ASH 2014

6. bis 9. Dezember, San Francisco

Multiples Myelom – Aktuelle Aspekte zur Erstlinientherapie und neue Therapieoptionen beim Rezidiv

Myelodysplastische Syndrome und akute myeloische Leukämien – gibt es neue therapeutische Möglichkeiten?

Lymphome – neue Wirkstoffe und Kombinationstherapien lassen hoffen

Schlüsselwörter: 2-Hydroxyglutarat, AG-221, All-trans-Retinsäure (ATRA), APL0406-Studie, Arsentrioxid (ATO), ASH, ASPIRE-Studie, autologe Stammzelltransplantation (ASCT), AZA-AML-001-Studie, Azacitidin, Bendamustin , Bortezomib, Carfilzomib, Copanlisib, CORAL-Studie, Cyclophosphamid, del17p, Dexamethason, DHAP (Cisplatin, Cytarabin, Dexamethason), Diffuses großzelliges B-Zell-Lymphom (DLBCL), DSMM-V-Studie, Duvelisib (IPI145), Erythrozytentransfusionsfreiheit, EVOLUTION-Trial, FIRST-Studie, Fludarabin, GIMEMA-MMY-3006-Studie, Ibrutinib, Idelalisib, IMiDs, Isocitrat-Dehydrogenase-2 (IDH2)-Inhibitor, Lenalidomid, Lenalidomid/Low-Dose-Dexamethason(Rd), Ligand-trapping-Approach, Luspatercept (ACE-536), Lymphom, MCL-002, Melphalan, Morbus Hodgkin (MH), Multiples Myelom, Myelodysplastische Syndrome, Nivolumab, Non-Hodgkin-Lymphom (NHL), Ofatumumab, Pembrolizumab, PETAL-Studie, PI3K-Inhibition, Primär großzelliges Lymphom (LBCL), Promyelozytenleukämie (APL), R-CHOP, RELEVANCE-Studie, Rituximab, Tandem-Hochdosischemotherapie, ten-eleven translocation 2 (TET2), Thalidomid, Vorinostat

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Liebe Kolleginnen und Kollegen,

eines der Highlights des Jahres für alle Ärztinnen und Ärzte der Hämatoonkologie, die Jahrestagung der American Society of Hematology (ASH), zog vom 6. bis 9. Dezember Experten aus aller Welt nach San Francisco. In vielen Sessions und persönlichen Gesprächen wurden neue Einblicke in Krankheitsbilder diskutiert und aktuelle Behandlungsstrategien besprochen.

Die Interpretation der Vielzahl an Daten ist oft eine Herausforderung. Was bedeuten die neuen Entwicklungen für die Arbeit zuhause mit unseren Patienten? Wir haben auf dieser Seite zentrale Aspekte zu den Themen „Multiples Myelom“, „Myelodysplastische Syndrome“ und „Lymphome“ zusammengestellt und sie in die Behandlungsrealität in Klinik und Praxis eingeordnet.

Wir hoffen, Ihnen mit diesem Bericht eine Unterstützung für Ihre tägliche Arbeit zu geben und freuen uns über Ihr Interesse an hematooncology.com.

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Mit kollegialen Grüßen

Priv.-Doz. Dr. med. Georg Heß, Universitätsmedizin Mainz
Priv.-Doz. Dr. med. Jens Hillengaß, Universitätsklinikum Heidelberg
Dr. med. Thomas Schroeder, Universitätsklinikum Düsseldorf

Multiples Myelom – Aktuelle Aspekte zur Erstlinientherapie und neue Therapieoptionen beim Rezidiv

Priv.-Doz. Dr. med. Jens Hillengaß, Universitätsklinikum Heidelberg

Vom 12. bis 15. Juni 2014 fand die 56. Jahrestagung der American Society of Hematology (ASH) in San Francisco statt. Wie bereits in den letzten Jahren waren zumindest die klinischen Studien in fortgeschrittenen Phasen, die bei diesem Meeting präsentiert wurden, vor allem von der Frage geprägt, welche Kombination von welchen der neuen Medikamente zu welchem Zeitpunkt der Behandlung eingesetzt werden sollte.

Erstlinientherapie für transplantationsgeeignete Patienten

Abhängig von den lokalen "Vorlieben" werden bei transplantationsgeeigneten Myelompatienten weltweit unterschiedliche Induktionstherapien eingesetzt. In einer italienischen Studie konnte jetzt bei 472 Patienten ein Vorteil einer Kombination aus VTD (Bortezomib, Thalidomid, Dexamethason) gegenüber VCD (Bortezomib, Cyclophosphamid, Dexamethason) gezeigt werden [1]. Nicht nur die Gesamtansprechrate (> PR 93 % versus 84 %, p = 0,003) war bei der VTD-Gruppe besser, sondern auch die Rate an kompletten Remissionen (19 % versus 7 %, p < 0,001). Einziger Wermutstropfen ist – wie zu erwarten – die signifikant höhere Rate an Polyneuropathien (PNP) ≥ Grad 3 bei einer Behandlung mit VTD (7 % versus 2 %, p = 0,004). Allerdings führte die PNP lediglich bei insgesamt 3 Patienten (1 Patient unter VCD, 2 Patienten unter VTD) zum Therapieabbruch.

In einer anderen Arbeit, präsentiert von Francesca Gay, wurden die Überlebensdaten aus 2 Phase-III-Studien vorgestellt [2]: In beiden Studien wurden neu diagnostizierte Patienten < 65 Jahre mit einer Induktionstherapie mit Lenalidomid und Dexamethason in der Erstlinie behandelt. Die Randomisierung erfolgte jeweils in einen Studienarm mit einer Tandem-Hochdosischemotherapie mit Melphalan 200 mg/m2 gefolgt von einer autologen Stammzelltransplantation (ASCT) oder einen Arm mit einer konventionellen Chemotherapie (6 Zyklen Melphalan und Prednison oder Cyclophosphamid und Dexamethason) jeweils in Kombination mit Lenalidomid. Insgesamt wurden 268 Patienten mit einer Tandem-Hochdosischemotherapie und 261 Patienten mit einer Chemotherapie in Kombination mit Lenalidomid behandelt. In der gesamten Gruppe verlängerte die Hochdosischemotherapie im Vergleich zur Chemotherapie das progressionsfreie Überleben (42 versus 24 Monate, p > 0,001) und das 4-Jahres-Gesamtüberleben (83 % versus 68 %, p = 0,012). Interessanterweise profitierten in der Subgruppenanalyse vor allem die Patienten mit einem günstigen Risikoprofil wie

  • einem Baseline-Karnofsky-Index von 80 bis 100 %,
  • einem ISS-Stadium von I und
  • ohne Nachweise von del17 – t(4;14)- oder t(14;16)-Mutationen sowie
  • einer sehr guten partiellen Remission (VGPR)

am meisten von der Hochdosistherapie.

„Auch wenn manche Kollegen die Hochdosischemotherapie immer wieder gerne totsagen würden, scheint sie doch trotz der sehr effektiven neuen Substanzen immer noch der Grundpfeiler der Behandlung geeigneter Patienten zu sein. Allerdings profitiert das Konzept natürlich besonders, wenn die Therapie beide Modalitäten kombiniert.“ PD Dr. Jens Hillengaß

Eine weitere Studie, die sich mit der Kombination aus einem Proteasomenhemmer und einer immunmodulierenden Substanz (IMiD) im Rahmen der Induktionstherapie beschäftigte, wurde von der finnischen Myelom-Studiengruppe vorgestellt [3]. Bereits im EVOLUTION-Trial konnte nachgewiesen werden, dass die Kombination aus Bortezomib und Lenalidomid mit Dexamethason zu hohen Remissions- und sogar CR-Raten führt. Allerdings besteht die Befürchtung, dass die Behandlung mit Lenalidomid vor einer Stammzellsammlung diese negativ beeinträchtigen könnte. In die vorliegende Studie wurden 80 Patienten eingeschlossen, wovon 37 Patienten bereits ausgewertet werden konnten. Für die Stammzellmobilisation wurden in einem Studienarm Cyclophosphamid 2 g/m2 + G-CSF und im anderen Studienarm G-CSF allein verwendet. Tatsächlich war die Anzahl der Apheresen im G-CSF-Cyclophosphamid-Arm geringer und die gesammelte Menge an Stammzellen höher als im G-CSF-Arm. Allerdings konnten auch im G-CSF-Arm alle Patienten ausreichend Stammzellen sammeln, wenn auch hier teilweise die Hinzunahme von Plerixafor notwendig war (12 % der Patienten). Die Autoren folgern daher, dass auch nach einer Therapie mit Bortezomib, Lenalidomid und Dexamethason eine Stammzellsammlung mit G-CSF allein möglich ist und die Gabe von Cyclophosphamid vermieden werden kann.

Da die allogene Blutstammzelltransplantation bei Myelompatienten immer noch Gegenstand teilweise heftiger Kontroversen ist, haben jetzt Kollegen aus Würzburg zu diesem Thema eine Arbeit präsentiert [4]. Patienten wurden in der DSMM-V-Studie je nach Verfügbarkeit eines HLA-gematchen Stammzellspenders entweder mit autologer gefolgt von allogener Stammzelltransplantation (1 Zyklus Melphalan 200 mg/m2 mit autologer Transplantation gefolgt von einer allogenen Transplantation mit reduzierter Konditionierungsintensität) oder mit einer Tandem-Hochdosistherapie mit Melphalan 200 mg/m2 mit jeweils nachfolgender autologer Transplantation behandelt. Es zeigte sich eine signifikante Überlegenheit der Allo-Gruppe bezüglich des medianen PFS (35 versus 22 Monate, p = 0,005). Die Sterblichkeit unabhängig vom Rezidiv/Progress der Erkrankung (non-relapse mortality) lag bei der Allo-Gruppe allerdings bei 12 % und das Gesamtüberleben unterschied sich nicht signifikant. Bei Patienten mit del13q und del17p (ersteres galt bei Beginn der Studie noch als Hochrisikoparameter) zeigte sich ein signifikanter Vorteil für die Auto- / Allotransplantation. Weitere Analysen müssen zeigen, ob die allogene Transplantation bei geeigneten Patienten mit del17p, die eine sehr schlechte Prognose haben, tatsächlich langfristige Vorteile bringt.

Fazit

In der Induktionstherapie führt eine Kombination von Proteasomenhemmern und IMiD zu den bisher besten Ansprechraten. Selbst nach dem sehr potenten VRD scheint eine Stammzellsammlung noch möglich zu sein. Bezüglich der allogenen Blutstammzelltransplantation geht die Suche nach den Patienten weiter, die von einer solchen Therapie profitieren.

Erstlinientherapie für nichttransplantationsgeeignete Patienten

Sonja Zweegman et al. berichten über eine Studie, die von der niederländischen HOVON-Gruppe zusammen mit der Nordic Myeloma Study Group durchgeführt wurde [5]. Bei 560 (von 668 geplanten) Patienten mit symptomatischem Multiplem Myelom, die aufgrund von Alter oder Komorbiditäten nicht für eine autologe Blutstammzelltransplantation geeignet waren, erfolgte in einem randomisierten Studiendesign entweder eine Therapie mit 9 Zyklen nach dem MPT(Melphalan, Prednison, Thalidomid)- oder dem MPR(Melphalan, Prednison, Lenalidomid)-Schema. Die Dosierungen von Melphalan und Prednison waren dabei gleich. Die Thalidomid-Dosis lag bei 200 mg, die Lenalidomid-Dosis bei 10 mg. Gefolgt wurde die Induktionstherapie jeweils von einer Erhaltungstherapie mit demselben IMiD, welches in der Induktionstherapie verwendet worden war. Die Thalidomid-Dosis wurde allerdings auf 100 mg reduziert. Die Erhaltungstherapie wurde jeweils bis zur Erkrankungsprogression fortgeführt. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 32 Monaten zeigte sich interessanterweise weder ein statistisch signifikanter Unterschied bei den Ansprechraten noch bei den medianen Überlebenszeiten (49 versus 50 Monate) (Abb.1). Allerdings wurde die Erhaltungstherapie mit Thalidomid signifikant häufiger abgebrochen als die mit Lenalidomid, da sie insbesondere – wie zu erwarten – zu einem höheren Anteil an Polyneuropathien geführt hatte.

Abb. 1: Die Überlebensraten von Patienten unter einer Therapie mit MPT-T und MPR-R wiesen keine signifikanten Unterschiede auf (modifiziert nach Zweegman S. et al. Presented at Session: 653. Myeloma: Therapy, excluding Transplantation: First Line Treatments, ASH 2014, San Francisco, abstract 179 [5]).

„Die vergleichbare Wirksamkeit von MPT-T und MPR-R erlaubt eine Anpassung der Medikamentenauswahl abhängig vom Nebenwirkungsprofil, was insbesondere bei älteren Patienten sehr von Vorteil sein kann. Wie sich die Therapien im Vergleich zu VMP (Bortezomib, Melphalan, Prednison) – dem aktuellen Standard in Deutschland – darstellen, bleibt abzuwarten.“ PD Dr. Jens Hillengaß

Die FIRST-Studie, die Melphalan/Prednison/Thalidomid (MPT) mit 2 verschiedenen Schemata von Lenalidomid/Low-Dose-Dexamethason (Rd) (für 18 Monate oder auf Dauer) bei Patienten, die nicht für eine Hochdosischemotherapie geeignet waren, verglich, sorgte bereits beim letzten ASH-Meeting für Furore, da sich die Lenalidomidtherapie (Rd) gegenüber einem der bisherigen Standards (MPT) als überlegen erwiesen hatte. Beim diesjährigen Kongress wurden nun die Ergebnisse der Subgruppenanalyse dieser Studie gezeigt. So ließ sich der Vorteil der kontinuierlichen Gabe von Lenalidomid/Dexamethason unabhängig von Alter [6] und Remissionsstatus [7] sowie auch bei Patienten mit milder bis mittelgradiger Niereninsuffizienz [8] nachweisen.

Eine weitere Studie untersuchte die Kombination aus dem Lenalidomid/Low-Dose-Dexamethason(Rd)-Schema der FIRST-Studie mit dem Bortezomib/Melphalan/Prednison(VMP)-Schema, welches in Europa derzeit als Standardbehandlung bei nichttransplantationsgeeigneten Patienten gilt [9]. Die Studie schloss 242 Patienten ein, die entweder beide Schemata sequenziell (9 Zyklen VMP gefolgt von 9 Zyklen Rd) oder in einem alternierenden Schema (abwechselnd ein Zyklus VMP, ein Zyklus Rd – bis zu 18 Zyklen) erhielten. Es zeigten sich hohe Raten an stringenter CR (sCR) und CR (38 % im alternierenden und 51 % im sequenziellen Arm). Das Gesamtüberleben nach 3 Jahren war mit 67 % und 68 % gleich gut. Auch bei den Patienten, die 18 Zyklen komplettiert hatten, zeigte sich kein Unterschied im Gesamtüberleben (95 % vs. 91 %) (Abb.2), sodass beide Optionen bei Patienten, die nicht für eine Transplantation geeignet sind, zu Verfügung stehen.

Abb. 2: Progressionsfreies und Gesamtüberleben unter einem sequenziellen und alternierenden Schema mit VMP und Rd bei Patienten, die 18 Zyklen komplettiert hatten (modifiziert nach Mateos MV et al. Session: 653. Myeloma: Therapy, excluding Transplantation: First Line Treatments, ASH 2014, San Francisco, abstract 178 [9]).

Fazit

Lenalidomid/Dexamethason (Rd) als Dauertherapie ist zwar in Deutschland noch nicht für die Erstlinie zugelassen, aber eine sehr gute rein orale Alternative zu MPT. MPR scheint die Prognose hingegen nicht weiter zu verbessern.

Rezidiv – Kombinationen aus IMiDs, Proteasomenhemmern und Antikörpern

Nachdem sich eine Kombination aus Proteasomenhemmern und immunmodulierenden Substanzen (IMiDs) bereits früher und, wie oben erwähnt, in der Erstlinie bewährt hat, hält dieses Konzept nun auch in der Rezidivsituation Einzug. In einer Studie der Mayo Clinic wurden 50 Patienten mit 1 bis 4 vorherigen Therapielinien, die auf Lenalidomid resistent oder refraktär gewesen waren, mit Bortezomib/Pomalidomid/Dexamethason (PVD) behandelt [10]. Von der Gesamtgruppe waren 42 Patienten auswertbar und es zeigte sich ein Ansprechen mit PR oder besser von 81 %. Selbst unter Hochrisikopatienten war die Ansprechrate ähnlich hoch (82 %). Das mediane PFS lag bei 18 Monaten, was in dieser Patientengruppe recht beeindruckend ist.

Auch die nächste Generation der Proteasomenhemmer – namentlich Carfilzomib – wurde mit einem IMiD (hier Lenalidomid) im Rezidiv-Setting kombiniert (ASPIRE-Studie) [11]. Patienten, die 1 bis 3 Vortherapien erhalten hatten, wurden randomisiert und erhielten entweder Carfilzomib/Lenalidomid/Dexamethason (KRd) oder Lenalidomid/Dexamethason (Rd) allein. Dabei wurde Carfilzomib mit Andauern der Therapie in der Anzahl der Gaben reduziert und ab dem 18. Zyklus nicht weiter gegeben. Das mediane PFS für die Therapie mit Carfilzomib bei der Interimanalyse war mit 26 Monaten signifikant länger als ohne (18 Monate) (Abb.3). Das Gesamtüberleben wurde bei beiden Studienarmen bis zur Interimanalyse nicht erreicht. Insbesondere die Tiefe der Remission nach Carfilzomib/Lenalidomid/Dexamethason war beeindruckend hoch. So erreichten 70 % versus 41 % eine VGPR oder besser. Die Toxizität dieser recht aggressiven Therapie unterschied sich in beiden Studienarmen nicht signifikant.

„Durch die Kombination aus IMiD und Proteasomenhemmern haben sich auch im Rezidiv die Ergebnisse für die Patienten weiter verbessert. Da dies aber weiterhin nicht zur Heilung des Myeloms führt, muss in weiteren Studien untersucht werden, ob die Kumulation von verschiedenen Substanzen in früheren Krankheitsphasen weitere Optionen im Krankheitsverlauf reduziert.“ PD Dr. Jens Hillengaß

Abb. 3: Das mediane progressionsfreie Überleben bei therapierefraktären Patienten war unter einer Therapie mit KRd signifikant länger als unter Rd (modifiziert nach Stewart AK et al. Session: 653. Myeloma: Therapy, excluding Transplantation II, ASH 2014, San Francisco, abstract 79 [11]).

Die Behandlung des Multiplen Myeloms mit Antikörpern nimmt einen zunehmenden Stellenwert ein. In einer Phase-I/IIb-Studie erfolgte die Therapie mit Lenalidomid/Low-Dose-Dexamethason und Elotuzumab, einem Antikörper gegen CS1, der über eine Aktivierung von NK-Zellen wirkt [12]. Es zeigten sich bei Patienten mit ≥ 1 Vortherapien eine CR-/sCR-Rate von 14 % und eine VGPR-Rate von 43 %. Das PFS lag bei 33 Monaten.

Aufgrund der Vielzahl von Medikamenten, die zur Behandlung des Multiplen Myeloms zur Verfügung stehen, wird die zweite progressionsfreie Zeit – das sogenannte PFS 2 – nach dem 1. Rezidiv und der Behandlung mit einer Zweitlinientherapie zunehmend interessant, da diese einen Hinweis auf die beste Reihenfolge gibt, in der die betreffenden Therapien eingesetzt werden können. Diese PFS 2 wurde jetzt in einer Analyse der GIMEMA-MMY-3006-Studie untersucht [13].

Es zeigte sich, dass eine Erstlinieninduktionstherapie vor einer autologen Blutstammzelltransplantation (ASCT) und einer Konsolidierungstherapie mit Bortezomib/Thalidomid/Dexamethason (VTD), die bereits in der Analyse des PFS 1 gegenüber Thalidomid/Dexamethason (TD) allein überlegen gewesen war, auch für das PFS 2 von Vorteil war. Die Befürchtung, dass der Einsatz von Bortezomib in der Erstlinie zu einer Resistenz im weiteren Verlauf führt, wurde damit nicht bestätigt.

Fazit

Die von der "Myelom-Community" sehnsüchtig erwarteten Phase-III-Daten der monoklonalen Antikörper sind noch nicht vorhanden. Die Ergebnisse der frühen Phase-I/II-Studien sind allerdings weiterhin vielversprechend. Es konnte gezeigt werden, dass auch im Rezidiv bei geeigneten Patienten Kombinationstherapien zu hohen Remissionsraten und entsprechenden Überlebenszeiten führen.

Die Verbesserung der Behandlung des Multiplen Myeloms schreitet somit weiter voran. Vor allem die Kombination aus Medikamenten verschiedener Substanzklassen ist vorteilhaft. Dennoch hat bei geeigneten Patienten die Hochdosischemotherapie mit nachfolgender autologer Blutstammzelltransplantation (ASCT) ihren Platz im Behandlungsplan verteidigt. Erfreulich ist, dass neben den monoklonalen Antikörpern auch weitere Substanzklassen bereits in frühen Phase-Studien getestet werden.

Literatur

  1. Cavo M et al. Superior Efficacy of VTD over VCD As Induction Therapy for Autotransplantation-Eligible, Newly Diagnosed, Myeloma Patients. Presented at Session: 731. Clinical Autologous Transplantation: Results: Clinical Results in Plasma Cell Dyscrasias 2, ASH 2014, San Francisco, abstract 197
  2. Gay F et al. Impact of Autologous Transplantation Vs. Chemotherapy Plus Lenalidomide in Newly Diagnosed Myeloma According to Patient Prognosis: Results of a Pooled Analysis of 2 Phase III Trials. Presented at Session: 731. Clinical Autologous Transplantation: Results: Clinical Results in Plasma Cell Dyscrasias 2, ASH 2014, San Francisco, abstract 198
  3. Silvennoinen R et al. A Randomized Comparison of Low-Dose Cyclophosphamide + G-CSF Versus G-CSF Alone Mobilization after Lenalidomide-Bortezomib-Dexamethasone (RVD) Induction in Multiple Myeloma.Presented at Session: 711. Cell Collection and Processing: Answering Clinical Issues, ASH 2014, San Francisco, abstract 847
  4. Knop S et al. Autologous Followed By Allogeneic Versus Tandem-Autologous Stem Cell Transplant in Newly Diagnosed FISH-del13q Myeloma. Presented at Session: 732. Clinical Allogeneic Transplantation: Results: Focus on Myeloma and Cord Blood, ASH 2014, San Francisco, abstract 48
  5. Zweegman S et al. Randomized Phase III Trial in Non-Transplant Eligible Patients with Newly Diagnosed Symptomatic Multiple Myeloma Comparing Melphalan-Prednisone-Thalidomide Followed By Thalidomide Maintenance (MPT-T) Versus Melphalan-Prednisone-Lenalidomide Followed By Maintenance with Lenalidomide (MPR-R); A Joint Study of the Dutch-Belgian Cooperative Trial Group for Hematology Oncology (HOVON) and the Nordic Myeloma Study Group (NMSG). Presented at Session: 653. Myeloma: Therapy, excluding Transplantation: First Line Treatments, ASH 2014, San Francisco, abstract 179
  6. Hulin C et al. Effect of Age on Efficacy and Safety Outcomes in Patients (Pts) with Newly Diagnosed Multiple Myeloma (NDMM) Receiving Lenalidomide and Low-Dose Dexamethasone (Rd): The First Trial. Presented at Session: 653. Myeloma: Therapy, excluding Transplantation II, ASH 2014, San Francisco, abstract 81
  7. Bahlis NJ et al. Impact of Response Quality on Survival Outcomes in Transplant-Ineligible Newly Diagnosed Multiple Myeloma (NDMM) Patients (Pts): Results from the First Trial. Presented at Session: 653. Myeloma: Therapy, excluding Transplantation: Poster II, ASH 2014, San Francisco, abstract 3458
  8. Dimopoulos MA et al.     Impact of Renal Impairment (RI) on Outcomes after Treatment (Tx) with Lenalidomide and Low-Dose Dexamethasone (Rd) in Newly Diagnosed Multiple Myeloma (NDMM) Patients (Pts): First Trial Results. Presented at Session: 653. Myeloma: Therapy, excluding Transplantation: Poster I, ASH 2014, San Francisco, abstract 2112
  9. Mateos MV et al. Comparison of Sequential Vs Alternating Administration of Bortezomib, Melphalan, Prednisone (VMP) and Lenalidomide Plus Dexamethasone (Rd) in Elderly Pts with Newly Diagnosed Multiple Myeloma (MM) Patients: GEM2010MAS65 Trial. Presented at Session: 653. Myeloma: Therapy, excluding Transplantation: First Line Treatments, ASH 2014, San Francisco, abstract 178
  10. Lacy MQ et al. Pomalidomide, Bortezomib and Dexamethasone (PVD) for Patients with Relapsed Lenalidomide Refractory Multiple Myeloma (MM). Presented at Session: 653. Myeloma: Therapy, excluding Transplantation: Treatments For Relapsed/Refractory Disease; AL Amyloidosis, ASH 2014, San Francisco, abstract 304
  11. Stewart AK et al. Carfilzomib, Lenalidomide, and Dexamethasone vs Lenalidomide and Dexamethasone in Patients (Pts) with Relapsed Multiple Myeloma: Interim Results from ASPIRE, a Randomized, Open-Label, Multicenter Phase 3 Study. Presented at Session: 653. Myeloma: Therapy, excluding Transplantation II, ASH 2014, San Francisco, abstract 79
  12. Richardson PG et al. Final Results for the 1703 Phase 1b/2 Study of Elotuzumab in Combination with Lenalidomide and Dexamethasone in Patients with Relapsed/Refractory Multiple Myeloma.Presented at Session: 653. Myeloma: Therapy, excluding Transplantation: Treatments For Relapsed/Refractory Disease; AL Amyloidosis, ASH 2014, San Francisco, abstract 302
  13. Tacchetti P et al. Superior PFS2 with VTD Vs TD for Newly Diagnosed, Transplant Eligible, Multiple Myeloma (MM) Patients: Updated Analysis of Gimema MMY-3006 Study. Presented at Session: 731. Clinical Autologous Transplantation: Results: Clinical Results in Plasma Cell Dyscrasias 2, ASH 2014, San Francisco, abstract 196

Myelodysplastische Syndrome und akute myeloische Leukämien – gibt es neue therapeutische Möglichkeiten?

Dr. med. Thomas Schroeder, Universitätsklinikum Düsseldorf

In den vergangenen Jahren ist die molekulare Charakterisierung der myelodysplastischen Syndrome (MDS) und akuten myeloischen Leukämien (AML) weit vorangeschritten. Dieses bessere Verständnis der Pathophysiologie der myeloischen Neoplasien scheint – so die Essenz der auf der diesjährigen ASH-Jahrestagung vorgestellten Beiträge – möglicherweise zu neuen zielgerichteten Therapieansätzen zu führen.
Dabei befinden sich Substanzen wie Arsentrioxid zur Erstlinienbehandlung der akuten Promyelozytenleukämie (APL) bereits in der Anwendung bzw. in fortgeschrittener klinischer Prüfung. Letzteres gilt auch für Azacitidin. Hier wurden in mehreren Beiträgen die Ergebnisse einer randomisierten Studie zur Behandlung älterer AML-Patienten vorgestellt.

Erste sehr vielversprechende Ergebnisse von frühen klinischen Phase-I/II-Studien wurden für den Isocitrat-Dehydrogenase-2 (IDH2)-Inhibitor AG-221 zur Behandlung von Patienten mit AML präsentiert.

Auch für MDS-Patienten lassen die auf dem ASH präsentierten Daten auf neue Therapieansätze hoffen. Vielversprechend ist das Medikament ACE-536, das zur Stimulation der Erythropoese bei Niedrigrisiko-MDS-Patienten eingesetzt wird. Hier könnte unter Umständen auch Lenalidomid eine Option sein. Für die Hochrisiko-MDS-Patienten zeigte sich, dass – anders als erhofft – die Kombination von Azacitidin und Lenalidomid bzw. Vorinostat im Vergleich zur Azacitidin-Monotherapie keinen Vorteil bringt.

Neuer Therapiestandard für Patienten mit Nicht-Hochrisiko-APL

Für Patienten mit AML gab es auf dem diesjährigen ASH zahlreiche Beiträge, die bereits kurz- bis mittelfristig zu Veränderungen im Therapiealgorithmus führen könnten.

So wurden die finalen Ergebnisse der italienisch-deutschen APL0406-Studie für Patienten mit Nicht-Hochrisiko-APL vorgestellt, in der die bisherige Standardtherapie, bestehend aus Chemotherapie und All-trans-Retinsäure (ATRA), mit der chemotherapiefreien Therapie mit ATRA und Arsentrioxid (ATO) verglichen wurde [1]. Die diesjährige Analyse umfasste insgesamt 254 Patienten und ist damit ein Update der bereits vor 2 Jahren auf dem ASH präsentierten und mittlerweile publizierten Daten der ersten 162 Patienten [2]. Die neuen Daten bestätigten, dass die Kombination ATRA-ATO auch bei längerem Follow-Up (Median 36 Monate) der Chemotherapie-basierten Therapie hinsichtlich des primären Endpunktes „ereignisfreies Überleben (EFS)“ überlegen ist (2-Jahres-EFS 98 % vs. 84,9 %; p = 0,0002) (Abb. 1). Dies basiert vor allem auf einer höheren Rezidivinzidenz im Chemotherapiearm (9,4 % vs. 1,1 %; p = 0,005) und dem daraus resultierenden kürzeren krankheitsfreien Überleben. Ebenso war das Gesamtüberleben im ATRA-ATO-Arm signifikant länger (99,1 % vs. 94,4 %; p = 0,01). Auch hinsichtlich der Hämatotoxizität war die ATRA-ATO-Kombination besser. Daher ist die Schlussfolgerung der Autoren gerechtfertigt, dass sich ATRA-ATO als Standardtherapie für die Nicht-Hochrisiko-APL etablieren dürfte.

Abb. 1: Ereignisfreies Überleben (EFS). ATRA + ATO vs. ATRA + Chemotherapie bei Patienten mit Nicht-Hochrisiko-APL (APL = akute Promyelozytenleukämie) (modifiziert nach Platzbecker et al. [1])
ATRA = All-trans-Retinsäure; ATO = Arsentrioxid

Isocitrat-Dehydrogenase (IDH)-Inhibition als neues Therapieprinzip

Mit den ersten klinischen Studien und präklinischen Testungen zu den IDH-Inhibitoren AG-221 [3, 4] und AG-120 [5] eröffnet sich für eine Subgruppe von Patienten mit myeloischen Neoplasien möglicherweise ein völlig neuer, vielversprechender Ansatz für eine zielgerichtete Therapie.

Die Enzyme IDH1 und IDH2 sind physiologischerweise Bestandteil des Krebszyklus und vermitteln die oxidative Decarboxylierung von Isocitrat zu alpha-Ketoglutarat. „Gain-of function“-Mutationen finden sich bei ca. 10 %–30 % der AML- und bei ca. 10 % der MDS-Patienten und führen zu einer veränderten Enzymfunktion. Hierdurch kommt es zu einer Akkumulation des „Onkometaboliten“ 2-Hydroxyglutarat, welches wiederum eine Hemmung des Enzyms ten-eleven translocation 2 (TET2) und damit eine gesteigerte DNA-Methylierung bewirkt. Dies führt zu einer Blockade der Zelldifferenzierung und stellt einen wesentlichen Pathomechanismus bei den IDH-mutierten myeloischen Neoplasien dar (Abb. 2).

Abb. 2: Wirkprinzip der Isocitrat-Dehydrogenase (IDH)-Inhibition
TET2 = ten-eleven translocation 2

Auf dem diesjährigen ASH wurden nun die ersten Ergebnisse einer Phase-I-Studie präsentiert, welche Sicherheit, Pharmakokinetik, Pharmakodynamik und Wirksamkeit des ersten oralen IDH2-Inhibitors AG-221 bei Patienten mit IDH2-mutierten myeloischen Neoplasien untersuchte [6]. Aktuell sind 73 Patienten mit einem medianen Alter von 67 Jahren eingeschlossen worden, von denen der Großteil an einer meist rezidivierten bzw. refraktären AML (n = 62) und die anderen 11 Patienten an einem MDS oder einer CMML litten. In dieser prognostisch sehr ungünstigen, vorbehandelten Patientengruppe war das Ansprechen auf eine orale Monotherapie bemerkenswert: Die Gesamtansprechrate der 45 bisher auswertbaren Patienten betrug 56 %. Hiervon erreichten 6 Patienten eine komplette Remission (CR) sowie weitere 9 Patienten eine CR mit nicht-vollständiger hämatopoetischer Erholung. Weitere 10 Patienten erreichten eine partielle Remission, wobei diese zu einer Erholung der peripheren Blutwerte infolge der  Differenzierungsinduktion durch AG-221 führten. Letztere ist auch Ursache für vereinzelt auftretende Hyperleukozytosen, welche zusammen mit Blutungs- und Infektionsereignissen sowie gastrointestinalen Beschwerden die häufigsten, meist nicht schwer ausgeprägten Nebenwirkungen darstellen.

Zusammengefasst wecken die Ergebnisse dieses neuen Therapieprinzips die Hoffnung, dass in näherer Zukunft für die Patientengruppe mit IDH-Mutationen eine gut verträgliche, wirksame orale Monotherapie zur Verfügung stehen könnte.

Azacitidin als Therapieoption für Subgruppen älterer AML-Patienten

Azactidin ist aktuell für die Behandlung von fortgeschrittenen MDS sowie für die AML mit maximal 30 % Blasten zugelassen. In der randomisierten AZA-AML-001-Studie, deren Ergebnisse auf der letzten EHA-Tagung vorgestellt worden waren, wurde bei 488 älteren AML-Patienten (> 65 Jahre) mit > 30 % Knochenmarkblasten eine Behandlung mit Azacitidin mit konventionellen Therapien (best supportive care, low-dose-AraC, intensive Chemotherapie) verglichen. Während in der Gesamtstudie das primäre Studienendziel bisher nicht erreicht wurde, erfolgten nun 2 Subgruppenanalysen.

Die erste Analyse betrachtete die Ergebnisse fokussiert auf die 158 Patienten (33 %), die eine „AML with MDS-related changes“ gemäß WHO-Klasssifikation aufwiesen [7]. Hierbei zeigte sich, dass Azacitidin (12,7 Monate; 95 % KI: 7,2–14,1) verglichen mit konventionellen Therapien (6,3 Monate; 95 % KI: 4,3–9,6) zu einer Verdopplung des medianen Überlebens führte (HR = 0,69; 95 % KI: 0,48–0,98, p = 0,0357). Auch das 1-Jahres-Überleben war in der Azacitidin-Gruppe höher als in der Gruppe mit konventionellen Therapien, auch wenn nur Patienten berücksichtigt wurden, die low-dose AraC erhielten. Interessanterweise unterschieden sich die Ansprechraten zwischen den beiden Studienarmen nicht. Die Therapie mit Azacitidin führte jeweils bei einem Drittel zur Transfusionsfreiheit für Erythrozytenkonzentrate und Blutplättchen.

Die zweite Subgruppenanalyse betrachtete die Ergebnisse der Studie gemäß der verschiedenen zytogenetischen Risikogruppen [8]. Hierbei zeigte sich, dass Azacitidin bei Patienten mit Hochrisikozytogenetik zu einer Verdopplung des medianen Überlebens verglichen mit den konventionellen Therapieformen führte (6,4 Monate vs. 3,2 Monate; p = 0,019). Somit scheint Azacitidin neben den Patienten mit „AML with MDS-related changes“ insbesondere für AML-Patienten mit Hochrisikozytogenetik eine sinnvolle Behandlungsoption zu sein.

„Für verschiedene AML- und einzelne MDS-Subgruppen sind neue, teils zielgerichtete Therapien möglicherweise in naher Zukunft verfügbar.“ Dr. Thomas Schroeder

Fazit

  • Für die Nicht-Hochrisiko-APL etabliert sich ATRA-ATO als neue Standardtherapie.
  • Die Daten für den IDH-Inhibitor AG-221 als Therapieoption für Patienten mit IDH-mutierten myeloischen Neoplasien sind vielversprechend.
  • Azacitidin ist für ältere Patienten mit „AML with MDS related changes“ und/oder Hochrisikozytogenetik eine relevante Alternative zu den konventionellen Optionen.

MDS – gibt es denn hier auch Neues?

Für die Niedrigrisiko-Patienten kann man diese Frage mit „ja“ beantworten, denn hier scheint sich ein neuer Therapieansatz abzuzeichnen. Im Mittelpunkt zweier Beiträge standen transfusionsbedürftige Patienten mit Niedrigrisiko-MDS, die auf eine Standardtherapie mit Erythropoetin (EPO) nicht ansprachen bzw. einen hohen endogenen EPO-Spiegel aufwiesen. Als neue Substanz wurde hier von der Deutschen MDS-Studiengruppe die Substanz Luspatercept (ACE-536) untersucht [9]. Diese Substanz ist ein Fusionsprotein, bestehend aus der Rezeptordomäne des Activin-Rezeptor IIb und einem Fc-Teil des humanen IgG und bindet Liganden der TGF-beta-Superfamilie wie GDF-11. Rationale dieses „Ligand-trapping-Approaches“ ist ein gesteigertes Vorkommen der Liganden im MDS-Knochenmark, was inhibierend auf die Erythropoese wirkt. Bisher sind 26 Patienten mit meist hohem Transfusionsbedarf in diese einarmige Phase-II-Dosisfindungsstudie eingeschlossen worden und erhielten das Medikament alle 3 Wochen subkutan appliziert. Die bisherigen Ergebnisse zeigen bei einer guten Verträglichkeit eine dosisabhängige Wirkung, die bei 80 % der Patienten zu einem relevanten Hb-Anstieg mit Rückgang der Transfusionsbedürftigkeit bis hin zur Transfusionsfreiheit (25 %) führte.

Auch die zweite Studie untersuchte transfusionsbedürftige Niedrigrisiko-MDS-Patienten ohne del5q, die nicht auf EPO ansprachen [10]. Diese 239 Patienten erhielten placebokontrolliert Lenalidomid 10 mg/Tag. Damit erreichten 26,9 % das primäre Studienendziel „Transfusionsfreiheit > 56 Tage“ (mediane Transfusionsfreiheit 8 Monate). Weder die Leukämierate noch die Rate an Thrombosen waren im Verumarm höher, jedoch zeigten sich relevante Raten an Grad-3- oder Grad-4-Neutro- und Thrombopenien. Dies stellt daher den Erfolg der Erythrozytentransfusionsfreiheit in Frage.

„Für Patienten mit Niedrigrisiko-MDS stellt Luspatercept den einzigen wesentlich neuen und vielversprechenden Therapieansatz dar.“ Dr. Thomas Schroeder

Für Patienten mit Hochrisiko-MDS ist die Frage nach neuen Entwicklungen leider mit “nein“ zu beantworten. Basierend auf nicht-randomisierten Studien gab es die Hoffnung, dass eine Kombinationstherapie aus Azacitidin und Lenalidomid oder mit dem HDAC-Inhibitor Vorinostat zu einem besseren Ansprechen und Überleben führt. Dieser Hypothese ging eine Phase-II-Studie der North American Intergroup Study SWOG 1117 nach, in welcher 282 Patienten mit fortgeschrittenem MDS oder CMML mit Azacitidin oder Azacitidin in Kombination mit Lenalidomid oder mit Vorinostat behandelt wurden [11]. Anders als erwartet verfehlte die Studie jedoch ihr primäres Endziel, da – wie Tabelle 1 und Abbildung 3 zeigen – die Kombinationstherapien hinsichtlich der Ansprechraten und des rezidivfreien Überlebens der Monotherapie nicht überlegen waren. Insbesondere im Lenalidomid-Arm traten sogar vermehrt gastrointestinale und kutane Nebenwirkungen auf.

Tab. 1: Ansprechraten im Standardarm Azacitidin im Vergleich zu den beiden Prüfarmen Azacitidin/Lenalidomid sowie Azacitidin/Vorinostat [11]
Abb. 3: Rezidivfreies Überleben im Standardarm Azacitidin im Vergleich zu den beiden Prüfarmen Azacitidin/Lenalidomid sowie Azacitidin/Vorinostat
(modifiziert nach Sekeres et al. [11])

Die Azacitidin-Monotherapie bleibt vorerst der Standard für Patienten mit Hochrisiko-MDS. Dr. Thomas Schroeder

Fazit

  • Für Niedrigrisiko-Patienten mit Transfusionsbedarf stellt Luspatercept einen pathophysiologisch sinnvollen Therapieansatz dar.
  • Bei Hochrisiko-MDS-Patienten ist die Kombinationstherapie bestehend aus Azacitidin und Lenalidomid oder Vorinostat der Azacitidin-Monotherapie nicht überlegen.

Literatur

  1. Platzbecker U, Avvisati G, Ehninger G et al. Improved Outcome with ATRA-Arsenic Trioxide Compared to ATRA-Chemotherapy in Non-High Risk Acute Promyelocytic Leukemia – Updated Results of the Italian-German APL0406 Trial on the Extended Final Series. Blood 2014; 124: Abstract 12.
  2. Lo-Coco F, Avvisati G, Vignetti M et al. Retinoic acid and arsenic trioxide for acute promyelocytic leukemia. N Engl J Med 2013; 369: 111-121.
  3. Shih AH, Shank KR, Meydan C et al. AG-221, a Small Molecule Mutant IDH2 Inhibitor, Remodels the Epigenetic State of IDH2-Mutant Cells and Induces Alterations in Self-Renewal/Differentiation in IDH2-Mutant AML Model in Vivo. Blood 2014; 124: Abstract 437.
  4. Fan B, Chen Y, Wang F et al. Evaluation of Pharmacokinetic-Pharmacodynamic (PKPD) Relationship of an Oral, Selective, First-in-Class, Potent IDH2 Inhibitor, AG-221, from a Phase 1 Trial in Patients with Advanced IDH2 Mutant Positive Hematologic Malignancies. Blood 2014; 124: Abstract 3737.
  5. Hansen E, Quivoron C, Straley K et al. AG-120, an Oral, Selective, First-in-Class, Potent Inhibitor of Mutant IDH1, Reduces Intracellular 2HG and Induces Cellular Differentiation in TF-1 R132H Cells and Primary Human IDH1 Mutant AML Patient Samples Treated Ex Vivo. Blood 2014; 124: Abstract 3734.
  6. Stein EM, Altman JK, Collins R et al. AG-221, an Oral, Selective, First-in-Class, Potent Inhibitor of the IDH2 Mutant Metabolic Enzyme, Induces Durable Remissions in a Phase I Study in Patients with IDH2 Mutation Positive Advanced Hematologic Malignancies. Blood 2014; 124: Abstract 115.
  7. Seymour JF, Döhner H, Butrym A et al. Azacitidine (AZA) Versus Conventional Care Regimens (CCR) in Older Patients with Newly Diagnosed Acute Myeloid Leukemia (>30% Bone Marrow Blasts) with Morphologic Dysplastic Changes: A Subgroup Analysis of the AZA-AML-001 Trial. Blood 2014; 124: Abstract 10.
  8. Döhner H, Seymour JF, Butrym A et al. Overall Survival in Older Patients with Newly Diagnosed Acute Myeloid Leukemia (AML) with >30% Bone Marrow Blasts Treated with Azacitidine By Cytogenetic Risk Status: Results of the AZA-AML-001 Study. Blood 2014; 124: Abstract 621.
  9. Platzbecker U, Germing U, Giagounidis A et al. ACE-536 Increases Hemoglobin and Reduces Transfusion Burden in Patients with Low or Intermediate-1 Risk Myelodysplastic Syndromes (MDS): Preliminary Results from a Phase 2 Study. Blood 2014; 124: Abstract 411.
  10. Santini V, Almeida A, Giagounidis A et al. Efficacy and Safety of Lenalidomide (LEN) Versus Placebo (PBO) in RBC-Transfusion Dependent (TD) Patients (Pts) with IPSS Low/Intermediate (Int-1)-Risk Myelodysplastic Syndromes (MDS) without Del(5q) and Unresponsive or Refractory to Erythropoiesis-Stimulating Agents (ESAs): Results from a Randomized Phase 3 Study (CC-5013-MDS-005). Blood 2014; 124: Abstract 409.
  11. Sekeres MA, Othus M, List AF et al. A Randomized Phase II Study of Azacitidine Combined with Lenalidomide or with Vorinostat Vs. Azacitidine Monotherapy in Higher-Risk Myelodysplastic Syndromes (MDS) and Chronic Myelomonocytic Leukemia (CMML): North American Intergroup Study SWOG S1117. Blood 2014; 124: Abstract LBA-5.

Lymphome – neue Wirkstoffe und Kombinationstherapien lassen hoffen

Priv.-Doz. Dr. med. Georg Heß, Universitätsmedizin Mainz

Insgesamt wurden auf dem diesjährigen ASH-Kongress viele Daten zu neuen Therapieansätzen bei den Non-Hodgkin-Lymphomen (NHL) präsentiert, einen richtungsweisenden Durchbruch wie immer wieder in den vergangenen Jahren gab es  jedoch nicht. Neben konsolidierenden Daten standen insbesondere Untersuchungen zur Entwicklung von Kombinationen alter und neuer Ansätze im Vordergrund. Im Gegensatz dazu wurde aber für den Morbus Hodgkin (MH) ein neues Therapieprinzip vorgestellt, das hoffen lässt.

Was war neu?

Nach dem breiten Einsatz sogenannter Immun-Checkpoint-Regulatoren bei einer Vielzahl von soliden Tumoren finden diese Verfahren jetzt auch Einzug in denm Bereich der hämatologischen Tumoren. Hierbei handelt es sich um Substanzen, welche auf die T-Zell-Aktivierung Einfluss nehmen und somit tumorspezifische Immunreaktionen fördern können. Auf dem ASH-Meeting wurden jetzt erstmals Informationen zur Wirksamkeit von Immun-Checkpoint-Regulatoren als Monotherapie bei den NHL und beim Morbus Hodgkin (siehe unten) vorgestellt. Gerade die Möglichkeit, Checkpoint-Regulatoren mit etablierten Therapieprinzipien zu kombinieren, macht diesen Ansatz konzeptionell sehr spannend.

Im Rahmen der Studie zur Wirksamkeit bei NHL stellte Alexander Lesokhin vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York jetzt die Ergebnisse einer Phase-I-Studie mit dem Antikörper Nivolumab vor [1]. Dabei handelt es sich um einen humanen IgG4-anti-PD-1-Rezeptor-Antikörper, der zu einer Steigerung der T-Zell-Aktivität führt. Eingeschlossen wurden in die Studie stark vorbehandelte Patienten mit einer Reihe unterschiedlicher NHL: CLL, B-NHL, T-NHL und MM. Die Behandlung bestand aus Gaben der Substanz alle 2 Wochen in einer Dosis zwischen 1 mg und 3 mg/kgKG. Die Gesamtansprechrate bei den B-NHL lag bei 28 % mit Unterschieden in den verschiedenen Entitäten: Diffus großzelliges Lymphom (DLBCL) 36 %, follikuläres Lymphom (FL) 40 %, peripheres T-Zell-Lymphom (PTLC) 17%. Beim Multiplen Myelom (MM) zeigte sich gar kein Ansprechen. Schwere Nebenwirkungen der Therapie waren Pneumonitiden, ARDS, Dermatitis, Doppelbilder, Enteritis, Mucositis und Sepsis.

Fazit

Das volle Potenzial dieser neuen Therapieform bei den NHL ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sicher abzuschätzen. Die Ergebnisse weiterer aktueller Phase-II-Studien zu Nivolumab bei den DLBCL und FL werden hier wegweisend sein. Für die Entwicklung neuer Kombinationstherapien sollte dieser therapeutische Ansatz jedoch mitbedacht werden.

DLBCL

Wechsel auf aggressiveres Schema bei positivem Interim-PET bringt keinen Vorteil

Die Bestimmung des therapeutischen Ansprechens für Patienten mit aggressivem Lymphom während des Therapieverlaufs mittels PET-Diagnostik kann als prädiktiv für das Gesamtansprechen angenommen werden. In der großen multizentrischen PETAL-Studie sollte geprüft werden, ob ein Wechsel des Therapieregimes im Falle eines positiven Interim-PET (iPET) mit einem verbesserten Ansprechen und Überleben einhergeht [2]. In die Studie wurden Patienten zwischen 18 und 80 Jahren eingeschlossen, und nach 2 Zyklen einer R-CHOP-Therapie wurde eine PET-Untersuchung durchgeführt. PET-negative Patienten erhielten weitere 4 Zyklen R-CHOP und 2 Zyklen Rituximab oder keine konsolidierende AK-Gabe. PET-positive Patienten erhielten entweder R-CHOP oder das B-ALL-Protokoll in altersadaptierter Form über je 6 Zyklen. 926 Patienten wurden eingeschlossen (80 % DLBCL, 8 % FL Grad 3, T-NHL 9 % u. a.). Das iPET zeigte ein zuvor definiertes günstiges Profil bei 746 Patienten (87 %), was auch mit einem günstigen Überleben assoziiert war: 79 %  2-Jahres-PFS vs. 47 % bei PET-ungünstigen Patienten. Auch beim Gesamtüberleben fand sich mit einer Hazard-Ratio von 3,4 ein deutlicher prädiktiver Wert. Bei der Weiterbehandlung zeigte sich weder ein Vorteil für die Gabe einer konsolidierenden Rituximab-Gabe bei den Patienten, die PET-negativ waren, noch ein Vorteil eines Wechsels zu einem intensiveren Therapieregime bei den Patienten, die PET-positiv waren. Zusätzlich zeigte sich eine deutlich höhere Toxizität des B-ALL-Therapieverfahrens in diesem therapeutischen Kontext.

Fazit

In Zusammenschau dieser Ergebnisse zeigt sich, dass es gerade für Patienten mit höherem Risiko einer weiteren Optimierung der therapeutischen Optionen bedarf. Der Wechsel auf ein intensiveres Protokoll im Therapieverlauf erscheint jedoch hierfür nicht geeignet. Auch der fehlende Effekt einer weiteren konsolidierenden Gabe von Rituximab nach Abschluss der Chemotherapie lässt die Ergebnisse der aktuell laufenden OPTIMAL-Studie mit einem optimierten Dosierungsschema besonders interessant werden.

„Die Ergebnisse der PETAL-Studie, in der Patienten mit einem positiven Interim-PET von CHOP auf das B-ALL-Protokoll wechselten, zeigten keinen Vorteil für diese Strategie. Die häufig genutzte Praxis, das intensive Therapieverfahren bei Hochrisikopatienten einzusetzen, muss kritisch überdacht werden.“ PD Dr. Georg Heß

Risikoscore kann Hochrisikopatienten für ZNS-Befall identifizieren

Die Deutsche Studiengruppe für Hochmaligne Lymphome (DSHNL) hatte im vergangenen Jahr einen neuen Algorithmus zur Bestimmung des individuellen Risikos für einen Befall des ZNS bei Diagnose eines aggressiven Lymphoms gestellt. Dieser bestand aus folgenden Parametern:

  • Alter > 60 Jahre,
  • LDH > N,
  • Stadium 3 oder 4,
  • extranodale Läsionen > 1 und
  • Nieren oder Nebennierenbefall.

Besonders interessant war hierbei die Möglichkeit, das diagnostische Verfahren und die prophylaktische Therapie über diesen Ansatz zu steuern. Bei Patienten mit niedrigem Risiko (0–1 Faktoren) kann auf eine weitere diagnostische Abklärung verzichtet werden, auch eine Prophylaxe ist nicht notwendig. Patienten mit intermediärem Risiko (2–3 Faktoren) sollten einer diagnostischen Liquorpunktion und einem MRT zugeführt werden, aber nur bei positivem Nachweis eine ZNS-Prophylaxe erhalten. Patienten mit hohem Risiko (> 3 Faktoren) sollten immer eine Behandlung erhalten. Zahlreiche klinisch anwendbare Methoden waren bisher publiziert worden, häufig ließen sich diese jedoch an anderen Datensätzen nicht validieren. In der jetzt von Kerry Savage von der University of British Columbia in Vancouver vorgestellten Untersuchung wurden die Ergebnisse anhand der Datenbank der British Columbia Cancer Agency (BCCA) erneut validiert [3]. Hierfür wurden die Daten von 1.597 Patienten ausgewertet. Es fand sich eine praktisch vollständige Reproduzierbarkeit der Risikofaktoren (mit ECOG) und der damit verbundenen Ereigniswahrscheinlichkeiten (Abb. 1).

Fazit

Für die Praxis bedeutet dies, dass wahrscheinlich künftig das Staging hinsichtlich eines ZNS-Befalls bei Patienten mit neu diagnostiziertem DLBCL entsprechend der definierten Vorgaben sicher durchgeführt werden kann. Die optimale Durchführung einer Prophylaxe ist noch nicht definiert, wobei die intravenöse Applikation von Methotrexat ein sehr attraktives Konzept darstellt.

Abb. 1: Abhängig vom Risikoprofil (Low-Risk (0-1), intermediäres Risiko (2-3) und hohes Risiko (4-6)) steigt bei Patienten mit aggressiven B-Zell-Lymphomen das Risiko für einen ZNS-Befall (modifiziert nach Savage KJ et al. Presented at Session: 623. Lymphoma: Chemotherapy, excluding Pre-Clinical Models: Adjusting Induction Therapy in Large Cell Lymphoma, ASH 2014, San Francisco, abstract 394 [3]).

Aus der gleichen Arbeitsgruppe wurde ein weiterer Ansatz zur Risikoabschätzung einer ZNS-Beteiligung vorgestellt, der jedoch nicht auf klinischen, sondern molekulargenetischen Informationen beruht [4]. In der vorgestellten Analyse wurde der Stellenwert eines Nachweises von MYC, BCL2 und BCL6 untersucht. Nach Analyse von 447 Patienten fanden die Autoren eine prognostische Relevanz einer gleichzeitigen MYC- und BCL2-Proteinexpression auf das Risiko für einen ZNS-Befall. Auch diese Daten bedürfen einer Validierung – möglichst in prospektiven Studien – und können dann bei Bestätigung eine sinnvolle Ergänzung des oben genannten klinischen Ansatzes darstellen.

Neues zu Lenalidomid und Ofatumumab beim aggressiven Lymphom

Lenalidomid hat in verschiedenen Untersuchungen eine Wirksamkeit bei verschiedenen Lymphomentitäten gezeigt. Auch bei aggressiven Lymphomen fanden sich Ansprechraten zwischen 30 und 40 %. Czuczman und Kollegen untersuchten auf dieser Basis in einer randomisierten Phase-II/III-Studie die Effektivität einer Lenalidomidmonotherapie verglichen mit unterschiedlichen, aber vorgegebenen Monotherapien (Gemcitabin, Rituximab, Etoposid oder Oxaliplatin) [5]. Da bisher eine Wirksamkeit insbesondere für Patienten mit nicht-GCB-Lymphom gesehen worden war, erfolgte in der Studie auch eine Stratifikation nach dem „Cell of Origin“-Konzept. Hierfür wurde das umstrittene Hans-Klassifizierungsmodell genutzt. Sollte sich in der Phase-II–Studie eine ausreichende Evidenz für einen Wirksamkeitsvorteil von 15 % finden, würde die Phase III eröffnet. Insgesamt wurden 102 Patienten mit mindestens 2 Vortherapien eingeschlossen. Zusammenfassend fand sich weder in der Gesamtgruppe (Gesamtüberleben Lenalidomid 31 Wochen vs. andere Monotherapien 24,6 Wochen, p = 0,673) noch in den nach Hans klassifizierten Subgruppen (Gesamtüberleben Lenalidomid 30 Wochen vs. andere Monotherapien 24,9 Wochen, p = 0,526) ein signifikanter Vorteil für Lenalidomid. Lediglich in einer nachträglich durchgeführten, auf Genexpression basierenden Subgruppe fand sich ein – allerdings aufgrund der Fallzahl nicht signifikanter – Vorteil für Lenalidomid mit 108 Wochen Überleben gegenüber 18,6 Wochen in der Vergleichsgruppe. Eine Lenalidomidmonotherapie kann bei Patienten mit rezidiviertem DLBCL auf der Basis dieser Daten zum jetzigen Zeitpunkt nicht empfohlen werden.

Die heute verfügbaren anti-CD20-Antikörper binden an unterschiedliche Epitope und aktivieren in unterschiedlicher Weise Immuneffektormechanismen. Für Ofatumumab war eine Wirksamkeit bei Rituximab-refraktären Zelllinien nachgewiesen worden und auch bei Patienten mit follikulärem Lymphom fand sich ein Ansprechen nach dem Rituximab-Versagen. In einer auf dem ASH-Kongress aktuell vorgestellten Phase-III-Studie wurde auf Basis dieser Informationen untersucht, ob ein Wechsel des Antikörpers im Rezidiv bei DLBCL sinnvoll sein könnte [6]. Hierzu erhielten Patienten in einer randomisierten Studie im Rahmen der Salvagetherapie zu DHAP (Cisplatin, Cytarabin, Dexamethason) entweder Rituximab oder Ofatumumab in den jeweiligen Standarddosierungen. Insgesamt wurden 447 Patienten eingeschlossen und in die verschiedenen Arme randomisiert. Es bestätigten sich die Ergebnisse der CORAL-Studie, die ein niedriges progressionsfreies Überleben nach 2 Jahren für die Gesamtgruppe fand. Es zeigte sich jedoch kein Unterschied für die beiden Studienarme (PFS: R-DHAP 17 %, O-DHAP 14 %). Auch das Gesamtüberleben war nicht unterschiedlich (42 % vs. 38 %).

Fazit

Zusammenfassend kann man sagen, dass sich somit für den Therapieansatz mit Ofatumumab keine ausreichende Evidenz fand. In der Praxis haben Patienten von dieser Umstellung keinen Vorteil.

Molekularpathogenese – Ausblick auf neue künftige Therapieansätze

Primäre großzellige Lymphome (LBCL) des ZNS und des Hodens entstehen in immunprivilegierten Organen. Sie weisen ähnliche klinische und molekulare Charakteristika auf. Das Ziel der mit breiten molekularen Methoden durchgeführten Untersuchung von Forschern am Dana-Farber Cancer Institut war die Identifizierung potenzieller adressierbarer Signalwege mit zielgerichteten Substanzen [7]. Es zeigte sich, dass viele dieser Lymphome abhängig vom MYD88/NF-KappaB-Signalweg sind. Zusätzlich fanden sich p53-Mutationen, Dysregulationen des Zellzyklus und eine gleichzeitige Signalvermittlung über den B-Zell- und Toll-Like-Rezeptor. Als therapeutisch besonders interessant und für zukünftige Studien gegebenenfalls relevant erwies sich jedoch eine PD-1-abhängige Immunevasion, die mit aktuell verfügbaren Checkpoint-Regulatoren beeinflussbar sein könnte. Hier könnte sich künftig ein konkreter klinischer Einsatz bei diesen therapeutisch besonders herausfordernden Varianten ergeben.

Follikuläres Lymphom (FL)

EFS als neuer Surrogatparameter für künftige Konzepte

Die weitere Verbesserung von Therapien für Patienten mit FL oder anderen indolenten Lymphomen ist aufgrund der bereits sehr guten Therapieergebnisse aktueller Strategien eine Herausforderung an das Studiendesign, da das Gesamtüberleben (OS) aufgrund des langen medianen Überlebens kaum als Endpunkt geeignet ist. Es konnte bereits gezeigt werden, dass das eventfreie Überleben (EFS) nach 24 Monaten ein geeigneter Endpunkt sein kann [8]. In einer Landmarkanalyse konnten die Autoren jetzt auf dem ASH-Kongress herausarbeiten, dass auch das Ansprechen nach 12 Monaten (EFS12) ein geeigneter Surrogatparameter sein kann [9]. Gleichzeitig wird hierdurch auch eine prognostisch sehr ungünstige Gruppe definiert, die therapeutisch individuell betrachtet werden sollte.

Fazit

Perspektivisch kann – sollten diese Kriterien auch von den Zulassungsbehörden akzeptiert werden – über diese oder andere geeignete Definitionen eine Belebung von Studien im FL erhofft werden – gerade für die Erstlinienbehandlung.

Bendamustin und Rituximab im Rezidiv

Eine Phase-III-Studie aus Deutschland untersuchte die Kombination aus Bendamustin und Rituximab (B-R) bei Patienten mit follikulärem Lymphom im Rezidiv, anderen indolenten Lymphomen und Mantelzelllymphom im Vergleich zum aktuellen Therapiestandard aus Fludarabin und Rituximab (F-R). Auch nach 8 Jahren zeigt sich die Überlegenheit von B-R gegenüber F-R [10]. Als Nebenergebnis demonstrierte eine (nicht geplante) Subanalyse an einer kleinen Patientengruppe, dass Patienten, die auch im Rezidiv eine Erhaltungstherapie mit Rituximab erhielten, einen Überlebensvorteil hatten.

Fazit

Gerade im Hinblick auf die aktuell breit diskutierten Folgetherapien, die mit erheblichen Toxizitäten und großen Kosten verbunden sein können, kann es sinnvoll sein, das volle Potenzial vorhandener Therapieoptionen auszuschöpfen.

Lenalidomid und Rituximab beim FL – es bleibt spannend

Die Ergebnisse zur Kombination von Rituximab mit Lenalidomid (R²) hatten vor einigen Jahren große Aufmerksamkeit hervorgerufen und zur aktuellen Phase-III-RELEVANCE-Studie geführt, bei der eine Chemotherapie gegenüber Rituximab in Kombination mit Lenalidomid in der Erstlinienbehandlung verglichen wird.

Die Nordic Lymphoma Group führte nun eine Studie durch, in der Rituximab gegenüber einer Rituximab-Lenalidomid-Therapie (RL) verglichen wurde [11]. Hierbei erhielten die Patienten 8 Gaben von Rituximab (Woche 1–4 und 12–15) und randomisiert 15 mg Lenalidomid von Tag -14 vor bis +14 nach Rituximab oder keine zusätzliche Therapie. Bei diesem Ansatz – der insgesamt eine kürzere als auch niedriger dosierte und limitierte Gabe von Lenalidomid gegenüber den von Fowler publizierten Daten verwendete – fand sich eine Gesamtansprechrate von 61 % (25 % CR) im Monotherapiearm gegenüber 81 % (36 % CR) im Kombinationsarm. Neben der verbesserten Wirksamkeit fand sich jedoch auch eine erhöhte Toxizität, insbesondere hämatologischer Art.

Fazit

Für eine endgültige Bewertung des Stellenwertes von Lenalidomid beim FL bleiben auch nach dieser Studie die Ergebnisse der RELEVANCE-Studie unbedingt abzuwarten.

Mäßiges Ansprechen unter Ibrutinib-Monotherapie beim rezidivierten FL

Wie unterschiedlich Lymphome auf die neuen zielgerichteten Medikamente ansprechen, zeigt insbesondere die Arbeit von Bartlett et al. [12]. In dieser Phase-II-Studie erhielten Patienten mit rezidiviertem follikulärem Lymphom eine Monotherapie mit Ibrutinib, wobei nur eine vorausgegangene Therapie notwendig war. Die mediane Anzahl an Vortherapien betrug 3. Insgesamt wurden 41 Patienten in dieser kleinen Studie behandelt und 40 Patienten konnten ausgewertet werden. 72 % der Patienten hatten eine Tumormassenreduktion, die objektive Gesamtansprechrate lag aber bei vergleichsweise überraschend niedrigen 28 % (5 % CR). Bei Rituximab-sensitiver Erkrankung sprachen immerhin 42 % der Patienten an, allerdings zeigte gerade die Problemgruppe der Rituximab-refraktären Erkrankten nur ein sehr niedriges Ansprechen mit 6 % an. Mit einer mittleren Zyklenzahl von 8 und einem medianen Follow-up von 10 Monaten lag das geschätzte PFS von einem Jahr bei 50 %. Weitere Untersuchungen stehen noch aus.

Fazit

Zum jetzigen Zeitpunkt scheint der Stellenwert einer Ibrutinib-Monotherapie beim FL nicht gesichert. Sie kann keinesfalls für den Alltag empfohlen werden.

Neue Therapieoptionen mit PI3K-Inhibitoren mit vielversprechenden Resultaten

Idelalisib ist der erste zugelassene PI3K-Inhibitor. Zahlreiche neue Substanzen mit zum Teil gutem Ansprechen aus dieser Substanzklasse wurden auf dem ASH-Kongress vorgestellt. Vielversprechend waren insbesondere Duvelisib (IPI145) und Copanlisib. Bei Duvelisib handelt es sich um einen PI3K-Delta-Gamma-Inhibitor, für den sich in einer Phase-I-Studie eine Dosis von 2-mal täglich 25 mg p. o. fand [13]. Unter den 36 Patienten mit indolentem Lymphom in dieser Studie waren 24 Patienten mit einem FL. Es fand sich eine Gesamtansprechrate von 69 % mit einem PFS von 69 % nach 2 Jahren. Häufigste Hauptnebenwirkungen (≥ Grad 3) waren eine Transaminitis und Pneumonien bei 25 % der Patienten. Auch für Patienten mit T-Zell-Lymphom fand sich für Duvelisib ein vielversprechendes Ansprechen – von 33 Patienten erreichten 14 (42 %) eine objektive Remission, insbesondere bei peripheren T-NHL war die Rate mit 53 % erstaunlich hoch [14]. Bei diesen noch kleinen Patientenzahlen ist dies sicher eine potenziell sehr aktive Substanz. Zahlreiche Studienkonzepte laufen jetzt – auch in Deutschland – an. Ähnliche Ergebnisse konnten auch mit Copanlisib – einem pan-PI3K-Inhibitor – erzielt werden. In einer Phase-II-Studie fand sich eine Gesamtansprechrate von ca. 50 % der Patienten mit indolentem Lymphom – mit einer medianen Ansprechdauer von mehr als 9 Monaten [15].

Mantelzelllymphom

Rituximab-Erhaltungstherapie nach Hochdosistherapie in der Primärtherapie

Lange erwartet wurden die Ergebnisse der LyMa-Studie bei Patienten mit Mantelzelllymphom (MCL). In der Studie wurde der Stellenwert der Rituximab-Erhaltungstherapie nach einer Hochdosischemotherapie (R-DHAP) mit nachfolgender autologer Stammzelltransplantation (ASCT) in der Primärtherapie evaluiert [16]. Die Patienten erhielten hierzu randomisiert nach 4 Zyklen R-DHAP und nachfolgender ASCT entweder keine Therapie oder Rituximab in der Standarddosierung für 3 Jahre alle 2 Monate. Endpunkt der Studie war das ereignisfreie Überleben (EFS) nach 4 Jahren. Vorgestellt wurde jetzt die Interimauswertung mit einer medianen Nachbeobachtung von 34 Monaten nach Randomisierung. Hierbei zeigte sich ein Vorteil im PFS zugunsten des Rituximab-Arms von 93,3 % vs. 83,1 % nach 24 Monaten sowie von 88,1 % vs. 73 % nach 3 Jahren. Nach 4 Jahren zeigt sich zum Zeitpunkt der Analyse ein Unterschied von 18 % (80,4 % vs. 61,8 %) zugunsten der Erhaltungstherapie. Auch wenn daraus noch kein Einfluss auf das Gesamtüberleben sichtbar ist, darf mit dieser Analyse von einem Nutzen einer Erhaltungstherapie nach ASCT ausgegangen werden – und dies wird sicherlich Einzug in den klinischen Alltag finden. Eine reine DHAP-Therapie war im historischen Vergleich der alternierenden Therapie mit R-CHOP/DHAP nicht unterlegen. Ob dies zu einer Veränderung des Standards führen wird, bleibt abzuwarten.

Fazit

Diese Daten legen nahe, dass eine Erhaltungstherapie mit Rituximab für Patienten mit einem MZL nach ASCT sinnvoll sein kann, das weitere Follow-up, insbesondere über das Ende der Erhaltungstherapie, bleibt jedoch noch abzuwarten.

„Erstmals gezeigt wurden die Daten der sogenannten LyMa-Studie, die einen Vorteil einer Erhaltungstherapie mit Rituximab nach einer intensiven Vorbehandlung aufzeigt. Sollten sich die Ergebnisse im längeren Follow-up bestätigen, wird hier sicherlich ein neuer Therapiestandard etabliert.“ PD Dr. Georg Heß

Schlechtere Prognose bei minimaler Resterkrankung (MRD)

Wie gut muss eine Remission sein? Diese Frage stellt sich im Alltag häufig – gerade auch wenn es die Belastungen und den potenziellen Nutzen einer Therapie gegeneinander abzuwägen gilt. C. Pott et al. konnten jetzt in einer großen Analyse von sequenziellen Proben aus den Studien des EMCL-Projekts zeigen, dass Patienten mit einem positiven Nachweis einer minimalen Resterkrankung zu jedem beobachteten Zeitpunkt eine schlechtere Prognose hatten als Patienten in kompletter molekularer Remission [17].

Unbeantwortet bleibt die Frage, ob das Versagen des Erreichens einer kompletten molekularen Remission den zum Teil biologischen Charakteristika der Erkrankung angelastet werden muss – korrelative Studien wären hier von hohem Interesse.

Fazit

Für den Alltag scheint jedoch die Konsequenz klar: Bei ausreichend guter Verträglichkeit sollte eine Therapie immer bis zum optimalen Ansprechen fortgesetzt werden.

Neue Kombinationstherapien bei den MCL

Auch wenn die bei den Lymphomen neuen Therapieoptionen als Monotherapie zum Teil beeindruckende Effekte aufweisen, scheinen gerade Kombinationen therapeutisch besonders interessant zu sein. Auch beim MCL finden sich viele Beispiele. Zwei davon sollen hier exemplarisch aufgeführt werden.

Die Kombination von Rituximab mit Ibrutinib scheint sich geradezu logisch aufzudrängen. Dementsprechend wurde unter Führung des MD Anderson Cancer Centers in Houston eine Phase-II-Studie zu dieser Kombination durchgeführt (8 x Rituximab plus Erhaltung alle 2 Monate für 2 Jahre plus Ibrutinib 560 mg oral täglich bis zur Progression) [20]. Bisher konnte die Daten von 45 Patienten mit einem medianen Follow-up von 6,5 Monaten ausgewertet werden. Es zeigte sich eine hohe Gesamtansprechrate von 87 %, ohne dass bisher das mediane PFS oder OS erreicht ist, bei der allerdings noch kurzen Nachbeobachtung. Die Nebenwirkungen lagen im erwarteten Spektrum. Diese erste Kombinationsstudie lässt im klinischen Ansatz eine additive Wirkung von Ibrutinib mit anderen Medikamenten erhoffen.

Dass sich jedoch nicht jede Substanzkombination im klinischen Alltag umsetzen lässt, zeigte die Arbeit von Smith und Kollegen, die im Rahmen von 2 Phase-I-Studien die Kombination von Lenalidomid, Idelalisib und Rituximab evaluierten. Schon nach 7 Patienten musste die Studie wegen schwerer Nebenwirkungen abgebrochen werden. Dosislimitierende Toxizitäten waren ein Anstieg der Transaminasen, Lungeninfektionen, Hypotension, schwere Hautausschläge und Sepsis. Diese Erfahrung zeigt, welche großen Herausforderungen bei der klinischen Entwicklung von jetzt möglichen neuen Kombinationstherapien bestehen, und sie ist eine eindringliche Warnung, ohne ausreichende Daten keine individuellen Kombinationen einzusetzen.

Erstmals konnte in einer Studie gezeigt werden, dass die Hinzunahme einer nicht klassischen Chemotherapie (Bortezomib) zu einer Standardchemotherapie die Prognose von Patienten mit Mantelzelllymphom in der Primärtherapie verbessern könnte [21]. Beim Vergleich von R-CHOP zu VR-CAP (= CHOP-like) zeigte sich ein beeindruckender Unterschied im PFS: 32 vs. 12 Monate. Noch findet sich kein Unterschied im OS, dennoch könnte dies das Portfolio der therapeutischen Optionen erweitern.

Lenalidomid beim rezidivierten Mantelzelllymphom

Zum Stellenwert von Lenalidomid beim Mantelzelllymphom wurden verschiedene Studie vorgestellt. Im Rahmen einer Phase-II-Studie wurde die Effektivität einer Kombination von Lenalidomid 20–25 mg, Tag 1–21 für 12 Zyklen und insgesamt 9 Gaben Rituximab, gefolgt von einer Erhaltungstherapie bis zur Progression mit 15 mg Lenalidomid untersucht [18]. Von 38 Patienten erreichten 27 die Erhaltungsphase. Hauptnebenwirkungen waren Zytopenien, insbesondere Neutropenie > Grad 2 bei 50 % der Patienten, sowie Hautausschläge. Die Gesamtansprechrate aller Patienten lag bei 84 %, mit 55 % kompletten Remissionen. Mit einer mittleren Nachbeobachtung von 26 Monaten lag das 2-Jahres-PFS bei 84 % und das OS bei 92 %. Diese Daten sind vielversprechend, fordern aber einen direkten Vergleich mit einer Chemotherapie und einer Rituximab-Erhaltungstherapie.

Die Ergebnisse der randomisierten Phase-III-Studie (MCL-002, SPRINT), die Lenalidomid mit einer Auswahl verschiedener Therapien verglich, wurden jetzt erstmals auf der ASH-Tagung vorgestellt [19]. Diese sind auch die Grundlage der Einreichung für die Zulassung bei der EMA. In der Studie wurden Patienten in einem Verhältnis von 2:1 in den Lenalidomidarm oder in die Vergleichstherapie (Cytarabin, Rituximab, Gemcitabin, Fludarabin, Chlorambucil) randomisiert. Es zeigte sich ein signifikanter Unterschied in der Gesamtansprechrate (40 % vs. 11%). Auch bezüglich des primären Endpunktes, des PFS, fand sich ein signifikanter Unterschied mit 8,7 Monaten gegenüber 5,2 Monaten zugunsten des Lenalidomidarms (Abb. 2). Die Dauer des objektiven Ansprechens (DOR) lag bei 16,1 Monaten für Patienten unter der Lenalidomidtherapie und bei 10,4 Monaten für Patienten unter der Vergleichstherapie. Das Nebenwirkungsprofil zeigt die bekannten Komplikationen der jeweiligen Therapiearme und erbrachte somit keine wesentlich neuen Aspekte.

Abb. 2: Das progressionsfreie Überleben (PFS) war bei Patienten mit MCL unter Lenalidomid im Vergleich zur Therapiepräferenz des Behandlers (IC) signifikant länger (modifiziert nach Trneny M et al. Presented at Session: 624. Lymphoma: Therapy with Biologic Agents, excluding Pre-Clinical Models: Aggressive NHL, ASH 2014, San Francisco, abstract 626 [19]).

Fazit

Die SPRINT-Studie ergänzt die wenigen randomisierten Studien beim MCL und wird künftig die therapeutischen Optionen im Alltag erweitern.

Mutationsanalyse könnte Hinweise auf primäre Ibrutinibresistenz geben

Die Inhibition des B-Zell-Rezeptor-Signalweges via BTK-Blockade mit Ibrutinib ist eine kürzlich etablierte und valide Option für Patienten mit Mantelzelllymphom. Trotz der hohen Ansprechrate gibt es jedoch auch Patienten mit einer primären Resistenz gegenüber dem Medikament. Im Rahmen der Spark-Studie wurden jetzt Proben von Patienten mit primärer Resistenz gegenüber Ibrutinib ausführlich molekular untersucht [22]. Bei den 25 Patienten mit primärer Resistenz fand sich keine Korrelation zwischen epidemiologischen und krankheits- oder therapieassoziierten Faktoren. Interessanterweise fand sich in der Mutationsanalyse jedoch ein Portfolio unterschiedlicher Mutationen, das sich von den Mutationen abhebt, die man insbesondere bei der CLL findet. So lagen beispielsweise Mutationen in Genen wie MLL2 und CREBBP vor, die sonst eher bei den aggressiven Lymphomen detektiert werden. Weitere Mutationen fanden sich in PIM1/mTOR und ERBB4/Bcl2 – zudem waren Gene im NF-kB-Signalweg (insbesondere bei moderaten Ansprechern) mutiert, der als zentral für die Wirksamkeit von Ibrutinib angesehen wird.

Fazit

Sollten sich die Daten bestätigen, so könnte dies für eine prätherapeutische Evaluation hilfreich und auch sinnvoll sein. Verglichen mit den potenziellen Kosten einer solchen Therapie dürften die Analysekosten vergleichsweise gering sein.

Morbus Hodgkin

Vielversprechender neuer Therapieansatz mit PD-1-Blockade

Während die Entwicklung zielgerichteter Therapien sich vor allem bei Patienten mit Non-Hodgkin-Lymphomen vollzieht, zeigen präklinische Untersuchungen, dass Hodgkin-Zellen einen Mechanismus aufweisen, der den „programmed cell death-1“-Signalweg (PD-1-Signalweg) zur Immunevasion nutzt. Beim klassischen Hodgkin findet sich häufig ein Zugewinn an Chromosom 9p24.1, der eine Steigerung des PD-1/-2-Liganden nach sich zieht. Auch eine EBV-Infektion kann bei EBV-positiven HL zu einer gesteigerten PD-1L-Ausschüttung führen, die wiederum zu einer Erschöpfung des T-Zell-Repertoires führen kann, was im Anschluss einen Überlebensvorteil für die Hodgkin-Zelle bedingt. Aufgrund dieses Mechanismus scheint der Einsatz eines PD-1-blockierenden AK wie Nivolumab geeignet zu sein, um eine T-Zell-Antwort gegen den Tumor zu erzeugen. In einer Phase-I-Studie wurden 23 Hodgkin-Patienten mit Nivolumab behandelt, die in der Regel mehr als 3 Vortherapien erhalten hatten [23]. Die Gesamtansprechrate war mit 87 % beeindruckend (17 % CR) (Abb.3). Eine Brentuximab-Vortherapie hatte keinen Einfluss auf das Ansprechen. Nach 6 Monaten waren noch 86 % der Patienten ohne Progression. Nur fünf Nebenwirkungen vom Grad 3 wurden beobachtet (Pankreatitis, Lipaseanstieg, Pneumonitis, Enteritis, MDS). Aufgrund dieser vielversprechenden Daten wurde jetzt eine Phase-II-Studie bei Patienten mit Therapieversagen nach einer Hochdosistherapie begonnen. Gleichzeitig hat die Substanz bereits jetzt aufgrund der Ergebnisse eine „Break Through Designation“ der FDA erhalten. Nivolumab stellt – sollten sich die Daten bestätigen – somit eine weitere Innovation in der Behandlung des Hodgkin-Lymphoms dar.

Abb. 3: Ansprechraten der 23 Patienten mit rezidiviertem und therapierefraktärem Morbus Hodgkin unter dem PD-1-Antikörper Nivolumab (modifiziert nach Armand M et al. Presented at Session: 624. Lymphoma: Therapy with Biologic Agents, excluding Pre-Clinical Models: Targeting PD1 and CD30 in Hodgkin Lymphoma and NHL, ASH 2014, San Francisco, abstract 289 [23]).

Ein weiterer Antikörper, der diesen Signalweg hemmt, ist Pembrolizumab, der ebenfalls bei Patienten mit rezidiviertem Hodgkin-Lymphom in einer Phase-I-Studie getestet wurde [24]. Wie in der Untersuchung mit Nivolumab spricht die Mehrzahl der Patienten mit einer Tumormassenreduktion an. In der Präsentation auf dem ASH-Kongress wurden die Ansprechdaten von 29 Patienten berichtet. Hier fanden sich eine Gesamtansprechrate von 66 % und eine CR-Rate von 21 %. Die Verträglichkeit war ebenfalls gut. Interessanterweise konnten die Autoren eine 100%ige Korrelation des Ansprechens zu einer PD-L1-Expression zeigen. Könnte damit prädiktiv ein Ansprechen vorhergesagt werden, wäre dies für eine prätherapeutische Evaluation ideal.

Fazit

Beide Arbeiten zeigen die erfolgreiche und klinisch relevante Umsetzung präklinischer Forschung in ein zielgerichtetes Therapiekonzept – sicherlich eine der spannendsten Neuerungen auf dem ASH-Kongress 2014

„Nivolumab und Pembrolizumab zeigten bei Patienten mit rezidivierter Erkrankung ein beeindruckendes Ansprechen. Sollten sich die Daten bestätigen, zeichnet sich hier ein neuer und vielversprechender Ansatz für die Patienten ab.“ PD Dr. Georg Heß

Literatur:

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