ASCO 2015

29. Mai bis 2. Juni, Chicago

Neues zur Therapie des primären und metastasierten Mammakarzinoms: „Trying to illuminate the missing pieces out there“

Pankreaskarzinom – mit zielgerichteten Therapieansätzen zu neuen therapeutischen Möglichkeiten

Vom 29. Mai bis 2. Juni fand in Chicago die diesjährige Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO) statt. Lesen Sie hier jetzt das Neueste vom ASCO-Kongress.

Die Themenschwerpunkte des aktuellen ASCO-Berichts auf www.hematooncology.com sind das Pankreaskarzinom und das Mammakarzinom. Als Fachleute waren für uns Frau Dr. med. Julia C. Radosa aus Homburg sowie Herr Prof. Dr. med. Günter Schlimok aus Augsburg vor Ort.

 

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Liebe Kolleginnen und Kollegen,

es gibt wieder viele interessante Neuigkeiten zu den Themen Mamma- und Pankreaskarzinom. Wir haben die unserer Meinung nach wichtigsten Sitzungen und Poster zu diesen Indikationen auf der Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO) 2015 in Chicago besucht und die dort präsentierten Ergebnisse hier für Sie übersichtlich zusammengefasst.

Der diesjährige ASCO-Kongress stand unter dem Motto „Innovation and Illumination ― Transforming Data Into Learning“. ASCO-Präsident Peter Paul Yu erklärte dazu, dass wir nur durch den Austausch von wissenschaftlichen Daten unser Wissen über Krebserkrankungen beschleunigen und somit schnellere Fortschritte im Kampf gegen die Erkrankung machen könnten. Ganz in diesem Sinne möchten auch wir mit unseren Beiträgen die auf dem ASCO-Kongress präsentierten Daten mit Ihnen teilen und hoffen, dass Sie damit neue Anregungen für Ihre tägliche Praxis erhalten.

Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen und hoffen, Sie auch künftig auf den Seiten von www.hematoncology.com begrüßen zu können.

Mit kollegialen Grüßen

Dr. med. Julia C. Radosa,Universitäts-klinikum des Saarlandes, Homburg

Prof. Dr. med. Günter Schlimok, Praxis Dr. Hellmann und Kollegen, Augsburg

Neues zur Therapie des primären und metastasierten Mammakarzinoms: „Trying to illuminate the missing pieces out there“

Dr. med. Julia C. Radosa, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg

Der Trend in der Diagnostik und Therapie des Mammakarzinoms geht hin zu einer immer detaillierteren Charakterisierung und Neudefinition der einzelnen Subtypen, sowohl auf molekulargenetischer als auch auf immunologischer Ebene. Dadurch können neue Therapieansätze identifiziert werden. Diese Erkenntnisse tragen zu einer Diversifizierung der Entität Mammakarzinom bei und machen spezifische zielgerichtete Behandlungsansätze unabdingbar. Dementsprechend lag ein Schwerpunkt der in diesem Jahr im Rahmen der Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO) vorgestellten Studien zum Mammakarzinom im Bereich des Einsatzes neuer Substanzklassen. Im Folgenden finden Sie einen Überblick über einige der interessantesten Ergebnisse der auf dem ASCO-Kongress 2015 vorgestellten Arbeiten.

Neues zur Therapie des Her2/neu-positiven Mammakarzinoms

Therapie des primären Her2/neu-positiven Mammakarzinoms

Mit der Einführung von Pertuzumab, dem Tyrosinkinaseinhibitor Lapatinib und des Antikörperkonjugates Trastuzumab-Emtansin (T-DM1) wurden in den letzten Jahren drei neue zielgerichtete Substanzen für das Her2/neu-positive Mammakarzinom entwickelt. Auch in diesem Jahr wurde mit Neratinib, einem oralen irreversiblen Hemmer der Tyrosinkinase des Her-1,2- und -4-Rezeptors, eine neue zielgerichtete Substanz vorgestellt. Chan et al. präsentierten die Ergebnisse der primären Analyse der ExteNET-Studie, einer placebokontrollierten Phase-III-Studie, welche die Wirkung von Neratinib nach adjuvanter Chemotherapie mit Trastuzumab bei Her2/neu-positivem frühem Mammakarzinom untersuchte [1]. Nach neoadjuvanter oder adjuvanter Chemotherapie plus Trastuzumab erhielten 1.420 Patientinnen 24 mg p.o. Neratinib 1 x täglich und 1.420 Patientinnen das Placebo über ein Jahr. Nach zwei Jahren zeigte sich ein signifikanter Vorteil der mit Neratinib behandelten Gruppe hinsichtlich des „invasiv disease free survival“ (IDFS) von 2,3 % (HR 0,67; KI 0,50–0,91; p = 0,009). In der Subgruppenanalyse zeigten sich diese Ergebnisse vor allem bei den hormonrezeptorpositiven Patientinnen, welche nach zwei Jahren einen IDFS-Vorteil von 4,2 % zeigten. An Nebenwirkungen traten bei 40 % der mit Neratinib behandelten Patientinnen dritt- bis viertgradige Diarrhöen auf, sodass eine Loperamid-Prophylaxe erwogen werden sollte. Hinsichtlich des Gesamtüberlebens wurde kein Unterschied zwischen den beiden Behandlungsarmen beobachtet, aufgrund des bisher kurzen Nachbeobachtungszeitraums müssen hier jedoch Langzeitergebnisse abgewartet werden.

Therapie des metastasierten Her2/neu-positiven Mammakarzinoms

Seit der Vorstellung der EMILIA-Studie im Rahmen des ASCO-Kongresses 2012 ist das Antikörperkonjugat T-DM1 (Trastuzumab/Emtansin) in den Fokus der Therapie des Her2/neu-positiven Mammakarzinoms gerückt [2]. Zu diesem Thema wurden auf dem ASCO-Kongress 2015 die ersten Ergebnisse der MARIANNE-Studie vorgestellt. Dabei handelt es sich um eine randomisierte Phase-III-Studie, welche die Wirksamkeit von T-DM1 mit und ohne Pertuzumab im Vergleich zu der Therapie mit einem Taxan (Docetaxel oder Paclitaxel) und Trastuzumab in der Erstlinientherapie des metastasierten Her2/neu-positiven Mammakarzinoms untersucht [3]. Ellis et al. beobachteten hier keine Überlegenheit von T-DM1 mit oder ohne Pertuzumab gegenüber dem Standardarm mit einem Taxan plus Trastuzumab im Hinblick auf das progressionsfreie Überleben (Abb. 1a) und das Gesamtüberleben (Abb. 1b).

Abb. 1a: Vergleich des progressionsfreien Überlebens zwischen einer Therapie mit T-DM1 mit und ohne Pertuzumab und dem Standardarm bestehend aus einem Taxan plus Trastuzumab (HT). (modifiziert nach Ellis PA et al. Presented at Oral Abstract Session, Breast Cancer HER2/ER, ASCO 2015, Chicago, abstract 507 [3]).
Abb. 1b: Vergleich des Gesamtüberlebens zwischen einer Therapie mit T-DM1 mit und ohne Pertuzumab und dem Standardarm bestehend aus einem Taxan plus Trastuzumab (HT). (modifiziert nach Ellis PA et al. Presented at Oral Abstract Session, Breast Cancer HER2/ER, ASCO 2015, Chicago, abstract 507 [3]).

Interessant sind diese Ergebnisse vor allem vor dem Hintergrund der CLEOPATRA- Studie, welche eine Überlegenheit hinsichtlich des Gesamtüberlebens des Docetaxel/Herceptin/Pertuzumab-Regimes gegenüber dem Docetaxel/Trastuzumab-Arm zeigte [4]. Daher wäre auch ein Benefit des T-DM1/Herceptin/Pertuzumab-Arms gegenüber dem Taxan/Trastuzumab-Arm auch in der MARIANNE-Studie zu erwarten gewesen. Da sich dies jedoch nicht zeigte, bleibt Docetaxel plus Trastuzumab und Pertuzumab die Therapie der Wahl in der Erstlinientherapie von Patientinnen mit metastasiertem Her2/neu-positivem Mammakarzinom.

„Überraschend ist hier, dass sich keine Überlegenheit des T-DM1 mit dualer Blockade gegenüber dem Taxan/Herceptin-Arm zeigte. Eine mögliche Erklärung hierfür könnte der Verlust der extrazellulären Komponente des Herceptinrezeptors durch die Verwendung des Antikörperkonjugates sein." Dr. med. Julia C. Radosa

Fazit

  • Die adjuvante Erhaltungstherapie mit Neratinib stellt einen interessanten Behandlungsansatz zur Therapie des Her2/neu-positiven Mammakarzinoms dar; Langzeitergebnisse stehen jedoch noch aus.
  • Docetaxel plus Herceptin/Pertuzumab bleibt das Standardregime in der Erstlinientherapie des metastasierten Her2/neu-positiven Mammakarzinoms.

Neues zur Therapie des Hormonrezeptor-positiven Mammakarzinoms

Therapie des primären Hormonrezeptor-positiven Mammakarzinoms

Seit der Veröffentlichung der ATLAS- und aTTOM-Studien wird eine „erweiterte“ endokrine Therapie mit Tamoxifen über zehn Jahre bei Patientinnen mit Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom und Hochrisikokonstellation empfohlen [5], [6]. Ob auch eine „erweiterte“ Therapie mittels Aromataseinhibitor einen Vorteil gegenüber der Standardtherapie über fünf Jahre bringt, konnte bisher nicht belegt werden. Dieser Fragestellung widmete sich die Arbeitsgruppe um Zdenkowski et al. in der prospektiven Studie ANZBCTG 0501 (LATER) [7].

Einschlusskriterien waren:

  • Postmenopausaler Status
  • Östrogen- und/oder Progesteronrezeptor-positives Mammakarzinom
  • Adjuvante endokrine Therapie (Tamoxifen oder Aromataseinhibitor) über mindestens vier Jahre
  • Falls abgeschlossene endokrine Therapie, mindestens 12 Monate zwischen Abschluss der endokrinen Therapie und Studieneinschleusung
  • M0-Status

181 Patientinnen wurden mit dem Aromataseinhibitor Letrozol über weitere fünf Jahre behandelt, 179 Patientinnen erhielten keine weitere endokrine Therapie. Es zeigte sich ein signifikant niedrigeres Risiko für die Entwicklung später brustkrebsassoziierter Ereignisse (neues primäres invasives Karzinom, Lokalrezidiv, Fernmetastasen, kontralaterales Zweitkarzinom) in dem Arm der „erweiterten“ endokrinen Therapie (1,1 %) im Vergleich zu dem nichtinterventionellen Arm (8,4 %) (p = 0,001). Kein Unterschied zwischen den beiden Gruppen zeigte sich jedoch im Hinblick auf das Gesamtüberleben.

„Diese Ergebnisse untermauern das Konzept der „erweiterten“ endokrinen Therapie auch für die Behandlung mit Aromataseinhibitoren.“ Dr. med. Julia C. Radosa

Therapie des metastasierten Hormonrezeptor-positiven Mammakarzinoms

Turner et al. stellten in einer Late-Breaking-Abstract-Sitzung die Ergebnisse der PALOMA-3-Studie vor. In der doppelt verblindeten Studie wurde die Therapie mit dem Östrogenrezeptor-Antagonisten Fulvestrant vs. der Kombination aus Fulvestrant plus Palbociclib bei prä- und postmenopausalen Patientinnen mit Hormonrezeptor-positivem, Her2/neu-negativem fortgeschrittenem metastasiertem Mammakarzinom, die unter vorheriger endokriner Therapie progredient waren, verglichen [8]. Palbociclib ist ein oraler selektiver CDK4/6-Inhibitor, welcher die Zellproliferation und die DNA-Synthese hemmt. Dies geschieht durch die Inhibition der Zellzyklusprogression von der G1- in die S-Phase.

521 Patientinnen wurden randomisiert in zwei Arme:

  • Arm 1 (347 Patientinnen): Palbociclib 125 mg/Tag für 3 Wochen/1 Woche Pause plus Fulvestrant 500 mg alle 4 Wochen
  • Arm 2 (174 Patientinnen): Placebo 1x/Tag für 3 Wochen/1 Woche Pause und Fulvestrant 500 mg alle 4 Wochen

Mit einem medianen progressionsfreien Überleben (PFS) von 9,2 (Palbociclib) vs. 3,8 Monaten (Placebo) zeigte sich ein signifikanter Vorteil des Palbociclib hinsichtlich des primären Studienziels, definiert als PFS (HR 0,422; Konfidenzintervall 0,318–0,56; p < 0,000001) (Abb. 2). Dieser Effekt zeigte sich in allen Subgruppenanalysen.

Abb. 2: Progressionsfreies Überleben bei Patientinnen mit metastasiertem Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom unter einer Therapie mit Palbociclib + Fulvestrant und Placebo + Fulvestrant. (modifiziert nach Turner NC et al. Presented at Oral Abstract Session, Breast Cancer – HER2/ER, ASCO 2015, Chicago, abstract LBA502 [8]).

An Nebenwirkungen traten vor allem myelosuppressive Begleitsymptome wie Neutropenie, Leukopenie, Anämie und Thrombozytopenie auf. Mit einer Therapieabbruchrate von 3 % zeigte die Palbociclib-Therapie jedoch eine gute Verträglichkeit.

„Zusammen mit den Daten der PALOMA-1-Studie, welche ähnliche Ergebnisse mit der Kombination Palbociclib und Aromataseinhibitor zeigte und zu einer beschleunigten Zulassung der Substanz durch die FDA führte, sprechen diese Ergebnisse für den Einsatz von Palbociclib in der Erst- und Zweitlinientherapie des metastasierten Mammakarzinoms. Beachtet werden muss jedoch, dass Daten zum Gesamtüberleben bisher nicht vorliegen.“ Dr. Julia C. Radosa

Fazit

  • Auch Patientinnen, welche mit einem Aromatasehemmer therapiert werden, scheinen von einer "verlängerten" endokrinen Therapie zu profitieren, auch bei einer Therapiepause größer gleich 12 Monate.
  • Palbociclib scheint eine vielversprechende gut verträgliche Therapieoption für Patientinnen mit metastasiertem Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom zu sein. Auch hier müssen jedoch die Langzeitergebnisse abgewartet werden.

Neues zur Therapie des triple-negativen Mammakarzinoms

Therapie des primären triple-negativen Mammakarzinoms

Triple-negative Mammakarzinome haben die höchsten pathologischen Komplettremissionraten im Vergleich zu anderen Mammakarzinomsubtypen [9]. Welche Substanzen in der neoadjuvanten Therapie des triple-negativen Mammakarzinoms die besten Ergebnisse erzielen, ist Gegenstand der aktuellen Forschung. Nach den positiven Daten der GeparSepto-Studie [10] ist das an Albumin-Nanopartikel gebundene Paclitaxel (nanoparticle albumin bound paclitaxel (nab-Paclitaxel)) zunehmend in den Fokus des Interesses gerückt. Neben Studien zur Anwendung in der metastasierten Situation, wie z. B. die auf dem ASCO vorgestellte tnAcity-Studie, einer aktuell rekrutierenden multizentrischen Phase II/III-Studie,  welche die Kombinationstherapie aus nab-Paclitaxel mit Gemzitabin oder Carboplatin mit einer Kombination aus Gemzitabin plus Carboplatin in der Erstlinientherapie bei Patientinnen mit triple-negativem metastasierendem Mammakarzinom untersucht [11], wurden auch Daten für die neoadjuvante Situation mit  einem Kombinationsregimen mit nab-Paclitaxel beim primären triple-negativen Mammakarzinom vorgestellt. Die ADAPT-TN-Studie, eine randomisierte Phase-II-Studie, untersucht die Effektivität der neoadjuvanten Therapie über 12 Wochen mit nab-Paclitaxel (125 mg/m2) mit Gemzitabin (1.000 mg/m2 Tag 1,8 alle 3 Wochen) (Arm A) im Vergleich zur Kombination von nab-Paclitaxel (125 mg/m2) mit Carboplatin (AUC 2 Tag 1,8 alle 3 Wochen) (Arm B) [12]. In einer ersten Interimsanalyse wurde die Daten von 130 Patientinnen (69 in Arm A und 61 in Arm B) ausgewertet. Der nab-Paclitaxel/Carboplatin-Arm zeigte signifikant höhere pathologische Komplettremissionsraten (pCR) (49,2 %) im Vergleich zum nab-Paclitaxel/Gemzitabin-Arm (25 %) (p = 0,006).

„Das gute Ansprechen auf das carboplatinhaltige Regime hinsichtlich der pCR unterstreicht den Stellenwert der Platinsalze in der neoadjuvanten Therapie des triple-negativen Mammakarzinoms. Bei der Interpretation der Ergebnisse ist zu bedenken, dass mit dem getesteten Vergleichsarm nab-Paclitaxel plus Gemzitabin ein Regime gewählt wurde, was nicht der bisherigen adjuvanten/neoadjuvanten Standardtherapie des triple-negativen Mammakarzinoms (Anthrazyklin/Taxan) entspricht. Die mit dem Standardregime erreichten pCR-Raten lagen in der GeparSixto-Studie bei 36,9 % [13].“ Dr. Julia C. Radosa

Therapie des metastasierten triple-negativen Mammakarzinoms

Auch bei der Therapie des metastasierten triple-negativen Mammakarzinoms wurden neue Substanzklassen vorgestellt. Traina et al. untersuchten die Effektivität des Androgenrezeptorinhibitors Enzalutamid (ENZA) bei Patientinnen mit metastasierten Androgenrezeptor-überexprimierenden triple-negativen Mammakarzinomen in einer Open-Label-Phase-II-Studie mit zweistufigem Studiendesign nach Simon [14].

Einschlusskriterien waren:

  • Möglichkeit zur immunhistochemischen (IHC) Bestimmung der Androgenrezeptorexpression und ICH-Androgenrezeptorexpression ≥ 10 %
  • Möglichkeit zur Bestimmung der Ansprechrate
  • Unbegrenzte Anzahl an Vortherapien

Ausschlusskriterien waren:

  • Ossäre oder zerebrale Metastasen oder Krampfanfälle in der Anamnese

Primärer Endpunkt war der klinische Nutzen (CR, PR oder SD) nach 16 Wochen (CBR 16), sekundärer Endpunkt der klinische Nutzen nach 24 Wochen (CBR 24) sowie PFS, Ansprechraten und Sicherheit. Zusätzlich zur immunhistochemischen Testung wurde ein Androgen-gerichtetes Genassay (PREDICT AR) bestimmt und die Raten der Genassay-positiven (AR+) und -negativen (AR-) Patientinnen erfasst. Von 404 Patientinnen hatten 222 Patientinnen (55 %) eine ICH-Androgenexpression von ≥ 10 %. 118 Patientinnen konnten mit ENZA behandelt werden. Von diesen Patientinnen zeigten 56 (47 %) einen positiven PREDICT-AR-Test (AR+) und 62 (53 %) einen negativen Test (AR-). Das mediane progressionsfreie Überleben betrug 32 Wochen bei Patientinnen mit einem positiven PREDICT-AR-Test und neun Wochen bei Patientinnen mit negativem PREDICT-AR-Test. Die Raten bezüglich des klinischen Nutzens in der AR+-Gruppe waren mit 39 % (CBR 16) und 36 % (CBR 24) höher als in der AR- -Gruppe (11 % (CBR 16); 6 % (CBR 24)). Die Daten zum Gesamtüberleben stehen noch aus.

“Adverse events“ ≥ 10 % waren Fatigue (34 %), Nausea (25 %), verminderter Appetit (13 %), Diarrhö und Hitzewallungen (10 %), was die gute Verträglichkeit von ENZA zeigte.

„Die in dieser Studie gefundene Prävalenz der Androgenrezeptor-Überexpression bei triple-negativen Mammakarzinomen ist höher als zuvor berichtet. Dadurch könnte Enzalutamid eine interessante zukünftige Behandlungsoption darstellen.“ Dr. med. Julia C. Radosa

Fazit

  • Die ADAPT-TN-Ergebnisse untermauern den Stellenwert des Carboplatin in der neoadjuvanten Therapie des triple-negativen Mammakarzinoms.
  • Der Androgenrezeptor-Inhibitor Enzalutamid (ENZA) könnte eine Alternative zur Therapie des metastasierten triple-negativen Mammakarzinoms mit günstigem Nebenwirkungsprofil darstellen.

Neues zur endokrinen Therapie des duktalen Carcinoma in situ (DCIS)

Die endokrine Therapie mit Tamoxifen gehört neben der chirurgischen und strahlentherapeutischen Behandlung zur Standardtherapie des duktalen Carcinoma in situ (DCIS) der Mamma. Ob bei postmenopausalen Patientinnen analog zur Therapie des invasiven Mammakarzinoms eine endokrine Therapie mit einem Aromatasehemmer erfolgen sollte, war bislang unklar. Margolese et al. widmeten sich dieser Fragestellung im Rahmen der NSABP-B-35-Studie, in welcher endokrine Therapiemöglichkeiten mit Tamoxifen oder Anastrozol bei postmenopausalen Patientinnen mit Östrogen- und Progesteron-positivem DCIS oder nicht-invasivem Brustkrebs nach erfolgter brusterhaltender Therapie verglichen wurden [15]. Das Studiendesign war wie folgt aufgebaut (Abb. 3):

Abb. 3: Studiendesign der NSABP-B-35-Studie, in der eine endokrine Therapie mit dem Aromatasehemmer Anastrozol mit Tamoxifen bei postmenopausalen Frauen mit DCIS verglichen wurde (modifiziert nach Margolese RG et al. Presented at Oral Abstract Session, Breast Cancer – HER2/ER, ASCO 2015, Chicago, abstract LBA500 [15]).

Nach neun Jahren zeigte sich eine signifikant höhere Rate an brustkrebsfreien Patientinnen in der Gruppe der mit Anastrozol behandelten Patientinnen (93,5 %) gegenüber der Gruppe, die mit Tamoxifen behandelt wurde (89,2 %) (p = 0,03). Besonders ausgeprägt war dieser Vorteil in der Altersgruppe der unter 60-Jährigen, wo nach neun Jahren in der Gruppe der mit Anastrozol behandelten Patientinnen 6,7 % mehr brustkrebsfrei waren als in der Tamoxifen-Gruppe.

„Dies sind meiner Meinung nach „practice changing“-Ergebnisse, welche eine Anwendung von Anastrozol bei postmenopausalen Patientinnen mit DCIS rechtfertigen.“ Dr. med. Julia C. Radosa

Fazit

  • Aromatasehemmer sind dem Tamoxifen in der Therapie des DCIS bei postmenopausalen Patientinnen vorzuziehen.

Danksagung

Die Autorin dankt Herrn PD Dr. med. Marc P. Radosa (Universitätsfrauenklinik Jena) für seine Unterstützung bei der Erstellung des Manuskripts.

Quellen

  1. Chan A et al. Neratinib after adjuvant chemotherapy and trastuzumab in HER2-positive early breast cancer: Primary analysis at 2 years of a phase 3, randomized, placebo-controlled trial (ExteNET). Presented at Oral Abstract Session, Breast Cancer – HER2/ER, ASCO 2015, Chicago,  abstr 508)
  2. Verma S et al. Trastuzumab emtansine for HER2-positive advaced breast cancer. N Engl J Med. 2012;367(19):1783–1791.
  3. Ellis PA et al. Phase III, randomized study of trastuzumab emtansine (T-DM1) ± pertuzumab (P) vs trastuzumab + taxane (HT) for first-line treatment of HER2-positive MBC: Primary results from the MARIANNE study. J Clin Oncol 33, 2015 (suppl; abstr 507)
  4. Swain SM et al. Pertuzumab, trastuzumab, and docetaxel in HER2-positive metastatic breast cancer. N Engl J Med. 2015;372(8):724–734
  5. Davies C et al. Long-term effects of continuing adjuvant tamoxifen to 10 years versus stopping at 5 years after diagnosis of oestrogen receptor-positive breast cancer: ATLAS, a randomised trial. Lancet. 2013;381(9869):805–816
  6. Gray RG et al. aTTom: Long-term effects of continuing adjuvant tamoxifen to 10 years versus stopping at 5 years in 6,953 women with early breast cancer. J Clin Oncol 31, 2013 (suppl; abstr 5)
  7. Zdenkowski N et al. Final analysis of a randomized comparison of letrozole (Let) vs observation (Obs) as late reintroduction of adjuvant endocrine therapy (AET) for postmenopausal women with hormone receptor positive (HR+) breast cancer (BC) after completion of prior AET: ANZBCTG 0501 (LATER). J Clin Oncol 33, 2015 (suppl; abstr 514)
  8. Turner NC et al. A Double Blind Phase 3 Trial of Fulvestrant With or Without Palbociclib in Pre- and Post-menopausal Women with Hormone Receptor-positive, HER2-negative Advanced Breast Cancer that Progressed on Prior Endocrine Therapy (PALOMA3 Study). J Clin Oncol 33, 2015 (suppl; abstr LBA502)
  9. Rouzier R et al. Breast cancer molecular subtypes respond differently to preoperative chemotherapy. Clin Cancer Res. 2005;11(16):5678–5685
  10. Untch M et al. A randomized phase III trial comparing neoadjuvant chemotherapy with weekly nanoparticle-based paclitaxel with solvent-based paclitaxel followed by anthracyline/cyclophosphamide for patients with early breast cancer (GeparSepto); GBG 69. San Antonio Breast Cancer Symposium 2014: PD2-6.
  11. Yardley DA et al. Weekly nab-paclitaxel (nab-P) plus gemcitabine (gem) or carboplatin (carbo) vs gem/carbo as first-line treatment for metastatic triple-negative breast cancer (mTNBC) in a phase 2/3 trial (tnAcity). J Clin Oncol 33, 2015 (suppl; abstr TPS1106)
  12. Gluz O et al. Efficacy of 12 weeks neoadjuvant nab-paclitaxel combined with carboplatinum vs. gemcitabine in triple-negative breast cancer: WSG-ADAPT TN randomized phase II trial. J Clin Oncol 33, 2015 (suppl; abstr 1032)
  13. von Minckwitz G et al. Neoadjuvant carboplatin in patients with triple-negative and HER2-positive early breast cancer (GeparSixto; GBG 66): a randomised phase 2 trial. Lancet Oncol. 2014;15(7):747-756
  14. Traina TA et al. Results from a phase 2 study of enzalutamide (ENZA), an androgen receptor (AR) inhibitor, in advanced AR+ triple-negative breast cancer (TNBC). Presented at Oral Abstract Session, Breast Cancer – Triple Negative/Cytotoxics/Local Therapy, ASCO 2015, Chicago, abstr 1003)
  15. Margolese RG et al. Primary results, NRG Oncology/NSABP B-35: A clinical trial of anastrozole (A) versus tamoxifen (tam) in postmenopausal patients with DCIS undergoing lumpectomy plus radiotherapy. J Clin Oncol 33, 2015 (suppl; abstr LBA500
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Pankreaskarzinom – mit zielgerichteten Therapieansätzen zu neuen therapeutischen Möglichkeiten

Prof. Dr. med. Günter Schlimok, Praxis Dr. Hellmann und Kollegen, Augsburg

Das Pankreaskarzinom ist die vierthäufigste Todesursache bei Patienten mit Krebserkrankungen. Das 5-Jahres-Überleben liegt über alle Tumorstadien unter 10 %. Bei der Erstdiagnose ist nur in etwa 15 % eine resektable Erkrankung nachweisbar [1]. Da somit bei der überwiegenden Mehrzahl der Patienten eine fortgeschrittene beziehungsweise metastasierte Erkrankung vorliegt, hat sich der Fokus der medikamentösen Therapie auf diese Indikation gerichtet. In den letzten Jahren sind zwei Chemotherapiekombinationen zum Standard der Erstlinientherapie geworden – das FOLFIRINOX-Regime und die Kombination von nab-Paclitaxel und Gemcitabin. Beide Schemata zeigen, verglichen mit Gemcitabin allein, einen klinisch bedeutsamen Nutzen für die Patienten.

Therapie des fortgeschrittenen Pankreaskarzinoms

Neues zur Erstlinientherapie

In der MPACT-Studie konnte als wichtigstes Ergebnis ein Überlebensvorteil unter nab-Paclitaxel + Gemcitabin im Vergleich zu einer Gemcitabin-Monotherapie (8,7 vs. 6,6 Monate; p < 0,001) gezeigt werden [2]. In einer weiteren Subgruppenanalyse, die jetzt im Rahmen des ASCO-Kongresses publiziert wurde, zeigte sich, dass die Therapie mit nab-Paclitaxel + Gemcitabin, verglichen mit dem Kontrollarm, eine ähnliche Größenabnahme des Primärbefundes im Pankreas (-22,15 % vs. -7,02 %) und der Metastasen (-24,27 % vs. -8,74 %) hervorruft [3].

In einer weiteren aktuellen Analyse der Daten der MPACT-Studie wurde zudem der Einfluss der Therapie auf den Karnofsky-Index untersucht [4]. Bei einem nahezu identischen Ausgangswert (nab-P +G vs. G, 86,7 % vs. 87,1 %) wurde bei den Patienten mit der Kombinationstherapie aus nab-Paclitaxel + Gemcitabin ein signifikant geringerer Abfall des Karnofsky-Index beobachtet. Der Unterschied wurde signifikant zwischen Tag 100 und Tag 200 und blieb auch in der Folge stabil.

In einer kleinen Phase-II-Studie an 27 Patienten mit metastasierten Pankreaskarzinomen wurde die alternierende Gabe von nab-Paclitaxel + Gemcitabin und FOLFIRI als Erstlinientherapie geprüft. Die Toxizität der alternierenden Verabreichung war vergleichbar mit der der beiden Schemata, die Ansprechraten und Überlebenszeiten schienen jedoch nicht besser zu sein als die von nab-Paclitaxel + Gemcitabin beziehungsweise FOLFIRINOX allein [5].

Der Frage nach einer Erhaltungstherapie im Rahmen der Erstlinientherapie verfolgte eine Studie mit 31 Patienten, welche die Gabe von Capecitabin (initiale mediane Dosierung von 2.000 mg/m2) nach mindestens vier Zyklen FOLFIRINOX prüfte [6]. Die mediane progressionsfreie Überlebenszeit betrug elf Monate, nach der ersten Progression erhielten die Patienten erneut FOLFIRINOX. Die mediane Gesamtüberlebenszeit lag bei 19 Monaten, nach einem Jahr lebten noch 74 %, nach zwei Jahren noch 24 % der Patienten.

„Auch nach dem ASCO-Kongress 2015 stellen die Kombination von nab-Paclitaxel und Gemcitabin sowie das FOLFIRINOX-Schema den Standard für die Erstlinientherapie des fortgeschritten Pankreaskarzinoms dar.“ Prof. Dr. med. Günther Schlimok

Fazit

  • Nab-Paclitaxel + Gemcitabin zeigt eine vergleichbare Wirksamkeit im Bereich des Primärtumors und der Metastasen.
  • Nab-Paclitaxel + Gemcitabin resultiert in einem besseren Karnofsky-Index, verglichen mit einer Gemcitabin-Monotherapie.
  • Der alternierende Einsatz von nab-Paclitaxel + Gemcitabin und FOLFIRI scheint keinen Vorteil zu bringen.
  • Zur Einschätzung der Wertigkeit einer Erhaltungstherapie sind die Ergebnisse laufender Phase-II/III-Studien abzuwarten.

Neues zur Zweitlinientherapie

Die Kombination von Docetaxel und Oxaliplatin wurde in einer Studie der Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie der Deutschen Krebsgesellschaft (AIO) an 44 Patienten untersucht [7]. 95,5 % der Patienten erhielten Gemcitabin als Erstlinientherapie. Bei 15,9 % der Patienten konnte eine partielle Remission erzielt werden, das mittlere progressionsfreie Überleben lag bei sieben Wochen, die mittlere Gesamtüberlebenszeit bei 40 Wochen.

Fazit

Nach Gemcitabin ist die Kombination von Docetaxel und Oxaliplatin eine mögliche Therapievariante.

Neoadjuvante Therapieansätze bei operablem Pankreaskarzinom

In der australischen Phase-III-Studie AGIT GAP erhielten 41 Patienten mit einem operablen Pankreaskarzinom 2 Zyklen einer neoadjuvanten Therapie aus nab-Paclitaxel + Gemcitabin, postoperativ wurden  Zyklen dieser Therapie verabreicht [8]. Die neoadjuvante Therapie resultierte in einer R0-Rate von 52 % (tumorfreier Rand ≥ 1 mm) und einer R0-Rate von 86 % bei einem tumorfreien Rand kleiner 1 mm. 93 % der Patienten erhielten die präoperative Chemotherapie, postoperativ konnte die Therapie bei 60 % der Patienten begonnen werden.

Im amerikanischen Alliance Trial A 021101 erhielten Patienten mit – nach radiologischen Kriterien – grenzwertig resektablen Pankreaskarzinomen präoperativ  Zyklen eines modifizierten FOLFIRINOX-Schemas (Oxaliplatin 85 mg/m2, Irinotecan 180 mg/m2, Leucovorin 400 mg/m2 Tag 1, gefolgt von 5-FU 2.400 mg/m2 x 48 Std.) und eine Chemoradiotherapie mit Capecitabin [9]. Nach der Pankreatektomie wurden zwei Zyklen einer Gemcitabin-Monotherapie verabreicht. 21 der 22 Patienten komplettierten die präoperative Therapie, 2 Patienten zeigten eine komplette und  Patienten eine partielle Remission. Bei den 15 Patienten, die sich einer Pankreatektomie unterzogen, konnte in 93 % der Fälle eine R0-Resektion erzielt werden.

In der initiierten NEPAFOX-Studie, einer randomisierten Phase-II/III-Studie, soll der perioperative Einsatz von FOLFIRINOX mit einem adjuvanten Gemcitabin-Therapiearm verglichen werden [10].

Fazit

Der Einsatz von nab-Paclitaxel + Gemcitabin und FOLFIRINOX in multimodalen perioperativen Konzepten ist ermutigend, prospektive randomisierte Phase-III-Studien an einem größeren Patientenkollektiv sind jedoch dringend erforderlich.

Adjuvante Therapie bei operablem Pankreaskarzinom

Die adjuvante Chemotherapie mit Gemcitabin über sechs Monate verbessert signifikant das Überleben der Patienten mit operablen Pankreaskarzinomen. Die CONKO-005-Studie prüfte, ob die zusätzliche Gabe des EGFR-Tyrosinkinase-Inhibitors (TKI) Erlotinib die Therapieergebnisse nach R0-Resektion zusätzlich verbessert [11]. Hierzu wurden 436 Patienten in einen Gemcitabin/Erlotinib- und in einen Gemcitabin-Monotherapie-Arm randomisiert. Nach einer medianen Beobachtungszeit von 41 Monaten zeigte sich kein signifikanter Unterschied in der krankheitsfreien (11,6 vs. 11,6 Monate) und in der Gesamtüberlebenszeit (24,6 vs. 26,5 Monate). In der neu aufgelegten randomisierten APACT-Studie soll bei geplanten 800 Patienten mit R0/R1-resezierten Pankreaskarzinomen geklärt werden, ob eine adjuvante Kombinationstherapie aus nab-Paclitaxel + Gemcitabin einer Standard-Gemcitabin-Monotherapie überlegen ist [12]).

„In der neoadjuvanten Therapie des Pankreaskarzinoms sollten heute entweder das nab-Paclitaxel/Gemcitabin- oder das FOLFIRINOX-Schema Anwendung finden.“ Prof. Dr. med. Günther Schlimok

Fazit

Neue Therapiekonzepte sind erforderlich, um die adjuvante Therapie der Patienten nach Pankreatektomie zu verbessern.

Neue zielgerichtete Therapieansätze

Gegen dasTumorstroma gerichtete Therapieansätze

Das Tumorstroma von Pankreaskarzinomen ist sehr dicht, es stellt eine Barriere dar und verhindert so eine effektive Penetration der Chemotherapie in den Tumor. In diesem Zusammenhang stellt die pegylierte rekombinante Hyaluronidase PEG PH20 eine aussichtsreiche Substanz dar. PEG PH20 baut Hyaluronsäure, eine wichtige Substanz des Tumorstromas, effektiv ab und kann so den Zustrom und die Verteilung von Chemotherapeutika im Tumor verbessern. In einer randomisierten Phase-II-Studie wurde bei unbehandelten metastasierten Pankreaskarzinomen eine Kombination aus PEG PH20 + nab-Paclitaxel + Gemcitabin gegen nab-Paclitaxel + Gemcitabin geprüft [13]. 135 Patienten wurden in die Studie aufgenommen, 44 % davon wiesen einen hohen Hyaluronsäuregehalt im Tumorstroma auf. Als wichtigste Nebenwirkung der Gabe von PEG PH20 wurden gehäuft venöse Thrombosen beobachtet, die jedoch durch eine prophylaktische subkutane Heparingabe deutlich reduziert werden konnten (Tab. 1). Bei den Patienten mit einem hohen Hyaluronsäuregehalt im Stroma konnte durch die Therapie mit PEG PH20 eine höhere Gesamtansprechrate (52 % vs. 24 %; p = 0,038) (Tab. 2a) und eine verlängerte progressionsfreie Überlebenszeit (9,2 vs. 4,3 Monate; p = 0,05) erzielt werden (Tab.2b).

Tab. 1: Verträglichkeit der Therapie mit pegylierter rekombinanter Hyaluronidase PEG PH20 in Kombination mit  nab-Paclitaxel + Gemcitabin bei Patienten mit metastasiertem Pankreaskarzinom (modifiziert nach Hingorani SR et al. Presented at Oral Abstract Session, Gastrointestinal (Noncolorectal) Cancer, ASCO 2015, Chicago, abstract 4006 [13]).
Tab. 2a: Gesamtansprechraten und Dauer des Ansprechens bei Patienten mit unbehandeltem metastasiertem Pankreaskarzinom mit hohem Hyaluronsäuregehalt (HA hoch) im Tumorstroma unter einer Therapie mit pegylierter rekombinanter Hyaluronidase PEG PH20 in Kombination mit nab-Paclitaxel + Gemcitabin (PAG) im Vergleich zu nab-Paclitaxel + Gemcitabin (AG) alleine. (modifiziert nach Hingorani SR et al. Presented at Oral Abstract Session, Gastrointestinal (Noncolorectal) Cancer, ASCO 2015, Chicago, abstract 4006 [13]).

Tab.2b: Progressionsfreies Überleben bei Patienten mit unbehandeltem metastasiertem Pankreaskarzinom mit hohem Hyaluronsäuregehalt (HA hoch) im Tumorstroma unter einer Therapie mit pegylierter rekombinanter Hyaluronidase PEG PH20 in Kombination mit nab-Paclitaxel + Gemcitabin (PAG) im Vergleich zu nab-Paclitaxel + Gemcitabin (AG) alleine. (modifiziert nach Hingorani SR et al. Presented at Oral Abstract Session, Gastrointestinal (Noncolorectal) Cancer, ASCO 2015, Chicago, abstract 4006 [13]).

Bei der Analyse der Gesamtüberlebenszeit zeigte sich ein Trend für die mit PEG PH20 behandelten Patienten (12 vs. 9 Monate), der jedoch statistisch nicht signifikant war.

Gegen den RAS-Pathway gerichtete Therapieansätze

In Adenokarzinomen des Pankreas können mit Next-Generation-Sequencing(NGS)-Technologien in bis zu über 90 % aktivierende KRAS-Mutationen nachgewiesen werden. Der Nachweis von KRAS-mutierter ctDNA im Plasma kann als Maß der Disseminierung der Tumorerkrankung und somit als prognostischer Marker genutzt werden. In einer auf dem ASCO-Kongress präsentierten Studie an 182 Patienten mit fortgeschrittenen Pankreaskarzinomen konnte eine signifikante negative Korrelation zwischen zirkulierender und mutierter ctDNA und dem Überleben gefunden werden [14]).

Therapeutisch wurde in einer randomisierten Phase-II/III-Studie bei 160 unbehandelten metastasierten Patienten geprüft, ob die Gabe von Rigosertib zusätzlich zu Gemcitabin das Überleben verbessert. Rigosertib ist ein „small molecule“, das die zelluläre Signalübertragung hemmt, indem es als „RAS mimetic“ agiert – also RAS nachahmt und an eine RAS-bindende Domain andockt. Außerdem hemmt es weitere Kinasen, einschließlich der Polo-like-Kinase (PLK1) und der Phosphoinositid-3-Kinase (PI3K). Die zusätzliche Gabe von Rigosertib zu einer Gemcitabin-Chemotherapie führte jedoch in dieser Studie zu keiner Verbesserung der Ansprechrate oder der progressionsfreien Überlebenszeit [15].

RAS-Mutationen führen zur Aktivierung der RAF/MEK/ERK- und PI3K/AKT/TOR-Signalwege. In einer randomisierten Studie wurden 113 metastasierte Patienten, bei denen eine Gemcitabin-Therapie versagt hatte, entweder mit einer Kombination des MEK-Inhibitors Selumetinib und des AKT-Inhibitors MK-2206 oder mit FOLFOX 6 behandelt. Der Therapiearm mit den beiden Inhibitoren zeigte bei der Auswertung im Vergleich zu einer FOLFOX-6-Therapie eine verkürzte Überlebenszeit [16].

Gegen den JAK/STAT-Pathway gerichtete Therapieansätze

Studien konnten zeigen, dass die JAK2- und STAT-Signalwege wichtig für die Initiierung und die Progression von Pankreastumoren sind. Zusätzlich stehen klinische Symptome des Pankreaskarzinoms, wie Gewichtsverlust und Kachexie, zum Teil mit dem JAK/STAT-Pathway in Verbindung. In der randomisierten Phase-II-Studie RECAP konnte bei metastasierten Pankreaskarzinomen nach Gemcitabin-Versagen gezeigt werden, dass der JAK1/JAK2-Inhibitor Ruxolitinib in Kombination mit Capecitabin bei Patienten mit hohen CRP-Werten (48 % der Patienten) einen signifikanten Überlebensvorteil bewirkt [17]. Aufgrund dieser Ergebnisse wurden die randomisierten Phase-III-Studien JANUS1 und JANUS2 gestartet, die den Nutzen von Ruxolitinib in Kombination mit Capecitabin bei Patienten mit metastasierten Pankreaskarzinomen und hohen CRP-Werten überprüfen [18, 19].

Therapeutische Ansätze bei BRCA-1/2-Mutationen

BRCA1-Mutationen wurden in 5 % und BRCA2-Mutationen in 17 % der Proben aus Pankreaskarzinomen nachgewiesen [20]. BRCA-mutierte Tumoren sind sensibel auf Platin und PARP-Inhibitoren. Im Rahmen der Ende 2014 gestarteten randomisierten Phase-III-Studie POLO soll nun geklärt werden, ob eine durch Platin stabilisierte Tumorerkrankung bei Patienten mit nachgewiesenen BRCA1/2-Mutationen durch die Gabe des PARP-Inhibitors Olaparib länger stabil erhalten werden kann [21].

Immuntherapeutische Ansätze

Immuntherapeutische Ansätze, die negativ regulatorische Moleküle auf aktivierten T-Zellen (CTLA-4, PD-1) oder die entsprechenden Liganden (PD-L1) als therapeutisches Ziel haben – sogenannte Checkpoint-Inhibitoren –, sind bei einer Reihe von soliden Tumoren erfolgreich. Aktuell werden vor allem Kombinationen mit derartigen Checkpoint-Inhibitoren beim Pankreaskarzinom erprobt.

So wird die Kombination von Gemcitabin mit dem CTLA-4-blockierenden Antikörper Ipilimumab bei fortgeschrittenen Pankreastumoren [22], die Gabe des PD-1-Antikörpers Pembrolizumab zusammen mit einer Radiochemotherapie in der neoadjuvanten Situation [23] und eine Kombination aus den Vakzinen GVAX + CRS-207 und dem PD1-Inhibitor Nivolumab [24] in der metastasierten Situation geprüft.

„In letzter Zeit wurden interessante Subgruppen beim Pankreaskarzinom definiert. So kann bei 48 % der Patienten ein deutlich erhöhter CRP-Wert im Serum nachgewiesen werden, 44 % der Tumoren haben einen hohen Gehalt an Hyaluronsäure im Stroma und 22 % der Tumoren weisen eine BRCA-1/2-Mutation auf. Zielgerichtete Substanzen für diese Subgruppen stehen zur Verfügung. Zusammen mit den angesprochenen immuntherapeutischen Möglichkeiten könnte so bald ein neues Behandlungsrepertoire für eine beträchtliche Anzahl von Patienten zur Verfügung stehen.“ Prof. Dr. med. Günther Schlimok

Fazit

Auch beim Pankreaskarzinom finden zielgerichtete Therapieansätze zunehmend Eingang in die Therapieprotokolle. Trotz interessanter und vielversprechender Daten bedarf es jedoch weiterer Abklärung im Rahmen prospektiver randomisierter Phase-III-Studien.

Quellen

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