jetzt geprüft, ob Patienten mit einem frühen Rezidiv innerhalb von 24 Monaten nach der Erstlinie (Erkrankungsprogression [POD] < 24 Patienten; n = 68) schlechter auf Copanlisib ansprechen als Patienten mit Spätrezidiv (POD ≥ 24; n = 34) [23]. Dabei zeigte sich eine Vergleichbarkeit bezüglich der ORR (POD < 24: 60,3%; POD ≥ 24: 58,8%) und der CR (POD < 24: 22,1%; POD ≥ 24: 17,6%). Auch hinsichtlich des PFS und OS ergab sich kein Unterschied. Im Vergleich zu anderen PI3-Kinase-Inhibitoren scheint Copanlisib verträglicher zu sein.

In einer weiteren Studie wurde Avadomid (CC-122), ein Cereblon-Modulator, der die Immunantwort von T- und NK-Zellen beeinflusst und somit in das Microenvironment des Lymphoms eingreift, mit Obinutuzumab kombiniert und bei Patienten mit im Median 3 Vortherapien eingesetzt [24]. In dieser Dosiseskalationsstudie zeigte sich ebenfalls ein gutes Ergebnis bei refraktären Patienten oder bei Patienten mit Frührezidiven (n = 21). Hier lag die ORR bei 62%, davon 38% CR, und das PFS nach einem Jahr betrug 57,7%. Es fanden sich primär hämatologische Nebenwirkungen, die zu beherrschen waren.

Fazit

  • Sowohl Copanlisib als auch Avadomid/Obinutuzumab zeigen eine vielversprechende Aktivität auch in Risikosituationen des FL. Diese Ergebnisse müssen jedoch noch in weiteren Studien gefestigt werden.

Chronisch lymphatische Leukämie

Abschließend seien noch 2 wichtige Arbeiten zur chronisch lymphatischen Leukämie (CLL) besprochen. In der „Plenary-Sitzung“ wurde eine dreiarmige Studie bei Patienten über 65 Jahren, die randomisiert die Standardtherapie Bendamustin/Rituximab (BR), Ibrutinib-Monotherapie oder Ibrutinib/Rituximab erhielten, vorgestellt (Alliance-North-American-Intergroup-A041202-Studie) [25]. Insgesamt 547 Patienten mit einer guten Fitness wurden eingeschlossen. Der primäre Endpunkt war das PFS, welches unter BR deutlich schlechter verläuft als unter den beiden Ibrutinib-Armen (Abb. 5).

Abb. 5: A041202-Studie: Das progressionsfreie Überleben war bei Patienten mit CLL unter einer Monotherapie mit Ibrutinib und einer Kombinationstherapie mit Ibrutinib plus Rituximab signifikant besser als die Standardtherapie mit Bendamustin/Rituximab (modifiziert nach [25]).

Werden ausschließlich Patienten mit mutiertem Immunoglobulin Variable Heavy Chain (IgVH)-Status betrachtet, ergibt sich allerdings kein Unterschied zwischen den Armen. Auch das OS ist bisher vergleichbar. Bezüglich der Toxizität fand sich unter BR vermehrt eine hämatologische Toxizität und in den Ibrutinib-Armen vermehrt nichthämatologische Nebenwirkungen (insbesondere Infektionen und Hypertonie).

Als „Late Breaking Abstract“ wurde eine Phase-III-Studie der ECOG-ACRIN-Gruppe vorgestellt, die bei fitten Patienten unter 70 Jahren mit CLL randomisiert Ibrutinib/Rituximab mit Fludarabin/Cyclophosphamid/Rituximab (FCR) verglichen hat [26]. Das mediane Alter der 519 eingeschlossenen Patienten lag bei 58 Jahren, Patienten mit del17p wurden ausgeschlossen. Der primäre Endpunkt war das PFS, welches signifikant unter Ibrutinib/Rituximab verlängert wurde (HR = 0,35; 95-%-KI: 0,22–0,50). Bei Patienten mit mutiertem IgVH-Status war das PFS allerdings wiederum vergleichbar. Überraschend war ein signifikanter Effekt auf das OS: Die Ibrutinib-haltige Therapie verringerte das Risiko zu versterben um 83% im Vergleich zur Therapie mit FCR (HR = 0,168, 95-%-KI: 0,053−0,538; p = 0,0003). Grad-3−4-Nebenwirkungen fanden sich signifikant häufiger unter FCR.

Fazit

  • Beide Studien belegen die Überlegenheit einer Therapie mit Ibrutinib gegenüber einer Immunchemotherapie in der Erstlinie der CLL bei fitten Patienten, unabhängig vom Alter. Lediglich bei Patienten mit mutiertem IgVH-Status bleibt die Immunchemotherapie der Standard.

Quellen

  1. Poeschel V et al. Excellent Outcome of Young Patients (18-60 years) with Favourable-Prognosis Diffuse Large B-Cell Lymphoma (DLBCL) Treated with 4 Cycles CHOP Plus 6 Applications of Rituximab: Results of the 592 Patients of the Flyer Trial of the Dshnhl/GLA. Presented at Session: 626. Aggressive Lymphoma (Diffuse Large B-Cell and Other Aggressive B-Cell Non-Hodgkin Lymphomas)—Results from Prospective Clinical Trials: Initial Treatment. ASH 2018, San Diego, abstract 781.
  2. Sehn L et al. No Added Benefit of Eight Versus Six Cycles of CHOP When Combined with Rituximab in Previously Untreated Diffuse Large B-Cell Lymphoma Patients: Results from the International Phase III GOYA Study. ASH 2018, San Diego, abstract 783.
  3. Pfreundschuh M et al. Six versus eight cycles of bi-weekly CHOP-14 with or without rituximab in elderly patients with aggressive CD20+ B-cell lymphomas: a randomised controlled trial (RICOVER-60). Lancet Oncol 2008; 9: 105–116.
  4. Vitolo U et al. Obinutuzumab or Rituximab Plus Cyclophosphamide, Doxorubicin, Vincristine, and Prednisone in Previously Untreated Diffuse Large B-Cell Lymphoma. J Clin Oncol 2017; 35: 3529–3537.
  5. Younes A et al. A Global, Randomized, Placebo-Controlled, Phase 3 Study of Ibrutinib Plus Rituximab, Cyclophosphamide, Doxorubicin, Vincristine, and Prednisone (RCHOP) in Patients with Previously Untreated Non-Germinal Center B-Cell-like (GCB) Diffuse Large B-Cell Lymphoma (DLBCL). Presented at Session: 626: Aggressive Lymphoma (Diffuse Large B-Cell and Other Aggressive B-Cell Non-Hodgkin Lymphomas)—Results from Prospective Clinical Trials:  Initial Treatment. ASH 2018, San Diego, abstract 784.
  6. Morschhauser F et al. Venetoclax Plus Rituximab, Cyclophosphamide, Doxorubicin, Vincristine and Prednisolone (R-CHOP) Improves Outcomes in BCL2-Positive First-Line Diffuse Large B-Cell Lymphoma (DLBCL): First Safety, Efficacy and Biomarker Analyses from the Phase II CAVALLI Study. Presented at Session: 626. Aggressive Lymphoma (Diffuse Large B-Cell and Other Aggressive B-Cell Non-Hodgkin Lymphomas)—Results from Prospective Clinical Trials: Initial Treatment. ASH 2018, San Diego, abstract 782.
  7. Hess G et al. Obinutuzumab (GA101) in Combination with Pixantrone for the Treatment of Patients with Relapsed Aggressive B-Cell Lymphoma:Â a Phase II Trial (GOAL). ASH 2018, San Diego, abstract 1678.
  8. Hutchings M et al. CD20-Tcb (RG6026), a Novel “2:1” Format T-Cell-Engaging Bispecific Antibody, Induces Complete Remissions in Relapsed/Refractory B-Cell Non-Hodgkin’s Lymphoma: Preliminary Results from a Phase I First in Human Trial. Presented at Session: 626. Aggressive Lymphoma (Diffuse Large B-Cell and Other Aggressive B-Cell Non-Hodgkin Lymphomas)—Results from Prospective Clinical Trials: Immunotherapy. ASH 2018, San Diego, abstract 226.
  9. Salles G et al. Single-Arm Phase II Study of MOR208 Combined with Lenalidomide in Patients with Relapsed or Refractory Diffuse Large B-Cell Lymphoma: L-Mind. ASH 2018, San Diego, abstract 227.
  10. Nastoupil L et al. Axicabtagene Ciloleucel (Axi-cel) CD19 Chimeric Antigen Receptor (CAR) T-Cell Therapy for Relapsed/Refractory Large B-Cell Lymphoma: Real World Experience. Presented at Session: 627. Aggressive Lymphoma (Diffuse Large B-Cell and Other Aggressive B-Cell Non-Hodgkin Lymphomas)—Results from Retrospective/Observational Studies: Outcomes With CD19 CAR T Therapy and Checkpoint Blockade in the Real World Setting. ASH 2018, San Diego, abstract 91.
  11. Sano D et al. Safety of Axicabtagene Ciloleucel CD19 CAR T-Cell Therapy in Elderly Patients with Relapsed or Refractory Large B-Cell Lymphoma. Presented at Session: 627. Aggressive Lymphoma (Diffuse Large B-Cell and Other Aggressive B-Cell Non-Hodgkin Lymphomas)—Results from Retrospective/Observational Studies: Outcomes With CD19 CAR T Therapy and Checkpoint Blockade in the Real World Setting. ASH 2018, San Diego, abstract 96.
  12. Chow V et al. Outcomes of Patients with Large B-Cell Lymphomas and Progressive Disease Following CD19-Specific CAR T-Cell Therapy. Presented at Session: 627. Aggressive Lymphoma (Diffuse Large B-Cell and Other Aggressive B-Cell Non-Hodgkin Lymphomas)—Results from Retrospective/Observational Studies: Outcomes With CD19 CAR T Therapy and Checkpoint Blockade in the Real World Setting. ASH 2018, San Diego, abstract 94.
  13. Cordeiro A et al. Late Effects of CD19-Targeted CAR-T Cell Therapy. Presented at Session: 626. Aggressive Lymphoma (Diffuse Large B-Cell and Other Aggressive B-Cell Non-Hodgkin Lymphomas)—Results from Prospective Clinical Trials: Immunotherapy. ASH 2018, San Diego, abstract 223.
  14. Hiddemann W et al. Immunochemotherapy With Obinutuzumab or Rituximab for Previously Untreated Follicular Lymphoma in the GALLIUM Study: Influence of Chemotherapy on Efficacy and Safety. J Clin Oncol 2018; 36: 2395–2404.
  15. Morschhauser F et al. Rituximab plus Lenalidomide in Advanced Untreated Follicular Lymphoma. N Engl J Med 2018; 379: 934–947.
  16. Townsend W et al. Obinutuzumab-Based Immunochemotherapy Prolongs Progression-Free Survival and Time to Next Anti-Lymphoma Treatment in Patients with Previously Untreated Follicular Lymphoma: Four-Year Results from the Phase III GALLIUM Study. ASH 2018, San Diego, abstract 1597.
  17. Pott C et al. Minimal Residual Disease Response at End of Induction and during Maintenance Correlates with Updated Outcome in the Phase III GALLIUM Study of Obinutuzumab- or Rituximab-Based Immunochemotherapy in Previously Untreated Follicular Lymphoma Patients. ASH 2018, San Diego, abstract 396.
  18. Morschhauser F et al. A Phase II Lysa Study of Obinutuzumab Combined with Lenalidomide for Advanced Untretated Follicular B-Cell Lymphoma in Need of Systemic Therapy. ASH 2018, San Diego, abstract 446.
  19. Leonard J et al. AUGMENT: A Phase III Randomized Study of Lenalidomide Plus Rituximab (R2) Vs Rituximab/Placebo in Patients with Relapsed/Refractory Indolent Non-Hodgkin Lymphoma. Presented at Session: 623. Mantle Cell, Follicular, and Other Indolent B-Cell Lymphoma—Clinical Studies: Antibodies, Immunomodulators, and BTK Inhibitors in Indolent NHL. ASH 2018, San Diego, abstract 445.
  20. Crump M et al. Outcomes in refractory aggressive diffuse large b-cell lymphoma (DLBCL): Results from the international SCHOLAR-1 study. Journal of Clinical Oncology 2016; 34: 7516–7516.
  21. Rummel M et al. Response rate to lenalidomide plus rituximab (R2) is independent of rituximab-refractory status: initial interim analysis of magnify phase IIIb study of R2 followed by maintenancd in R/R indolent NHL. EHA 2018, Stockholm, abstract PF 439.
  22. Dreyling M et al. Phosphatidylinositol 3-Kinase Inhibition by Copanlisib in Relapsed or Refractory Indolent Lymphoma. J Clin Oncol 2017; 35: 3898–3905.
  23. Santoro A et al. Outcomes for Patients with High-Risk Relapsed or Refractory Indolent B-Cell Lymphoma Treated with Copanlisib in the CHRONOS-1 Study. ASH 2018, San Diego, abstract 395.
  24. Michot J-M et al. Avadomide (CC-122), a Novel Cereblon Modulating Agent, in Combination with Obinutuzumab (GA101) in Patients with Relapsed or Refractory B-Cell Non-Hodgkin Lymphoma. Presented at Session: 623. Mantle Cell, Follicular, and Other Indolent B-Cell Lymphoma—Clinical Studies: Antibodies, Immunomodulators, and BTK Inhibitors in Indolent NHL. ASH 2018, San Diego, abstract 449.
  25. Woyach J et al. Ibrutinib Alone or in Combination with Rituximab Produces Superior Progression Free Survival (PFS) Compared with Bendamustine Plus Rituximab in Untreated Older Patients with Chronic Lymphocytic Leukemia (CLL): Results of Alliance North American Intergroup Study A041202. ASH 2018, San Diego, abstract 6.
  26. Shanafelt T et al. A Randomized Phase III Study of Ibrutinib (PCI-32765)-Based Therapy Vs. Standard Fludarabine, Cyclophosphamide, and Rituximab (FCR) Chemoimmunotherapy in Untreated Younger Patients with Chronic Lymphocytic Leukemia (CLL): A Trial of the ECOG-ACRIN Cancer Research Group (E1912). Presented at Session: Late-Breaking Abstracts Session. ASH 2018, San Diego, abstract LBA-4.
  • Bildnachweis: „San Diego, Califormia, USA”: © SeanPavonePhoto/fotolia