ASCO 2013

31. Mai bis 4. Juni, Chicago

Neue Therapieoptionen beim Pankreaskarzinom?

ASCO 2013 – was gibt es Neues zur Therapie des Mammakarzinoms?

Schlüsselwörter:
Pankreaskarzinom, Mammakarzinom, adjuvante Therapie, neoadjuvante Therapie, Prädiktion, Radiochemotherapie, Chemotherapie, IGFR1-Blockade, SPARC, hent1-Expression, HER2-positiv, HER2-negativ, HER2/neu, duale HER2-Rezeptorblockade, GeparSixto, GeparSepto, CALGB 40601, Endometriumkarzinom,
Laborverfahren, Antikörper, Scoringsysteme, Biobanken, Estrogenrezeptormodulator, Taxane, Anthrazykline, mTOR-Inhibitor, 5-FU, Bevacizumab, Carboplatin, Cyclophosphamid, Docetaxel, Epirubicin, Erlotinib, Everolimus, FOLFIRINOX, Gemcitabin, Herceptin, Irinotecan, Lapatinib, liposomal verkapseltes Doxorubicin (NPLD), Paclitaxel, nab-Paclitaxel, Oxaliplatin, Pertuzumab, Tamoxifen, T-DM1, Trastuzumab, Trastuzumab-Emtansine, Vakzine GV 1001

Diesen Kongressbericht als PDF herunterladen

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

jedes Jahr zieht der ASCO mehr als 25.000 Experten der Onkologie nach Chicago. Auch dieses Jahr war der Kongress, der unter dem Motto "Brücken bauen, um Krebs zu überwinden" stand, gut besucht. Die Teilnehmer erwartete vom 31. Mai bis zum 4. Juni ein vielfältiges und spannendes Programm.

Die Auswahl der Präsentationen, die wir Ihnen vorstellen möchten, war bei der Vielzahl der eingereichten Abstracts, den simultan gehaltenen Oral Sessions und einer großen Anzahl von Posterpräsentationen nicht einfach. Unsere Beiträge haben daher das Ziel, aus der Fülle an Informationen einige der wichtigsten Erkenntnisse für unseren klinischen Alltag herauszufiltern, um Ihnen einen echten Gewinn für die Praxis und für Ihre Patienten zu bieten.

Dabei haben wir uns dieses Jahr auf zwei Indikationsgebiete konzentriert: Das Pankreaskarzinom und das Mammakarzinom. In beiden Fachgebieten wurden in den letzten Jahren einige Fortschritte gemacht, die auch auf dem diesjährigen ASCO präsentiert und diskutiert wurden und potentielle neue Optionen für die Zukunft versprechen.

Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen und hoffen, dass die Informationen einen Gewinn für Ihre tägliche Arbeit sein werden.

Mit kollegialen Grüßen,

Dr. med. Uwe Pelzer, Charité - Universitätsmedizin Berlin
Dr. med. Oliver Tomé, St. Vincentius-Kliniken gAG, Karlsruhe

Neue Therapieoptionen beim Pankreaskarzinom?

Dr. med Uwe Pelzer, Charité - Universitätsmedizin Berlin

Die Behandlung und Therapie des Pankreaskarzinoms bleibt weiterhin eine Herausforderung für uns praktisch tätige Onkologen. Zwar ist der therapeutische Nihilismus, getragen durch das Fehlen wirksamer Therapieoptionen, seit Mitte der 90er Jahre mit der Einführung von Gemcitabin als „backbone drug“ aufgehoben, während der ersten Dekade des neuen Jahrtausends gab es indes keine nennenswerten neuen Substanzen zur Erweiterung der Therapievielfalt und zur Verbesserung der Prognose unserer Patienten.

Stattdessen wurde der Einsatz bekannter Substanzen wie Gemcitabin, Oxaliplatin und 5-FU in der adjuvanten und weiterführenden Zweitlinientherapie ausgebaut. Durch den inzwischen routinemäßigen Einsatz adjuvanter und weiterführender Therapielinien sowie durch den konsequenten Ausbau supportiver Maßnahmen ist es uns mittlerweile möglich, die Überlebenszeit unserer Patienten deutlich zu verlängern. Dennoch bleibt das Pankreaskarzinom über alle Stadien hinweg eines der aggressivsten Karzinome unter den soliden Tumoren, und es bedarf stetiger weiterer Forschung zur Entwicklung neuer Substanzen und Therapiestrategien.

Anfang der aktuellen Dekade konnten Daten der französischen Arbeitsgruppe mit der Therapieintensivierung FOLFIRINOX (Oxaliplatin, Irinotecan, Fluorouracil, Folinsäure) überzeugen – sie stellten den bisherigen Standard (Gemcitabin) in der Palliativtherapie des Pankreaskarzinoms deutlich in den Schatten. Bei der Analyse der Studiendaten des FOLFIRINOX-Regimes zeigte sich durch die engere Auswahl der Einschlusskriterien in der Rekrutierung eine deutliche Selektion. Patienten mit schlechtem Allgemeinzustand, höherem Bilirubin und Alter wurden ausgeschlossen. Trotz dieser Selektion kam es dennoch bei einem Teil der Patienten zu erheblicher Toxizität, sodass die Therapie nur für erfahrene Zentren und unter strikter Einhaltung der Einschlusskriterien empfohlen wird. In der Praxis wird meist ein modifiziertes Schema mit Reduktion des Fluorouracil-Bolus sowie der Irinotecan-Dosis verwendet. Zur Wirksamkeit dieses reduzierten Schemas liegen jedoch keine Daten vor, und es sollte demzufolge nicht ungeprüft zum Einsatz kommen.

Im letzten Jahr wurden vier große randomisierte Studien mit vielversprechenden Substanzen zum fortgeschrittenen Pankreaskarzinom abgeschlossen. Hier zeigten sich jedoch in der Studie zur Modifizierung des Signalweges mittels IGFR1-Blockade (GAMMA-Trial), in der Studie zur besseren intrazellulären Verfügbarkeit von Gemcitabin (LEAP) sowie in der Studie mit immunologischem Vakzinenansatz (TelVac) keine Vorteile für die Patienten.

Einzig die MPACT-Studie zur Wirksamkeit einer neuartigen Formulierung des Spindelgifts Paclitaxel (nab-Paclitaxel) konnte überzeugende Daten liefern, die bereits Ende Januar in Kurzform auf dem ASCO-GI in San Francisco präsentiert wurden. nab-Paclitaxel (an Albumin-Nanopartikel gebundenes Paclitaxel) richtet sich mittels gp60-Rezeptor-vermittelter Affinität gezielt gegen SPARC-exprimierende Tumorzellen und das umgebende Stroma (SPARC = secreted protein acidic and rich in cysteine). Auf der aktuellen Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO) wurden die Daten in der vollen Bandbreite präsentiert. Diese sollen im Folgenden – als Highlight der aktuellen Thematik – in Gänze diskutiert werden, da sie erheblichen Einfluss auf die zukünftige Therapie des Pankreaskarzinoms nehmen werden.

Darüber hinaus werden neue Daten zur (neo)-adjuvanten und strahlentherapeutischen Behandlung vorgestellt und deren Einsatz für die tägliche Praxis geprüft. Nicht zuletzt sollen zudem molekulare Analysen zu Prädiktion präsentiert werden, die aktuell noch keinen Einzug in unsere klinische Versorgung nehmen, in Zukunft jedoch möglicherweise Selektionskriterien zur Vorauswahl bestimmter Therapiemodalitäten darstellen können.

Neoadjuvante Therapie – eine Option durch neue Substanzen?

Neoadjuvante Therapien beim Pankreaskarzinom sind außerhalb von Studien nicht etabliert. Bisherige Studien zeigten keine überzeugenden Daten für diesen Ansatz. Mackenzie et al. stellten Daten der neuartigen Kombination aus Gemcitabin und nab-Paclitaxel im neoadjuvanten Setting vor [1]. 25 potentiell operable Patienten wurden in diese Studie eingeschlossen. Endpunkt war das histologische Ansprechen auf die Therapie anhand der Biopsate. 14 der 25 Patienten konnten die geplanten 3 Therapiezyklen erfolgreich beenden. Gründe für den Abbruch der Therapie bei den anderen Patienten waren eine Erhöhung der Retentionsparameter sowie Infektionen. 20 der 25 Patienten konnten erfolgreich reseziert werden, bei 19 Patienten gelang eine R0-Resektion. Bei 6 der 20 Patienten zeigte sich histologisch eine über 90%ige (Grad III/IV) Tumorresponse. Ein Patient verstarb im Verlauf der neoadjuvanten Therapie an einer Pneumonie. Die bildgebende Responserate wurde mit 16 % angegeben. Die Autoren folgerten aus ihren Ergebnissen die Machbarkeit sowie den Bedarf einer größeren Studie.

„Die hier gezeigte Effektivität der Kombination reicht nicht aus, um den Einsatz der Kombination Gemcitabin/nab-Paclitaxel für einen neoadjuvanten Ansatz derzeit zu empfehlen.“ Dr. Uwe Pelzer

Fazit

  • Die Tumoransprechrate (16 %) unter einer neoadjuvanten Therapie mit Gemcitabin/nab-Paclitaxel bleibt deutlich unter der Responserate der Phase-III-Studie (23 %) [2] und ist unzureichend für einen neoadjuvanten Einsatz.
  • 5 von 25 Patienten, die bei der Erstdiagnose primär operabel waren, konnten nach der Induktionstherapie nicht mehr kurativ operiert werden.

Adjuvante Situation – neue Möglichkeiten?

Für die adjuvante Therapie des resezierten Pankreaskarzinoms ist aktuell entsprechend der S3-Leitlinie „Exokrines Pankreaskarzinom" eine 6-monatige Therapie mit Gemcitabin oder 5-FU/Folinsäure empfohlen. Fukutomi et al. präsentierten die Ergebnisse der JASPAC 01-Studie [3]. Hier wurden – analog zu den europäischen ESPAC1/3- und CONKO 001-Studien – Patienten nach Resektion eines Pankreaskarzinoms postoperativ in unterschiedliche Behandlungsarme randomisiert. Zum Einsatz kamen die etablierte Substanz Gemcitabin im Vergleich zu der sich im asiatischen Raum etablierenden Substanz S1. Hier zeigte sich für S1 ein erstaunlicher Vorteil im progressionsfreien Intervall (HR 0,57: 95 % KI: 0,45– 0,72) sowie im Gesamtüberleben (HR 0,54 95 % KI: 0,35–0,83) (Abb. 1). Die Verdopplung des Gesamtüberlebens durch den adjuvanten Einsatz von Gemcitabin gegenüber der alleinigen Beobachtung konnte hier mit S1 nochmals verdoppelt werden. Das mediane Gesamtüberleben mit S1 liegt bei ca. 4 Jahren. Auch die Verträglichkeit von S1 schnitt bei den Patienten besser ab. Die Autoren schlussfolgerten, dass S1 die neue Standardtherapie zur adjuvanten Behandung von Patienten mit resektablem Pankreaskarzinom werden sollte.

Abb. 1: Gesamtüberleben der JASPAC-Kohorte (HR 0,54) (modifiziert nach [3])

„Einschränkend ist zu erwähnen, dass in der JASPAC 01-Studie nur asiatische Patienten eingeschlossen wurden. Somit fehlt uns der Effektivitätsnachweis bei unseren kaukasischen Patienten. Zusätzlich ist aufgrund des andersartigen hepatischen Metabolismus mit einer höheren Toxizität zu rechnen. Vor dem sicheren Einsatz in Europa und den USA müssen zumindest randomisierte Phase-II-Prüfdaten an kaukasischen Patienten nachgereicht werden.“ Dr. Uwe Pelzer

Fazit

  • Fukotomi et al. konnten überzeugende Daten zum Nutzen der Substanz S1 bei asiatischen Patienten liefern.
  • Das Ziel der Studie, die Nicht-Unterlegenheit zu beweisen, konnte erreicht werden. Für den Beweis der Überlegenheit war die Studie nicht ausgerichtet.

Lokal fortgeschrittene Situation – Option für die Strahlentherapie?

In der S3-Leitlinie wird eine Radiochemotherapie für die lokal fortgeschrittenen Stadien aufgrund fehlender suffizienter Daten nicht empfohlen. Hammel et al. lieferten mit der LAP 07-Studie neue Schlüsseldaten zur Therapie des lokal fortgeschrittenen inoperablen Pankreaskarzinoms [4]. Hier wurden Patienten mit lokal inoperablem Pankreaskarzinom in eine Behandlung mit Chemotherapie (+/- Erlotinib) oder Radiochemotherapie (54 Gy + Capecitabin +/- Erlotinib), jeweils nach einer Chemotherapie-Induktionsphase (4 Zyklen Gemcitabin +/- Erlotinib) randomisiert. In die ITT-Analyse wurden 442 Patienten eingeschlossen. Die Auswertung der Überlebensdaten am Ende der Induktionschemotherapie zeigte keinen Vorteil der Induktion mit Gemcitabin/Erlotinib gegenüber der alleinigen Gemcitabin-Induktion (HR 1,19; 95 % KI: 0,97–1,45). Auch das Gesamtüberleben nach Induktionstherapie und nachgeschalteter Sequenz mit Radiochemotherapie oder nachgeschalteter alleiniger Chemotherapie zeigte keinen Vorteil für die intensivierte Therapieform (HR 1,03; 95 %KI: 0,79–1,34) (Abb. 2).

Abb. 2: Gesamtüberleben der LAP 07-Kohorte (p [Interaktion] = 0,87) (modifiziert nach [4]).

„Das lokal fortgeschrittene Karzinom des Pankreas muss wie die metastasierte Erkrankung angesehen und behandelt werden.“ Dr. Uwe Pelzer

Fazit

  • Die hier präsentierten Daten zeigen erneut, dass die Radiochemotherapie (zumindest im heutigen Design) keinen Stellenwert bei der Behandlung des lokal fortgeschrittenen Pankreaskarzinoms hat.
  • Die postulierte lokale Tumorkontrolle spiegelt sich im Überleben nicht wider.
  • Zusätzlich zeigen die Daten, dass die Kombination mit Erlotinib keinen zusätzlichen Gewinn an Überlebenszeit für die untersuchte Indikation bietet.

Metastasierte Situation – Lichtblick durch neue Substanz!

Gemäß der S3-Leitlinie haben wir für die metastasierte Situation aktuell die Gemcitabin-Monotherapie zur Verfügung, ggf. in Kombination mit Erlotinib. Für ausgewählte Patienten (ECOG 0/1, Alter < 75 Jahre, Bilirubin < 1,5 mg/dl) zeigt die Therapie mit der nicht zugelassenen Kombination FOLFIRINOX sehr gute Ergebnisse und hat sich in spezialisierten Zentren für wenige Patienten etabliert.

Middleton et al. präsentierten finale Daten zu einer großen randomisierten Immuntherapiestudie (TeloVac) [5]. Hier wurden insgesamt 1.110 Patienten in eine dreiarmige randomisierte Studie rekrutiert, in der die Kombinationstherapie aus Gemcitabin/Capecitabin und der Vakzine GV 1001 in drei verschiedenen Schemata verglichen wurde. Der zusätzliche Einsatz der Vakzine führte zu keinen erhöhten Toxizitäten, konnte jedoch auch keinen zusätzlichen Überlebensvorteil zeigen (p = 0,115).

Die Daten zur randomisierten „Biomarker“-Phase-II-Studie (LEAP) zum Einsatz der Substanz CO-101 (eine Lipid-konjugierte Formulierung von Gemcitabin) wurden von Poplin et al. präsentiert [6]. Es wurden 367 Patienten im ECOG-Status 0/1 in die Studie aufgenommen, die randomisiert entweder CO-101 oder Gemcitabin erhielten. Bei jedem Patienten wurde zudem die Expression des Membrantransporters hENT1 gemessen. Der erfolgversprechende Ansatz, durch die Konjugation von Gemcitabin mit Elaidinsäure (CO-101) einen hENT1-unabhängigen Transportmechanismus in die Tumorzelle zu finden, konnte nicht bestätigt werden. Die Hazard Ratio im Vergleich zum herkömmlichen Gemcitabin bei hENT1 low-exprimierenden Karzinomen lag bei 0,99 (95 % KI: 0,75–1,33). Darüber hinaus zeigen die Analysen überraschenderweise keine Prädiktion der Stärke der hENT1-Expression für das Ansprechen in der metastasierten Situation (HR 0,91; 95 % KI: 0,49–1,71). Das steht im Gegensatz zu den bisherigen retrospektiven Analysen vorheriger Studien in der adjuvanten Situation [7].

Von Hoff et al. präsentierten die Daten einer großen Phase-III-Studie (MPACT) zur Kombination von Gemcitabin mit dem an Albumin-Nanopartikel gebundenem Paclitaxel (nab-Paclitaxel) [2]. Frühe Daten hierzu wurden bereits auf dem ASCO-GI Anfang dieses Jahres präsentiert. Auf der aktuellen Tagung der ASCO wurden weitere Daten zum Tumoransprechen (Chiorean et al. [8]) und zur Analyse prädiktiver Faktoren (Moore et al. [9]) präsentiert. Insgesamt 861 Patienten wurden in die Phase-III-Studie aufgenommen. Die Kombination aus Gemcitabin und nab-Paclitaxel zeigte eine Überlegenheit hinsichtlich des progressionsfreien Überlebens gegenüber der bisherigen Standardtherapie mit Gemcitabin (Hazard-Ratio 0,69; 95 % KI: 0,58–0,82). Dieser Vorteil bestätigte sich auch im Gesamtüberleben (HR 0,72; 95 % KI: 0,62–0,84) (Abb. 3). Bei 257 Patienten wurden PET-Scan-Untersuchungen durchgeführt, mit denen mittels nuklearmedizinischer Aktivitätsuntersuchung die radiologisch ermittelten Remissionsraten nochmals bestätigt werden konnten. Diese Untersuchungen geben uns auch weitere wertvolle Informationen zum Tumormetabolismus unter chemotherapeutischer Behandlung. Spezifische Tumormarkerverläufe von Carbohydrat-Antigen 19-9 (CA 19-9) konnten bei 750 Patienten analysiert werden. Hier wurde eine mindestens 90%ige Abnahme von CA 19-9 bei 16 % und eine mindestens 20%ige Abnahme bei weiteren 52 % der mit Gemcitabin/nab-Paclitaxel behandelten Patienten beschrieben. Durch den Effektivitätsgewinn des zusätzlichen Einsatzes von nab-Paclitaxel erhöhte sich geringfügig das Nebenwirkungsprofil der Patienten. In erster Linie zeigte sich eine Erhöhung von Fatigue (>= Grad 3) von 7 % auf 17 %, Neutropenie (>= Grad 3) von 27 % auf 38 % und Neuropathie (>= Grad 3) von < 1 % auf 17 %. Eine Neuropathie setzt im Median nach 140 Tagen ein (>= Grad 3), ist reversibler Natur und zeigt eine mediane Latenzzeit (<= Grad 1) von 29 Tagen.

Durch den Einsatz von 151 Studienzentren in 11 Ländern sowie durch die Hinzunahme von Patienten mit ECOG 2 stehen die Daten auf einer soliden Basis und können so Anwendung für ein breites Kollektiv von Patienten finden, für die dringend neue Therapieoptionen benötigt werden. Die Zulassung der Substanz ist in Deutschland beantragt.

Abb. 3: Gesamtüberleben der MPACT-Kohorte (HR 0,72) (modifiziert nach [2]).

„Die Kombination von Gemcitabin und nab-Paclitaxel ist effektiv und gut verträglich. Sie steht auf einer soliden Basis und ist mit den genutzten Einschlusskriterien auf den überwiegenden Anteil unserer Patienten übertragbar. Sie wird in naher Zukunft die bisherige Standardtherapie ablösen.“ Dr. Uwe Pelzer

Fazit

  • Die Daten zur additiven Immuntherapie sowie zur Biomarker-gesteuerten (hENT1)  Therapie zeigen leider keinen Gewinn für die Patienten.
  • Ein durchschlagender Erfolg in der Behandlung des metastasierten Pankreaskarzinoms zeigt sich jedoch in der Kombination von Gemcitabin und nab-Paclitaxel: Hier zeigen sich ein signifikant verbessertes progressionsfreies Überleben und Gesamtüberleben im Vergleich zu einer alleinigen Therapie mit Gemcitabin.

Prädiktive Faktoren – was kann uns das Tumorgewebe verraten?

Die Suche nach prädiktiven Faktoren bei der Therapie des Pankreaskarzinoms ist derzeit Gegenstand intensiver Forschungen. Einerseits können diese Faktoren zur Selektion von Patienten mit besserem Ansprechen genutzt werden, andererseits werden Patienten vor ineffektiven  Therapien und deren möglichen Nebenwirkungen geschützt.

Unter diesem Aspekt spielt unter anderem die hENT1-Expression eine wichtige Rolle. Die aktuellen Daten der LEAP-Studie zeigten keinen Einfluss der hENT1-Expression der Tumorzelle auf das Ansprechen auf eine Gemcitabin-Therapie in der metastasierten Situation [6]. Daten aus früheren Studien zeigten eine Prädiktion für das Ansprechen auf eine adjuvante Therapie mit Gemcitabin [7]. Neoptolemus et al. präsentierten nun Tumorgewebsuntersuchungen der gewonnenen Präparate aus den adjuvanten ESPAC-Studien [10]. Es zeigte sich eine deutliche spezifische Prädiktion der hENT1-Expression für das Ansprechen auf Gemcitabin in der adjuvanten Therapie (HR 0,6; 95 % KI: 0,43–0,83). Eine hohe hENT1-Expression ist mit einem deutlich längeren Überleben assoziiert. Für die Behandlung mit 5-FU zeigte sich kein prädiktiver Zusammenhang (Abb. 4).

Abb. 4: Überleben der ESPAC-Kohorte in Abhängigkeit vom hENT1-Status (modifiziert nach [10]).

Die SPARC-Expression im Tumorstroma scheint für das Therapieansprechen eines Pankreaskarzinoms ebenfalls ein wesentlicher Faktor zu sein. Die Daten aus der Phase-II-Studie von Von Hoff et al. (JCO 2011) zeigten einen positiven Zusammenhang zwischen dem Ansprechen auf nab-Paclitaxel und einer erhöhten SPARC-Expression im Stroma [11]. Daten aus der aktuellen Phase-III-Studie [2] werden noch generiert. Sinn et al. zeigten auf der aktuellen ASCO-Jahrestagung Daten zur SPARC-Expression bei adjuvanten Patienten der CONKO-Studien [12]. Hier konnte ein prädiktiver Zusammenhang zwischen einer adjuvanten Gemcitabin-Therapie und der SPARC-Expression im Gewebe gezeigt werden. Eine hohe SPARC-Expression geht mit einem geringeren Ansprechen auf eine Gemcitabin-Therapie einher. Dies zeigt sich sowohl für die Expression im Gewebe (p = 0,007) als auch für die Expression im Zytoplasma (p = 0,002) der malignen Zellen. Für eine Therapie mit 5-FU scheint die Expression von SPARC weder im Gewebe (p = 0,77) noch im Zytoplasma (p = 0,84) der Tumorzelle einen Einfluss auf die Wirksamkeit zu haben.

“Die Ergebnisse zu den prädiktiven Faktoren sind noch zu uneinheitlich, um diese in der Praxis nutzen zu können. Die Rolle von hENT1 und SPARC neben weiteren Faktoren wie zum Beispiel Smad4 muss weiter geprüft werden. Es müssen zukünftig einheitliche Laborverfahren, Antikörper, Nomenklaturen und Scoringsysteme verwendet werden, um die Resultate der einzelnen Arbeitsgruppen vergleichen zu können. Biobanken an großen akademischen Einrichtungen sollten zur zentralen Analyse dieser Faktoren intensiver genutzt und weiter aufgebaut werden.“ Dr. Uwe Pelzer

Literatur

  1. MacKenzie S, Zeh H, McCahill LE et al. A pilot phase II multicenter study of nab-paclitaxel (Nab-P) and gemcitabine (G) as preoperative therapy for potentially resectable pancreatic cancer (PC). J Clin Oncol 31, 2013 (suppl; abstr 4038).
  2. Von Hoff DD, Ervin TJ, Arena FP et al. Results of a randomized phase III trial (MPACT) of weekly nab-paclitaxel plus gemcitabine versus gemcitabine alone for patients with metastatic adenocarcinoma of the pancreas with PET and CA19-9 correlates. J Clin Oncol 31, 2013 (suppl; abstr 4005^).
  3. Fukutomi A, Uesaka K, Boku N et al. JASPAC 01: Randomized phase III trial of adjuvant chemotherapy with gemcitabine versus S-1 for patients with resected pancreatic cancer. Presented at Oral Abstract Session, Gastrointestinal (Noncolorectal) Cancer, ASCO 2013, Chicago, Abstract 4008.
  4. Hammel P, Huguet F, Van Laethem J-L et al. Comparison of chemoradiotherapy (CRT) and chemotherapy (CT) in patients with a locally advanced pancreatic cancer (LAPC) controlled after 4 months of gemcitabine with or without erlotinib: Final results of the international phase III LAP 07 study. J Clin Oncol 31, 2013 (suppl; abstr LBA4003).
  5. Middleton GW, Valle JW, Wadsley J et al. A phase III randomized trial of chemoimmunotherapy comprising gemcitabine and capecitabine with or without telomerase vaccine GV1001 in patients with locally advanced or metastatic pancreatic cancer. J Clin Oncol 31, 2013 (suppl; abstr LBA4004).
  6. Poplin E, Wasan H, Rolfe L et al. Randomized multicenter, phase II study of CO-101 versus gemcitabine in patients with metastatic pancreatic ductal adenocarcinoma (mPDAC) and a prospective evaluation of the of the association between tumor hENT1 expression and clinical outcome with gemcitabine treatment. J Clin Oncol 31, 2013 (suppl; abstr 4007).
  7. Farrell JJ, Elsaleh H, Garcia M et al. Human equilibrative nucleoside transporter 1 levels predict response to gemcitabine in patients with pancreatic cancer. Gastroenterology 2009; 136: 187-195.
  8. Chiorean EG, Von Hoff DD, Ervin TJ et al. CA19-9 decrease at 8 weeks as a predictor of overall survival (OS) in a randomized phase III trial (MPACT) of weekly nab-paclitaxel (nab-P) plus gemcitabine (G) versus G alone in patients with metastatic pancreatic cancer (MPC). J Clin Oncol 31, 2013 (suppl; abstr 4058^).
  9. Moore MJ, Von Hoff DD, Ervin TJ et al. Prognostic factors (PFs) of survival in a randomized phase III trial (MPACT) of weekly nab-paclitaxel (nab-P) plus gemcitabine (G) versus G alone in patients (pts) with metastatic pancreatic cancer (MPC). J Clin Oncol 31, 2013 (suppl; abstr 4059^).
  10. Neoptolemos JP, Greenhalf W, Ghaneh P et al. HENT1 tumor levels to predict survival of pancreatic ductal adenocarcinoma patients who received adjuvant gemcitabine and adjuvant 5FU on the ESPAC trials. J Clin Oncol 31, 2013 (suppl; abstr 4006).
  11. Von Hoff DD, Ramanathan RK, Borad MJ et al. Gemcitabine plus nab-paclitaxel is an active regimen in patients with advanced pancreatic cancer: a phase I/II trial. J Clin Oncol 2011; 29: 4548-4554.
  12. Sinn M, Sinn BV, Striefler JK et al. SPARC in pancreatic cancer: Results from the CONKO-001 study. J Clin Oncol 31, 2013 (suppl; abstr 4016).

ASCO 2013 – was gibt es Neues zur Therapie des Mammakarzinoms?

Dr. med. Oliver Tomé, St. Vincentius-Kliniken gAG, Karlsruhe

Das Mammakarzinom ist eines der häufigsten Karzinome weltweit und nimmt nicht zuletzt deshalb bei einem internationalen Krebskongress wie dem ASCO eine zentrale Rolle ein. Auch dieses Jahr wurde eine Vielzahl neuer Daten zu dieser facettenreichen Erkrankung präsentiert. Der folgende Bericht möchte einen Überblick geben über aktuelle Entwicklungen zu den therapeutischen Optionen bei neoadjuvanter und adjuvanter Therapie sowie über Möglichkeiten beim fortgeschrittenen Mammakarzinom.

Mammakarzinom – neoadjuvante Therapie

Der Frage, ob eine Hinzunahme von Carboplatin zu einer neoadjuvanten Chemotherapie bei Patientinnen mit triple-negativem oder HER2-positivem primärem Brustkrebs zu einem klinischen Benefit führt, gingen Von Minckwitz et al. mit der randomisierten Phase-II-Studie „GeparSixto“ nach [1]. Aufgrund der bekannten genetischen Instabilität von triple-negativen Mammakarzinomen kann vermutet werden, dass DNA-schädigende Chemotherapeutika eine hohe Wirksamkeit bei diesen Patientinnen zeigen. So könnte Carboplatin einerseits die Aktivität von Taxanen bei triple-negativer Erkrankung verbessern und andererseits eine größere Wirksamkeit bei HER2-positiven Tumoren entfalten. Hierfür sprechen auch die Beobachtungen aus in vivo-Untersuchungen zu Synergien beim Einsatz von Trastuzumab, Taxanen und Carboplatin. In der GeparSixto-Studie wurden alle Patientinnen über eine Gesamtdauer von 18 Wochen wöchentlich mit Paclitaxel 80 mg/m² i.v. und nicht-pegyliertem, liposomal verkapseltem Doxorubicin (NPLD) 20 mg/m² i.v. behandelt. HER2-positive Patientinnen erhielten parallel ab Beginn des ersten Zyklus Trastuzumab 6 (8) mg/kg i.v. alle 3 Wochen und Lapatinib in einer täglichen Dosis von 750 mg per os. Triple-negative Patientinnen erhielten parallel ab Beginn des ersten Zyklus Bevacizumab 15 mg/kg i.v. alle 3 Wochen. Die Patientinnen wurden randomisiert entweder zusätzlich mit Carboplatin AUC 1,5 wöchentlich behandelt (Arm 2) oder erhielten keine zusätzliche Carboplatin-Therapie (Arm 1). Primärer Endpunkt war die Rate pathologisch kompletter Remissionen (pCR) – 595 Patientinnen konnten ausgewertet werden. Im Gesamtkollektiv zeigte sich ein signifikanter Unterschied der pCR-Rate (p < 0,2; Signifikanzlevel alpha = 0,2): 37,2 % in Arm 1 (n = 293; Paclitaxel + NPLD) und 46,7 % in Arm 2 (n = 295; Paclitaxel + NPLD + Carboplatin) (Abb. 1). Auch in der Subgruppe der triple-negativen Patientinnen zeigte sich ein signifikanter Unterschied (37,9 % vs. 58,7 %), der Unterschied bei HER2-positiven Patientinnen war nicht signifikant (Abb. 2).

Abb. 1: GeparSixto – signifikanter Unterschied der Rate pathologisch kompletter Remissionen unter Paclitaxel + NPLD (PN) vs. Paclitaxel + NPLD + Carboplatin (PNC); Signifikanzlevel alpha = 0,2 (modifiziert nach [1]).
Abb. 2: GeparSixto – signifikanter Unterschied der Rate pathologisch kompletter Remissionen bei Patientinnen mit triple-negativem Mammakarzinom unter Paclitaxel + NPLD (PN) vs. Paclitaxel + NPLD + Carboplatin (PNC); kein Unterschied bei Patientinnen mit HER2-positivem Mammakarzinom (modifiziert nach [1]).

„Die ausgeprägte Verbesserung der pCR unter einer zusätzlichen Therapie mit Carboplatin muss im Kontext mit der hohen Anzahl an Therapieabbrüchen gesehen werden (39 % in Arm 1 und 48 % in Arm 2).“ Dr. Oliver Tomé

Fazit

  • In der GeparSixto-Studie wurde eine signifikante Verbesserung der Rate pathologisch kompletter Remissionen unter Paclitaxel + NPLD + Carboplatin (PNC) im Vergleich zu Paclitaxel + NPLD (PN) ohne Carboplatin beobachtet.
  • Triple-negative Patientinnen zeigten eine signifikante Verbesserung der pCR um mehr als 20 %.
  • Bei HER2-positiven Patientinnen konnte durch die zusätzliche Gabe von Carboplatin keine Verbesserung der pCR-Rate erzielt werden.
  • Anmerkung: Die sehr hohe Verbesserung der pCR muss im Kontext mit der hohen Anzahl an Therapieabbrüchen gesehen werden: 39 % in Arm 1, 48 % in Arm 2.

Anthrazykline (A), gefolgt von Taxanen (T) sind eine Standardtherapie der neoadjuvanten Therapie des Mammakarzinoms. Eine inverse Sequenz – beginnend mit einem Taxan, gefolgt von Anthrazyklinen – führt möglicherweise zu einer Steigerung der Rate pathologisch kompletter Remissionen (pCR). Mit nab-Paclitaxel steht seit wenigen Jahren eine neuartige lösungsmittelfreie Taxan-Formulierung für die Therapie des metastasierten Mammakarzinoms zur Verfügung. Jackisch et al. stellten mit „GeparSepto“ eine randomisierte Phase-III-Studie vor, in der Patientinnen mit unbehandeltem Mammakarzinom entweder nab-Paclitaxel oder lösungsmittelbasiertes Paclitaxel als Teil einer neoadjuvanten Chemotherapie erhielten [2]. In die Studie sollen 1.200 unbehandelte Patientinnen mit histologisch gesichertem Mammakarzinom der Stadien cT2–cT4d eingeschlossen werden. Die Behandlung erfolgte in der Run-in-Phase entweder mit nab-Paclitaxel 150 mg/m² einmal wöchentlich oder mit Paclitaxel 80 mg/m² einmal wöchentlich für 12 Wochen, gefolgt von vier Zyklen konventionell dosierter EC (Epirubicin 90 mg/m², Cyclophosphamid 600 mg/m²) alle drei Wochen. HER2-positive Patientinnen erhalten eine HER2/neu-Rezeptor-Doppelblockade mit Trastuzumab (loading dose 8 mg/kg; 6 mg/kg) und Pertuzumab (loading dose 840 mg; 420 mg) alle drei Wochen. Primäres Studienziel ist der Vergleich der pCR-Raten (ypT0 + ypN0).

Im Zeitraum von Juli 2012 bis Januar 2013 wurden an 56 Standorten bislang 293 Patienten in die Studie eingeschlossen (53 HER2+; 240 HER2-). In einer ersten Sicherheitszwischenauswertung nach Therapieabschluss von 60 Patienten zeigte sich eine höhere Rate an Grad-3- und Grad-4-Neurotoxizität im nab-Paclitaxel-Arm. Zusätzlich kam es zu einem Ungleichgewicht im Abbruch protokollgerechter Therapien, so dass eine Dosisanpassung von nab-Paclitaxel auf 125 mg/m² erfolgte.

Fazit

  • In der GeparSepto-Studie wird die Wirksamkeit einer neoadjuvanten Therapie mit nab-Paclitaxel im Vergleich mit lösungsmittelbasiertem Paclitaxel untersucht.
  • Eine erste Sicherheitsanalyse führte zu einer Dosisanpassung von nab-Paclitaxel auf 125 mg/m².

Aktuelle Daten haben gezeigt, dass das HER2-positive Mammakarzinom in der neoadjuvanten Therapie bei Patientinnen mit HER2-positivem Mammakarzinom unter einer dualen HER2-Rezeptorblockade eine höhere Rate pathologisch kompletter Remissionen (pCR) im Vergleich zu einer einfachen Blockade zeigt. Auch beim metastasierten Mammakarzinom kann dieses Vorgehen zu einer Verbesserung des progressionsfreien Überlebens führen. Um den Effekt einer dualen HER2-Rezeptorblockade auf die pCR-Rate bei der neoadjuvanten Therapie von Patientinnen mit HER2-positivem Mammakarzinom zu quantifizieren, wurde „CALGB 40601“ durchgeführt. In dieser Phase-III-Studie, die von Carey et al. vorgestellt wurde, erhielten die Patientinnen wöchentlich Paclitaxel in Kombination entweder mit einer ausschließlichen Trastuzumab-Therapie oder einer dualen HER2-Blockade mit Trastuzumab und dem „small molecule“ Lapatinib [3]. Eingeschlossen wurden Patientinnen mit nicht-inflammatorischem HER2-Rezeptor-positivem Mammakarzinom im Stadium II-III. Die Patientinnen wurden in zwei Behandlungsarme randomisiert: Im Arm A erhielten alle Frauen Paclitaxel (80 mg/m²/Woche i.v.) und Trastuzumab (4 mg/kg, gefolgt von 2 mg/kg/Woche i.v.) oder im Arm B zusätzlich Lapatinib (750 mg/d p.o.) für 16 Wochen präoperativ. Ein dritter Studienarm mit Paclitaxel (80 mg/m²/Woche i.v.) und Lapatinib (1.500 mg/d) wurde frühzeitig abgebrochen, da sich unter dieser Kombination in der zuvor durchgeführten ALTTO-Studie keine Verbesserung der pCR-Rate zeigte. Postoperativ wurde eine dosisdichte Chemotherapie mit vier Zyklen Adriamycin/Cyclophosphamid und die Fortführung der Trastuzumab-Therapie für ein Jahr empfohlen. Primärer Endpunkt der Studie war die Rate pathologisch kompletter Remissionen (pCR). In dieser Studie zeigte sich kein signifikanter Unterschied hinsichtlich des primären Endpunkts zwischen den Armen A und B (Abb. 3). Eine Subgruppenauswertung nach Hormonrezeptorstatus zeigte ebenfalls keine signifikanten Unterschiede zwischen den Behandlungsarmen (Abb. 4).

Abb. 3: CALGB 40601 – kein signifikanter Unterschied der Rate pathologisch kompletter Remissionen zwischen den Behandlungsarmen. TH (Arm A) = Paclitaxel/Trastuzumab; THL (Arm B) = Paclitaxel/Trastuzumab/Lapatinib; TL (Arm C) = Paclitaxel/Lapatinib (frühzeitig abgebrochen) (modifiziert nach [3]).
Abb. 4: CALGB 40601 – kein signifikanter Unterschied der Rate pathologisch kompletter Remissionen in den Subgruppen Hormonrezeptor-positiv (HR+) und Hormonrezeptor-negativ (HR-) zwischen den Behandlungsarmen. TH (Arm A) = Paclitaxel/Trastuzumab; THL (Arm B) = Paclitaxel/Trastuzumab/Lapatinib; TL (Arm C) = Paclitaxel/Lapatinib (frühzeitig abgebrochen) (modifiziert nach [3]).

„Die CALGB 40601-Studie bestätigt die Wirksamkeit der HER2-Mehrfachblockade von Pathways in der HER2/neu-zeitgerechten Therapie.“ Dr. Oliver Tomé

Fazit

  • In der CALGB 40601-Studie zeigten sich unter einer dualen HER2-Rezeptorblockade Hinweise auf eine höhere Rate pathologisch kompletter Remissionen als unter einfacher Blockade, jedoch ohne statistische Signifikanz.
  • Dies bestätigt die Ergebnisse anderer Studien zur neoadjuvanten Therapie bei Patientinnen mit HER2-positivem Mammakarzinom mit der Kombination Herceptin und Lapatinib, wie zum Beispiel die NeoALTTO-Studie.

Die neoadjuvante Chemotherapie in Kombination mit Trastuzumab zeigt eine hohe Rate pathologisch kompletter Remissionen (pCR) bei der Behandlung des HER2/neu-Rezeptor-positiven Mammakarzinoms. Vor diesem Hintergrund untersuchten Buzdar et al. in der Z1041-Studie den optimalen Zeitpunkt des Beginns einer Trastuzumab-Therapie zur neoadjuvanten Chemotherapie [4]. 282 Patientinnen mit HER2/neu-positivem Mammakarzinom wurden in zwei Studienarme randomisiert, zwei Patienten im Studienarm 1 zogen ihre Zustimmung zur Behandlung zurück. Die Studienarme waren hinsichtlich Alter, Tumorstadium und Hormonrezeptorstatus ausgewogen. Die Behandlung erfolgte in Arm 1 mit vier Zyklen 5-FU/Epirubicin/Cyclophosphamid (FEC), gefolgt von 12 Zyklen Paclitaxel (P) plus Trastuzumab (T):
FEC => P + T
Im Arm 2 erfolgte die Behandlung mit 12 Zyklen Paclitaxel (P) plus Trastuzumab (T), gefolgt von vier Zyklen 5-FU/Epirubicin/Cyclophosphamid (FEC) plus Trastuzumab:
P + T => FEC + T
Einschlusskriterien waren eine Tumorgröße von mehr als 2 cm oder ein positiver Lymphknotenstatus. Die linksventrikuläre Ejektionsfraktion (LVEF) musste größer als 50 % sein. Primärer Endpunkt war die Rate pathologisch kompletter Remissionen in der Brust (pBCR). Sekundäre Endpunkte waren die pCR-Raten in der Brust und in den Lymphknoten (pBNCR) und Faktoren zur Therapiesicherheit.

Unter der Behandlung zeigten sich folgende schwerere Toxizitäten (>= Grad 3):

  • Neutropenie (Arm 1: 24,6 %; Arm 2: 32,4 %)
  • Müdigkeit (Arm 1: 4,3 %, Arm 2: 4,9 %)
  • Neurosensorische Probleme (Arm 1: 3,6 %; Arm 2: 4,9 %)

Die pBCR-Raten und pBNCR-Raten zeigten keinen Unterschied zwischen den beiden Behandlungsarmen. Die Trastuzumab-Therapie parallel zu Epirubicin hatte keinen Einfluss auf die LVEF.

Fazit

  • Das Therapieergebnis hinsichtlich der Rate pathologisch kompletter Remissionen in Brust und Lymphknoten war unabhängig vom Zeitpunkt des Beginns der Therapie mit Trastuzumab.

Bei Patientinnen mit HER2-positivem, lokal fortgeschrittenem oder inflammatorischem Mammakarzinom verbessert eine Therapie mit Trastuzumab die Wahrscheinlichkeit für das ereignisfreie Überleben (EFS = event free survival) und die Rate pathologisch kompletter Remissionen (pCR). In einer 2010 durchgeführten primären Analyse der NOAH-Studie wurde ein Kollektiv von Patientinnen, die neoadjuvant eine Chemotherapie plus Trastuzumab und nachfolgend adjuvant Trastuzumab über ein Jahr erhalten hatten, mit einem Patientinnenkollektiv verglichen, das komplett ohne Trastuzumab behandelt worden war [5]. Präsentiert wurden nun die aktualisierten Ergebnisse hinsichtlich EFS und Gesamtüberlebenszeit (OS = overall survival) nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 5,4 Jahren [6]. Die aktuellen Daten bestätigen die in der primären Analyse bereits gezeigte signifikante Verbesserung des EFS durch die Hinzunahme von Trastuzumab zur Chemotherapie. Auch zeigte sich ein Trend zur Verbesserung des OS, jedoch bislang ohne Signifikanz.

Fazit

  • Die aktuelle Analyse der NOAH Studie bestätigt den signifikanten Benefit im EFS durch die Hinzunahme von Trastuzumab zur Chemotherapie, wie in der primären Analyse bereits gezeigt.

Mammakarzinom – adjuvante Therapie

Bei der Therapie des frühen Estrogenrezeptor (ER)-positiven Mammakarzinoms hat sich eine 10 Jahre dauernde adjuvante Therapie mit dem selektiven Estrogenrezeptormodulator (SERM) Tamoxifen gegenüber der bislang üblichen Dauer von 5 Jahren hinsichtlich des Rezidivrisikos und der erkrankungsbedingten Mortalität als signifikant besser erwiesen. Das zeigten die Ergebnisse der 2012 in San Antonio präsentierten ATLAS-Studie [7].

Auch in der von Gray et al. auf dem ASCO vorgestellten aTTom-Studie wurden die Patientinnen (6.953 Frauen aus 176 Zentren in Großbritannien, von 1991 bis 2005) in zwei Studienarme randomisiert: Sie erhielten entweder Tamoxifen für 5 Jahre oder die erweiterte endokrine Therapie mit Tamoxifen für insgesamt 10 Jahre [8]. Die Patientinnen waren entweder ER-positiv (n = 2.755) oder ungetestet (n = 4.198). Von den Patientinnen mit unbekanntem Rezeptorstatus wurden geschätzt 80 % als ER-positiv eingestuft. Über 5.000 Frauen konnten für mehr als 10 Jahre nach der Randomisierung nachbeobachtet werden. In jährlichen Untersuchungen wurden Therapietreue, Rezidivrate, Krankenhauseinweisungen und Sterberaten erhoben. Über 75 % der Frauen in der 10-Jahres-Gruppe nahmen Tamoxifen zuverlässig ein. Im Zeitraum von 5 bis 9 Jahren nach der Diagnose hatte die zusätzliche Tamoxifen-Einnahme wenig Einfluss auf die Rezidivrate und die Mortalität. Erst im zweiten Jahrzehnt nach Randomisierung zeigten die Patientinnen mit der erweiterten endokrinen Therapie eine 25 % niedrigere Brustkrebs-Mortalität. Allerdings trat in der 10-Jahres-Gruppe in 102 Fällen ein Endometriumkarzinom auf, in der 5-Jahres-Gruppe nur in 45 Fällen (relatives Risiko = 2,20; p < 0,0001). Endometriumkarzinom-bedingte Todesfälle traten in der 10-Jahres-Gruppe in 37 Fällen (1,1 %) auf im Vergleich zu 20 Fällen in der 5-Jahres-Gruppe (0,6 %) (p = 0,02). Ein Unterschied in der Non-Brustkrebs-Mortalität wurde nicht beobachtet.

„Trotz des erhöhten relativen Risikos für die Entwicklung eines Endometriumkarzinoms überwiegt hinsichtlich des Rezidivrisikos und der Gesamtmortalität der Nutzen einer zusätzlichen Behandlung mit Tamoxifen – dies bestätigt somit die Ergebnisse der ATLAS-Studie.“ Dr. Oliver Tomé

Fazit

  • Die verlängerte adjuvante Behandlung von Patientinnen mit ER-positivem Mammakarzinom mit Tamoxifen für 10 Jahre verringert signifikant das Brustkrebs-Rezidiv-Risiko (p = 0,003).
  • Die Brustkrebs-Mortalität wird durch die verlängerte Therapie ebenfalls reduziert (p = 0,05).
  • Das relative Risiko für die Entstehung eines Endometriumkarzinoms erhöht sich durch die verlängerte Therapie mit Tamoxifen (p < 0,0001).

Adjuvante Therapie und kardiale Sicherheit

In der adjuvanten Therapie des Mammakarzinoms mit Trastuzumab kann es zu kardialen Dysfunktionen kommen, die jedoch in den meisten Fällen reversibel sind. De Azambuja et al. stellten das Langzeit-Outcome (mediane Nachbeobachtungszeit 8 Jahre) unter adjuvanter Trastuzumab-Therapie von Patientinnen aus der Herceptin Adjuvant-Studie (HERA) vor [9]: Die Häufigkeit von Herztod, schwerer Herzinsuffizienz oder bestätigtem signifikantem Abfall der linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF) war in allen Armen gering. 71,4 % der Fälle schwerer Herzinsuffizienz und 81,2 % der Fälle mit Abfall der LVEF im 1-Jahres Arm waren reversibel. Im 2-Jahres-Arm waren 87,5 % der LVEF-Abfälle reversibel.

Fazit

  • Die Inzidenz kardialer Erkrankungen unter einer adjuvanten Therapie mit Trastuzumab ist gering.
  • Kardiale Dysfunktionen sind in vielen Fällen reversibel.

Neue therapeutische Optionen beim metastasierten/fortgeschrittenen Mammakarzinom?

In der metastasierten Situation entwickelt ein großer Teil der Patientinnen eine Resistenz gegen Trastuzumab. In präklinischen und klinischen Studien zeigten sich unterstützende Effekte einer mTOR-Inhibition mit Everolimus auf HER2-targeted Therapien. Die BOLERO-3-Studie, eine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Multicenterstudie der Phase III, untersuchte die Wirksamkeit von Everolimus in Kombination mit Trastuzumab und Vinorelbin. Primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben (PFS). Die Ergebnisse wurden von O'Regan et al. auf dem ASCO vorgestellt [10]. Im Untersuchungszeitraum von 10/2009 bis 05/2012 wurden 569 Patientinnen für die Studie rekrutiert. Das mittlere Behandlungsalter lag bei 54 Jahren. Durchschnittlich hatten alle Patientinnen eine vorherige Chemotherapie in der metastasierten Situation erhalten. 76 % der Patientinnen waren mit Trastuzumab und Taxanen vorbehandelt. Darüber hinaus hatten 28 % der Frauen Lapatinib erhalten. In 76 % der Fälle lagen bereits viszerale Metastasen vor, in 41 % mehr als 3 Metastasen. 5 % der Frauen hatten Hirnmetastasen. Der Hormonrezeptorstatus war in 56 % positiv. 33 % der Patientinnen zeigten einen ECOC-Status von 1 oder 2. In der Everolimus-Gruppe zeigte sich ein mittleres PFS von 7,00 Monaten, verglichen mit 5,78 Monate in der Placebo-Gruppe (HR 0,78; 95 % KI: 0,65–0,95; p = 0,0067). In der Subgruppenanalyse zeigte sich die Verbesserung des PFS lediglich bei Hormonrezeptor-negativen Tumoren (HR 0,65; 95 % KI: 0,48–0,87), jedoch nicht bei Hormonrezeptor-positiven Mammakarzinomen (HR 0,93; 95 % KI: 0,72–1,20). Insbesondere Patientinnen, die zuvor in der Adjuvanz oder Neoadjuvanz Trastuzumab erhalten hatten, zeigten einen größeren Nutzen durch die Behandlung mit Everolimus. Die Daten zur Gesamtüberlebenszeit (OS) konnten noch nicht vorgestellt werden. Bis März 2013 traten insgesamt 220 Todesfälle in der Studie auf, darunter 36,3 % der Patientinnen in der Everolimus-Gruppe und 41,1 % der Placebo-Patientinnen. Eine vollständige OS-Analyse soll nach 384 Todesfällen durchgeführt werden. Die Gesamt-Ansprechrate (vollständiges oder teilweises Ansprechen) betrug 40,8 % in der Everolimus-Gruppe und 37,2 % in der Placebo-Gruppe (p = 0,2108). Die Rate des klinischen Nutzens (objektives Ansprechen oder eine stabile Erkrankung bei 24 Wochen oder mehr) war nicht signifikant unterschiedlich. Auch Quality-of-Life-Parameter zeigten keine Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen.

„Das Toxizitätsprofil von Everolimus mit Mukositis, Fatigue und Pneumonie muss unter dem Gesichtspunkt des positiven therapeutischen Index kritisch betrachtet werden. Für diese Patientinnen stehen verschiedene alternative therapeutische Optionen zur Verfügung – wie beispielsweise die Kombination von Docetaxel/Trastuzumab/Pertuzumab oder T-DM1 (Trastuzumab-Emtansine) – mit deutlich weniger Toxizität und besserer Wirksamkeit.“ Dr. Oliver Tomé

Fazit

  • Everolimus in Kombination mit Trastuzumab und Vinorelbin zeigte bei Patientinnen mit fortgeschrittenem Mammakarzinom ein signifikant verlängertes PFS im Vergleich zu einer Therapie ohne Everolimus.

Literatur

  1. Von Minckwitz G, Schneeweiss A, Salat C et al. A randomized phase II trial investigating the addition of carboplatin to neoadjuvant therapy for triple-negative and HER2-positive early breast cancer (GeparSixto). Presented at Oral Abstract Session, Breast Cancer - Triple-Negative/Cytotoxics/Local Therapy, ASCO 2013, Chicago, Abstract 1004.
  2. Jackisch C, Wiebringhaus F, Conrad B et al. A randomized phase III trial comparing nanoparticle-based paclitaxel with solvent-based paclitaxel as part of neoadjuvant chemotherapy for patients with early breast cancer (GeparSepto): GBG 69. Presented at General Poster Session, Breast Cancer - Triple-Negative/Cytotoxics/Local Therapy, ASCO 2013, Chicago, Abstract TPS1141.
  3. Carey LA, Berry DA, Ollila D et al. Clinical and translational results of CALGB 40601: A neoadjuvant phase III trial of weekly paclitaxel and trastuzumab with or without lapatinib for HER2-positive breast cancer. Presented at Oral Abstract Session, Breast Cancer - HER2/ER, ASCO 2013, Chicago, Abstract 500.
  4. Buzdar A, Suman VJ, Meric-Bernstam F et al. ACOSOG Z1041 (Alliance): Definitive analysis of randomized neoadjuvant trial comparing FEC followed by paclitaxel plus trastuzumab (FEC => P+T) with paclitaxel plus trastuzumab followed by FEC plus trastuzumab (P+T => FEC+T) in HER2+ operable breast cancer. J Clin Oncol 31, 2013 (suppl; abstr 502).
  5. Gianni L, Eiermann W, Semiglazov V et al. Neoadjuvant chemotherapy with trastuzumab followed by adjuvant trastuzumab versus neoadjuvant chemotherapy alone, in patients with HER2-positive locally advanced breast cancer (the NOAH trial): a randomised controlled superiority trial with a parallel HER2-negative cohort. Lancet 2010; 375: 377-384.
  6. Gianni L, Eiermann W, Semiglazov V et al. Follow-up results of NOAH, a randomized phase III trial evaluating neoadjuvant chemotherapy with trastuzumab (CT+H) followed by adjuvant H versus CT alone, in patients with HER2-positive locally advanced breast cancer. J Clin Oncol 31, 2013 (suppl; abstr 503).
  7. Davies C, Pan H, Godwin J et al. Long-term effects of continuing adjuvant tamoxifen to 10 years versus stopping at 5 years after diagnosis of oestrogen receptor-positive breast cancer: ATLAS, a randomised trial. Lancet 2013; 381: 805-816.
  8. Gray RG, Rea D, Handley K et al. aTTom: Long-term effects of continuing adjuvant tamoxifen to 10 years versus stopping at 5 years in 6,953 women with early breast cancer. J Clin Oncol 31, 2013 (suppl; abstr 5).
  9. De Azambuja E, Procter MJ, van Veldhuisen D et al. Long-term (8 years) assessment of trastuzumab-related cardiac events in the HERA trial. J Clin Oncol 31, 2013 (suppl; abstr 525).
  10. O'Regan R, Ozguroglu M, Andre F et al. Phase III, randomized, double-blind, placebo-controlled multicenter trial of daily everolimus plus weekly trastuzumab and vinorelbine in trastuzumab-resistant, advanced breast cancer (BOLERO-3). J Clin Oncol 31, 2013 (suppl; abstr 505).